Zum Künstler
Göran Gnaudschun (*1971 in Potsdam) hat an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Professor Timm Rautert künstlerische Fotografie und Bildende Kunst studiert.
Gnaudschun war 2016/17 Stipendiat der „Deutschen Akademie Villa Massimo“ in Rom und wurde 2018 mit dem „Brandenburgischen Kunstpreis“ ausgezeichnet. Er erlangte in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit mit seinem Buch „Alexanderplatz“ (Fotohof edition, 2014), eine Arbeit über junge, aus der Gesellschaft gefallene Menschen. Durch die ausgeprägten und unverwechselbaren Charaktere, sowie Gnaudschuns Fähigkeit nah an seine Subjekte heranzutreten, lebt der zentrale Raum der Stadt neu auf.
Im Allgemeinen spielen in seiner künstlerischen Arbeit Porträts, Landschaften, Texte und gefundenes Material eine große Rolle. Göran Gnaudschun hatte u.a. Ausstellungen in Berlin, Frankfurt, München, Hannover, Salzburg, Riga, Paris, Rom, San Francisco.
Göran Gnaudschun lehrt als Dozent an der „Ostkreuzschule für Fotografie“ in Berlin.
http://gnaudschun.de/
Gnaudschun war 2016/17 Stipendiat der „Deutschen Akademie Villa Massimo“ in Rom und wurde 2018 mit dem „Brandenburgischen Kunstpreis“ ausgezeichnet. Er erlangte in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit mit seinem Buch „Alexanderplatz“ (Fotohof edition, 2014), eine Arbeit über junge, aus der Gesellschaft gefallene Menschen. Durch die ausgeprägten und unverwechselbaren Charaktere, sowie Gnaudschuns Fähigkeit nah an seine Subjekte heranzutreten, lebt der zentrale Raum der Stadt neu auf.
Im Allgemeinen spielen in seiner künstlerischen Arbeit Porträts, Landschaften, Texte und gefundenes Material eine große Rolle. Göran Gnaudschun hatte u.a. Ausstellungen in Berlin, Frankfurt, München, Hannover, Salzburg, Riga, Paris, Rom, San Francisco.
Göran Gnaudschun lehrt als Dozent an der „Ostkreuzschule für Fotografie“ in Berlin.
http://gnaudschun.de/
Die Ausstellungen
Foto: © Göran Gnaudschun
„Mein Interesse als Künstler, als Fotograf, gilt Orten und ihrer Geschichte. Ich habe das Dorf fotografiert und die Menschen portraitiert: Kinder, Heranwachsende und Ältere. Für die Jungen ist die Bungalowsiedlung die Heimat, sie sind hier aufgewachsen und kennen nichts anderes. Für die Erwachsenen bleibt das Leben auch zehn Jahre nach dem Beben provisorisch. Sie sind dageblieben, sie wollten nicht entwurzelt werden, woanders hätte man sie mit ihrer Lebensgeschichte nicht verstanden. Eine Schicksalsgemeinschaft.
So leben sie Tür an Tür. Nachbarn sind Nachbarn geblieben und nebenan sind die Trümmer ihrer vormaligen Existenz. Die Onnesen wollen und können nicht vergessen. Wer verschüttet war und wem Angehörige fehlen, hat den Schmerz als beständigen Begleiter akzeptiert.
Ein Erdbeben ist mehr als ein Vibrieren von Steinen. Es ist eine Erschütterung des Glaubens an die Grundfestigkeit der Welt. Es hinterfragt die menschliche Existenz. Wer einmal gesehen hat, wie eine Straße, eben noch flach und gerade, plötzlich zum Meer wird und wie im Sturm Wellen schlägt, dem wird es später schwerfallen, wieder Vertrauen zu fassen: zum Boden, auf dem wir stehen, zum Haus, dass wir bewohnen und zu den Menschen, die uns umgeben. Zu deutlich hat sich die Vorläufigkeit der Welt offenbart.
Nach dem Überleben geht es um das Weiterleben und darum, immer wieder auf’s neue Normalität herzustellen, die das Ziel, wieder anzuknüpfen an die Zeit vor dem Erdbeben und das Dorf wieder aufzubauen, nicht aus dem Auge verliert. Ich habe in den Gesichtern Trauer und Schmerz, aber auch Widerständigkeit und Stärke gefunden, den tiefen Willen, weiterzumachen, nach vorne zu schauen – für die Familie, die Mitmenschen und für die, die so unvermittelt aus dem Leben gerissen wurden.
Ich habe Dorflandschaften fotografiert und bin in die Vergangenheit des Dorfes eingetaucht: einige der Bewohner haben mir ihre privaten Fotoalben geöffnet. So verbinden sich die übervollen Bilder aus der Vergangenheit mit den ruhigen, menschenleeren Aufnahmen der Gegenwart und bevölkern diese. „Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht mal vergangen.“, schreibt William Faulkner. Alles lebt weiter fort, aber das Erdbeben zeigt, wie schnell die Gegenwart in ein Davor und ein Danach zerfallen kann. Ich nehme die Fäden auf und versuche, sie für den Betrachter wieder zusammen zu führen.
Stimmen, die sich suchen ist eine Arbeit über Erinnerung, über das Vergehen von Zeit, über Schmerz und Verlust, aber auch über die menschliche Fähigkeit, trotz allem sein Leben zu leben, weil man ja nur dieses eine hat“.
Ausstellung in Onna, 06.04. – 15.09.2019
So leben sie Tür an Tür. Nachbarn sind Nachbarn geblieben und nebenan sind die Trümmer ihrer vormaligen Existenz. Die Onnesen wollen und können nicht vergessen. Wer verschüttet war und wem Angehörige fehlen, hat den Schmerz als beständigen Begleiter akzeptiert.
Ein Erdbeben ist mehr als ein Vibrieren von Steinen. Es ist eine Erschütterung des Glaubens an die Grundfestigkeit der Welt. Es hinterfragt die menschliche Existenz. Wer einmal gesehen hat, wie eine Straße, eben noch flach und gerade, plötzlich zum Meer wird und wie im Sturm Wellen schlägt, dem wird es später schwerfallen, wieder Vertrauen zu fassen: zum Boden, auf dem wir stehen, zum Haus, dass wir bewohnen und zu den Menschen, die uns umgeben. Zu deutlich hat sich die Vorläufigkeit der Welt offenbart.
Nach dem Überleben geht es um das Weiterleben und darum, immer wieder auf’s neue Normalität herzustellen, die das Ziel, wieder anzuknüpfen an die Zeit vor dem Erdbeben und das Dorf wieder aufzubauen, nicht aus dem Auge verliert. Ich habe in den Gesichtern Trauer und Schmerz, aber auch Widerständigkeit und Stärke gefunden, den tiefen Willen, weiterzumachen, nach vorne zu schauen – für die Familie, die Mitmenschen und für die, die so unvermittelt aus dem Leben gerissen wurden.
Ich habe Dorflandschaften fotografiert und bin in die Vergangenheit des Dorfes eingetaucht: einige der Bewohner haben mir ihre privaten Fotoalben geöffnet. So verbinden sich die übervollen Bilder aus der Vergangenheit mit den ruhigen, menschenleeren Aufnahmen der Gegenwart und bevölkern diese. „Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht mal vergangen.“, schreibt William Faulkner. Alles lebt weiter fort, aber das Erdbeben zeigt, wie schnell die Gegenwart in ein Davor und ein Danach zerfallen kann. Ich nehme die Fäden auf und versuche, sie für den Betrachter wieder zusammen zu führen.
Stimmen, die sich suchen ist eine Arbeit über Erinnerung, über das Vergehen von Zeit, über Schmerz und Verlust, aber auch über die menschliche Fähigkeit, trotz allem sein Leben zu leben, weil man ja nur dieses eine hat“.
Ausstellung in Onna, 06.04. – 15.09.2019
„Am 6. April 2009 um 3:32 Uhr erschütterte ein gewaltiges Erdbeben die Stadt L’Aquila und deren Umland. Besonders tragisch war es in dem kleinen Dorf Onna, am Stadtrand von L’Aquila. Von den 300 Einwohnern starben in jener Nacht 40 Menschen, nur noch ein Trümmerfeld blieb übrig. Bereits während des Zweiten Weltkriegs suchte das Dorf das Unglück heim: Am 11. Juni 1944 verübten Soldaten der deutschen Wehrmacht während ihres Rückzugs ein Massaker, töteten 17 Bewohner und zerstörten nahezu ein Drittel aller Gebäude.
Die Bilder aus der längeren und der jüngsten Vergangenheit entsprechen sich. Menschengemachte und naturbedingte Unglücke haben ähnliche Folgen und es ist die Sinnlosigkeit, die für uns Menschen so schwer zu begreifen ist. Das kleine Dorf Onna ist ein Ort des Schmerzes. Fast jeder in Onna hat Verluste in der Familie zu beklagen. Es ist nicht leicht, damit zu leben. Die Onnesen wohnen zehn Jahre nach dem Erdbeben immer noch in den Hütten neben dem Ruinenfeld, das zehn Jahre vorher ihr Dorf gewesen ist und der Wiederaufbau geht nur schleppend voran.
Die Vergangenheit vergeht nicht, sie bleibt präsent: es gab einen Riss in der Zeit und in den Familien. Die Trümmer der Häuser sind der sichtbare Ausdruck davon und die Erinnerungen der Menschen das Feld, dass sie unsichtbar umgibt.
Mein Interesse als Künstler, als Fotograf, gilt Orten und ihrer Geschichte. Ich habe das Dorf fotografiert und die Menschen portraitiert: Kinder, Heranwachsende und Ältere. Für die Jungen ist die Bungalowsiedlung die Heimat, sie sind hier aufgewachsen und kennen nichts anderes. Für die Erwachsenen bleibt das Leben auch zehn Jahre nach dem Beben provisorisch. Sie sind dageblieben, sie wollten nicht entwurzelt werden, woanders hätte man sie mit ihrer Lebensgeschichte nicht verstanden. Eine Schicksalsgemeinschaft.
So leben sie Tür an Tür. Nachbarn sind Nachbarn geblieben und nebenan sind die Trümmer ihrer vormaligen Existenz. Die Onnesen wollen und können nicht vergessen. Wer verschüttet war und wem Angehörige fehlen, hat den Schmerz als beständigen Begleiter akzeptiert.
Ein Erdbeben ist mehr als ein Vibrieren von Steinen. Es ist eine Erschütterung des Glaubens an die Grundfestigkeit der Welt. Es hinterfragt die menschliche Existenz. Wer einmal gesehen hat, wie eine Straße, eben noch flach und gerade, plötzlich zum Meer wird und wie im Sturm Wellen schlägt, dem wird es später schwerfallen, wieder Vertrauen zu fassen: zum Boden, auf dem wir stehen, zum Haus, dass wir bewohnen und zu den Menschen, die uns umgeben. Zu deutlich hat sich die Vorläufigkeit der Welt offenbart.
Nach dem Überleben geht es um das Weiterleben und darum, immer wieder auf’s neue Normalität herzustellen, die das Ziel, wieder anzuknüpfen an die Zeit vor dem Erdbeben und das Dorf wieder aufzubauen, nicht aus dem Auge verliert. Ich habe in den Gesichtern Trauer und Schmerz, aber auch Widerständigkeit und Stärke gefunden, den tiefen Willen, weiterzumachen, nach vorne zu schauen – für die Familie, die Mitmenschen und für die, die so unvermittelt aus dem Leben gerissen wurden.
Ich habe Dorflandschaften fotografiert und bin in die Vergangenheit des Dorfes eingetaucht: einige der Bewohner haben mir ihre privaten Fotoalben geöffnet. So verbinden sich die übervollen Bilder aus der Vergangenheit mit den ruhigen, menschenleeren Aufnahmen der Gegenwart und bevölkern diese. „Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht mal vergangen.“, schreibt William Faulkner. Alles lebt weiter fort, aber das Erdbeben zeigt, wie schnell die Gegenwart in ein Davor und ein Danach zerfallen kann. Ich nehme die Fäden auf und versuche, sie für den Betrachter wieder zusammen zu führen.
Stimmen, die sich suchen ist eine Arbeit über Erinnerung, über das Vergehen von Zeit, über Schmerz und Verlust, aber auch über die menschliche Fähigkeit, trotz allem sein Leben zu leben, weil man ja nur dieses eine hat“.
Göran Gnaudschun
Ausstellung in Rom, 04.10 – 07.12.2019
Die Bilder aus der längeren und der jüngsten Vergangenheit entsprechen sich. Menschengemachte und naturbedingte Unglücke haben ähnliche Folgen und es ist die Sinnlosigkeit, die für uns Menschen so schwer zu begreifen ist. Das kleine Dorf Onna ist ein Ort des Schmerzes. Fast jeder in Onna hat Verluste in der Familie zu beklagen. Es ist nicht leicht, damit zu leben. Die Onnesen wohnen zehn Jahre nach dem Erdbeben immer noch in den Hütten neben dem Ruinenfeld, das zehn Jahre vorher ihr Dorf gewesen ist und der Wiederaufbau geht nur schleppend voran.
Die Vergangenheit vergeht nicht, sie bleibt präsent: es gab einen Riss in der Zeit und in den Familien. Die Trümmer der Häuser sind der sichtbare Ausdruck davon und die Erinnerungen der Menschen das Feld, dass sie unsichtbar umgibt.
Mein Interesse als Künstler, als Fotograf, gilt Orten und ihrer Geschichte. Ich habe das Dorf fotografiert und die Menschen portraitiert: Kinder, Heranwachsende und Ältere. Für die Jungen ist die Bungalowsiedlung die Heimat, sie sind hier aufgewachsen und kennen nichts anderes. Für die Erwachsenen bleibt das Leben auch zehn Jahre nach dem Beben provisorisch. Sie sind dageblieben, sie wollten nicht entwurzelt werden, woanders hätte man sie mit ihrer Lebensgeschichte nicht verstanden. Eine Schicksalsgemeinschaft.
So leben sie Tür an Tür. Nachbarn sind Nachbarn geblieben und nebenan sind die Trümmer ihrer vormaligen Existenz. Die Onnesen wollen und können nicht vergessen. Wer verschüttet war und wem Angehörige fehlen, hat den Schmerz als beständigen Begleiter akzeptiert.
Ein Erdbeben ist mehr als ein Vibrieren von Steinen. Es ist eine Erschütterung des Glaubens an die Grundfestigkeit der Welt. Es hinterfragt die menschliche Existenz. Wer einmal gesehen hat, wie eine Straße, eben noch flach und gerade, plötzlich zum Meer wird und wie im Sturm Wellen schlägt, dem wird es später schwerfallen, wieder Vertrauen zu fassen: zum Boden, auf dem wir stehen, zum Haus, dass wir bewohnen und zu den Menschen, die uns umgeben. Zu deutlich hat sich die Vorläufigkeit der Welt offenbart.
Nach dem Überleben geht es um das Weiterleben und darum, immer wieder auf’s neue Normalität herzustellen, die das Ziel, wieder anzuknüpfen an die Zeit vor dem Erdbeben und das Dorf wieder aufzubauen, nicht aus dem Auge verliert. Ich habe in den Gesichtern Trauer und Schmerz, aber auch Widerständigkeit und Stärke gefunden, den tiefen Willen, weiterzumachen, nach vorne zu schauen – für die Familie, die Mitmenschen und für die, die so unvermittelt aus dem Leben gerissen wurden.
Ich habe Dorflandschaften fotografiert und bin in die Vergangenheit des Dorfes eingetaucht: einige der Bewohner haben mir ihre privaten Fotoalben geöffnet. So verbinden sich die übervollen Bilder aus der Vergangenheit mit den ruhigen, menschenleeren Aufnahmen der Gegenwart und bevölkern diese. „Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht mal vergangen.“, schreibt William Faulkner. Alles lebt weiter fort, aber das Erdbeben zeigt, wie schnell die Gegenwart in ein Davor und ein Danach zerfallen kann. Ich nehme die Fäden auf und versuche, sie für den Betrachter wieder zusammen zu führen.
Stimmen, die sich suchen ist eine Arbeit über Erinnerung, über das Vergehen von Zeit, über Schmerz und Verlust, aber auch über die menschliche Fähigkeit, trotz allem sein Leben zu leben, weil man ja nur dieses eine hat“.
Göran Gnaudschun
Ausstellung in Rom, 04.10 – 07.12.2019