Vom 19. September bis 15. Dezember 2023 zeigt der KunstRaum des Goethe-Instituts Rom in Zusammenarbeit mit Inside Art eine Auswahl bedeutender Werke aus dem künstlerischen Schaffen von Aldo Runfola unter dem Titel The Last Wall. Die Eröffnung der Ausstellungfindet am 19. September im Rahmen des Abends der zeitgenössischen Kunst statt, bei dem auch eine Podiumsdiskussion und die Preisverleihung des 16. Talentpreises, eines von Inside Art geförderten Wettbewerbs für bildende Kunst, organisiert werden.
Aldo Runfola
Der in Palermo geborene Künstler Aldo Runfola, der lange Zeit zwischen Mailand, London und New York gewirkt hat, lebt und arbeitet heute in Berlin.
Als emblematische, diskrete und verborgene Präsenz in der zeitgenössischen Kunstszene wechselt er zwischen verschiedenen Disziplinen und Sprachen, wie die Ausstellung The Last Wall beweist, die ihren Namen von einem seiner vielleicht ikonischsten Werke hat: einem langen Streifen aus Sprühfarbe und Siebdruck, der in Zusammenarbeit mit den Tessiner Writers BigTato und MrPlustik entstanden ist und eindeutig vom Fall der Berliner Mauer, aber auch vom letzten öffentlichen Auftritt von The Band und dem Titel des Films The Last Waltz von Martin Scorsese inspiriert ist. Das historische Zitat steht im Zusammenhang mit der in Aldo Runfolas Werk stets präsenten Reflexion über die Rolle des Künstlers in der zeitgenössischen Gesellschaft und umgekehrt über die Rolle, die die Massengesellschaft der zeitgenössischen Kunst und folglich dem Künstler zuweist. welcome – goodbye, Aldo Runfola
|Courtesy: Galleria Michela Rizzo + Künstler Auch in dem Werk welcome – goodbye sind die verschiedenen Ebenen des aktuellen Geschehens mit Reflexionen über den Künstler und sein Publikum verwoben. „Es war eine Zeit, in der die Figur des Zuschauers immer wichtiger wurde, um Teil des kreativen Prozesses zu werden, aber die Bilder der Bastion, die voller Albaner war, die an den italienischen Küsten einen Landeplatz suchten, waren noch in der Erinnerung lebendig“, sagt der Künstler über sein Werk, das er 2003 für die Galerie Rizzo in Venedig realisiert hat. Die farbigen Neonlichter am Eingang und am Ausgang der Ausstellung mit den Worten Willkommen und Auf Wiedersehen „suggerieren, dass jeder, niemand ausgeschlossen, als ‚Albaner‛ zu betrachten ist“.
Diese Überlegung bezieht sich nicht nur auf das Publikum der zeitgenössischen Kunst, sondern auch auf die Kritik, wie er in seinem berühmten Werk Mi piace – Non mi piace, das zwischen 1990 und 2002 entstand, meisterhaft darlegt, in dem „Kindheitserinnerungen und Literatur miteinander verwoben sind“, und in dem er seinen Wunsch zum Ausdruck bringt, die Kritik loszuwerden, „das Urteil abzuschaffen, denn jedes Kunstwerk ist bereits Kritik und Urteil“.
Wer ist Aldo Runfola?
Wer ist Aldo Runfola?
Aldo Runfola ist Künstler.
Er ist Mensch, er ist ein Mann, er ist eine Persönlichkeit.
Er verfügt über vielfältige Eigenschaften.
Er denkt.
Er geht.
Er arbeitet.
Er blickt, er schaut, er sieht alles. Nichts entgeht ihm. Er nimmt alles wahr.
Er ist plastisch und nicht flexibel.
Er kann sich nicht endlos hin- und her biegen lassen.
Trotz allem: er verfügt über Geschmeidigkeit.
Es macht keinen Sinn, ihn zu interpretieren. Es macht keinen Sinn, Anhänger seines Denkens zu werden. Zu groß ist sein Denksystem. Zu widersprüchlich seine Wirkung.
Halten wir fest: er ist ein Subjekt.
Ein Subjekt des Wissens.
Ein Subjekt des Begehrens.
Ein entfesseltes Subjekt.
Ein Subjekt, das gesund ist.
Ein Subjekt, das sich krank wähnt.
Ein Subjekt der Sorge.
Ein Subjekt allumfassenden Interesses. Alles will er wissen.
Er ist ein Subjekt ohne Objekt zu sein? Oder: ist auf dem Weg Objekt zu werden.
Ein Mann mit Eigenschaften: Herr und Knecht seiner selbst.
Er ist produktiv und unproduktiv, er reproduziert sich, er verschwendet und veräußert sich, er genießt, ist einzig und einzigartig, unverwechselbar, muss unaufhörlich Rede und Antwort stehen. Ist unberechenbar, ungreifbar, unnütz, beliebig, wahllos, austauschbar, zeichenhaft, neutral, körperlich, billigend, ist lebendig, lebend und will rentabel sein, ist allem zugeneigt und abgeneigt gleichermaßen, ist entfremdet.
Er erzeugt oft nichts, will aber vermehren und vergrößern, will mehr und immer mehr, ist eingeteilt in voneinander unabhängige Elemente, will das Unendliche genießen. Er ist ein Subjekt ohne Eigenschaften, dafür mit Prinzipien.
Er hält sich an der Grenze zu etwas auf, aber noch nicht dahinter.
Vor der Linie und nicht auf ihr.
Er kennt den Rand der Dinge.
Er bewegt sich in den Räumen des Lebens. In den Räumen der Kunst. In den Räumen der Sterne.
Er phantasiert eine Unendlichkeit zusammen
Hier.
Hier, an diesem Ort.
Hier, an dieser Stelle.
Dort oder auch woanders.
An einem anderen Ort.
Jetzt oder später.
Zu einer anderen Zeit.
Er lebt in der Gegenwart.
Besser: er lebt in der vollendeten Gegenwart.
Er lebt in der Gegenwart, an der alles oder nichts zu verbessern ist… es sei denn: in der Form eines vollkommenen Verlustes.
Er ist ein Subjekt, was alle Gegensätze aus der Fassung bringt.
Was bringt ihn aus der Fassung? Das zusätzliche Nichts.
Leere ist seine Bedrohung.
Er ist ein denkendes Subjekt.
Er ist ein sprechendes Subjekt.
Er spricht und ist glücklich.
Er arbeitet und ist glücklich.
Er ist da und ist glücklich.
Wie bei allen Subjekten ist das Problem nicht, dass es nicht weiß, was es sagt. Das Problem ist, dass das Subjekt nicht weiß, wer in seiner Rede spricht und wo der Ort ist, von welchem aus das Subjekt spricht.
Keine Strategien und keine Überlegungen mehr.
Kein Raster.
Keine Rahmung.
Keine Bedingungen.
Es gibt keinen Anfang.
Es gibt keine Übermittlung.
Aber: Es gibt eine... Verwandlung.
Er ist Produzent.
Sein Interesse produziert das Soziale.
Sein Interesse produziert soziale Beziehungen.
Sein Interesse produziert Gesetzmäßigkeiten.
Sein Interesse kennt den Verzicht und den Selbstverzicht.
Sein Interesse kennt Selbstbehauptung.
Er unterliegt der Mechanik der Interessen.
Er stellt etwas her: Produkte, Geräte, Gerätschaften, Instrumente, Gestelle, Gebilde, Fabrikate, Dinge, Objekte, Werke und Werkzeuge, Zeugs, Apparate, Gegenstände, Körper, Stoffe, Materie, Organismen, Sachen, Gebilde, Material, Elemente, Waren.
Er hat Ideen und Vorstellungen.
Er ist in ein Gefüge eingebettet.
Er stiftet Beziehungen.
Er ist Eigentum seiner Produkte geworden.
Sein Verstand ist die gesellschaftliche Form des Denkens geworden.
Er will genießen und glücklich sein.
Er will gar nichts tun.
Er kann nichts mehr tun.
Er will gar nichts tun, muss aber andauernd etwas herstellen.
Dabei will er etwas ganz anderes tun.
Er kann nicht verzichten.
Er weiß es nicht anders.
Er kennt es nicht anders.
Er kann nicht anders.
Er leidet unter der Zerstörung der sozialen Verhältnisse, ist getrennt, ist entzweit.
Übermenschliche Dinge werden von ihm erwartet.
Dennoch: Er will auserwählt sein.
Er sticht hervor. Er ahnt die Wahrheit.
Er ist ein Subjekt der Erkenntnis.
Er ist ein Subjekt der Selbstreflektion.
Er ist ein sich denkendes Subjekt.
Er kann nichts dem Zufall überlassen.
Er muss alles planen und vorherbestimmen.
Er ist ein Subjekt der Antizipation.
Er ist ein Subjekt der Vorhersehung.
Er agiert variantenreich und verschieden.
Er ist von Unruhe erfasst.
Er ist da.
Er ist präsent.
Er ist anwesend.
Was ihn als Subjekt ausmacht… ist das Unbekannte in ihm. Was es an Ungeschick, Ungewissem besitzt… das macht es aus. Seine Schwäche, seine Hinfälligkeit, seine Mängel sind seine Ausgangsstelle. Seine Ohnmacht ist sein Ursprung. Seine Kraft geht von anderen aus. Seine Bewegung geht von seiner Schwäche zu seiner Stärke. Seine wirkliche Armut erzeugt einen imaginären Reichtum; es ist diese Symmetrie. Es ist das Tun, was seine Wünsche zunichte macht.
TL
August 2023
Dieser Text ist nicht von einer KI oder ähnlichem verfasst.