• Turul © Erik Mátrai
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Turul

Erik Mátrai
* 1977 in Miskolc (HU), lebt und arbeitet in Budapest (HU)
 
Turul
2012, Lichtinstallation

Ein fliegender Vogel, dessen Körper eine Überwachungskamera ist und dessen Schwingen Schatten sind. Die Zeichnung mit Licht, die direkt auf die Wand geworfen wird, verleiht diesem Überwachungswerkzeug geradezu metaphysische Eigenschaften. Der Titel des Kunstwerks unterstreicht diese Idee noch: Turul ist nicht nur ein Falke – er ist ein Geschöpf des Himmels aus der ungarischen Mythologie, jener Richtungsgeber, der die umherziehenden Ungarn in ihr späteres Heimatland führte.
 
In jüngster Zeit ist der Turul zum Zeichen der radikalen Nationalisten geworden, die neben anderen Symbolen wie etwa den waagrechten roten und weißen Balken aus dem Wappen der Árpád-Dynastie historische und mythologische Motive nutzen, um ihre eigene Auslegung einer ungarischen Identität zu etablieren.
 
„Das allerorts zu beobachtende Wiedererscheinen des Turul-Vogels in Ungarn ist eines der wichtigsten Anzeichen für das neue, nationalistisch gefärbte Selbstverständnis der Rechten und der extremen Rechten im Land. Dieses Symbol ist in der mystischen und romantischen Geschichtsschreibung tief verwurzelt, dem Hauptwerkzeug zur Konstruktion der derzeitigen nationalen Identität und deren historischer Mission in Europa und der Welt.” [1]
 
Hier wird der Turul aufgrund der Überwachungskamera gleichsam als Auge Gottes dargestellt, doch wenn wir die zeitgenössische Verwendung dieser Figur berücksichtigen, wird das Werk plötzlich zu einem Akt der Kritik an einem konkreten gesellschaftlichen Phänomen: des Gebrauchs und des Missbrauchs mythologischer und historischer Figuren, um das „Nationale“ zu verkörpern.
 
(Lívia Nolasco-Rózsás)


[1] Szabolcs Kisspál: The Rise of a fallen Feather: The Symbolism of the Turul Bird in Contemporary Hungary. In: e-flux journal #56, 06/2014