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Der Club of Rome
Propheten des „Degrowth“

Ein zweigeteiltes Bild, links bewölkter blauer Himmel mit grüner Wiese und rechts ein Unwetter mit ausgetrocknetem Boden, in der Mitte des Bildes steht ein grüner Baum
© Shutterstock

Man stelle sich vor, schon vor vielen Jahrzehnten hätte jemand gewarnt, dass das Dogma des grenzenlosen Wachstums auf mittelfristige Sicht problematische Auswirkungen haben könnte, und man daran denken müsse, dass Ressourcen möglicherweise nicht unerschöpflich seien oder sich Umweltprobleme kumulativ verstärken. Genau das war tatsächlich der Fall, und daher kann heute ein Dossier, in dem Fragen des Wachstums verhandelt werden, nicht ohne sie auskommen: Die gleichzeitig inspirierende und tragische Geschichte des Club of Rome.
 

Von Michael Krell

Porträt von Aurelio Peccei Aurelio Peccei | © Koen Suyk / Anefo, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons Es war gegen Ende der 1960er Jahre, als sich der italienische Industrielle Aurelio Peccei um die Zukunft der Menschheit sorgte. Weltweite studentische Proteste, die ideologische Spaltung der Gesellschaft in Kapitalisten und Antikapitalisten und die infolge der Industrialisierung spürbar werdenden Umweltschäden ließen die Zukunftsaussichten des Planeten düster erscheinen. Und er war damit nicht allein – einer wachsenden Gruppe Intellektueller ging es genauso. Im Frühjahr 1968 organisierte Peccei in Rom eine Konferenz, mit deren Ergebnis er allerdings nicht zufrieden war: Zu wenig konkret, zu zögerlich, zu schwach erschienen ihm die Resultate. Er scharte eine Gruppe von Teilnehmenden, denen es ähnlich ging, um sich: Der Club of Rome war geboren.

Bericht zur Lage der Menschheit

Es folgten zahlreiche Treffen eines sich ständig erweiternden Kreises an Mathematiker*innen, Systemtheoretiker*innen, Wirtschaftswissenschaftler*innen, Historiker*innen aus den USA, Italien, Frankreich, der Schweiz, Österreich und Deutschland, die es sich in den folgenden Jahren zur Aufgabe machten, durch Modellierung möglicher Szenarien Visionen für eine nachhaltige Zukunft zu entwerfen. Bereits die ersten Ergebnisse, auf der Basis des stark vereinfachten, auf nur wenigen Parametern basierenden „World 3“-Modells erstellt, fanden in wissenschaftlichen Kreisen große Beachtung, und wurden 1972 in dem von Donella und Denis Meadows von der System Dynamics Gruppe des Massachusettes Institute of Technology in dem vom Club kommissionierten Buch Limits to Growth: A Report to the Club Of Rome (Deutsche Ausgabe: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit ) veröffentlicht.
 
© The Club of Rome

Die Veröffentlichung etablierte den Club of Rome als gewichtige Stimme in der internationalen Politik und Wirtschafts- und Sozialwissenschaft. Die Prognosen des Buches wurden allerdings weithin als nicht akkurat kritisiert, da sie sich grob geschätzter Zahlen bedienten: Es wurde zum Beispiel prognostiziert, dass die Erdölreserven ab 1990 erschöpft seien, Erdgas ab 1992. Hinterfragt wurden diese Zahlen nicht, und Faktoren wie technischer Fortschritt, effizientere Nutzung von Ressourcen, oder neue Erfindungen wurden in dem Modell ignoriert. Bis heute vor allem in konservativen Kreisen als „Schauermärchen“ abgetan, war Die Grenzen des Wachstums zwar ein großer Publikumserfolg und sorgte für Furore in der öffentlichen Diskussion, sein tatsächlicher, konkreter Einfluss auf das politische Geschehen aber blieb leider begrenzt. Dabei wird mit den Jahren immer deutlicher, wie die Realität der Klimakatastrophe selbst die kühnsten Vorhersagen des Clubs zu übertreffen droht. Studien wie die der holländischen Wissenschaftlerin Gaya Herrington stützen mittlerweile die Vorhersagen des Clubs und legen nahe, dass die globale Klimasituation heute sehr viel positiver aussehen würde, wären die Warnungen der frühen Publikationen ernst genommen worden.

Bis zum Jahre 2023 hat es über fünfzig „Berichte an den Club of Rome“ gegeben, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des wirtschaftlichen Wachstums, der Endlichkeit von Ressourcen, Bevölkerungsentwicklung, aber auch mit Fragen sozialer Gerechtigkeit auseinandersetzen, wurden immer mit riesigem Interesse wahrgenommen und global kontrovers diskutiert. Ihr tatsächlicher Einfluß auf das Weltgeschehen ist schwerlich messbar, aber eins steht fest – wem von einem US-Präsidenten öffentlich (und offensichtlich falsch) widersprochen wird, wie in dem berühmten Ausspruch Ronald Reagans „There are no such things as limits to growth (…)” (am 20.9.1983 in einer Rede an der University of South Carolina in Columbia) oder es in eine Keynote-Rede des erzkonservativen deutschen Politikers Wolfgang Schäuble schafft (am 31.1.2019 im Deutschen Bundestag), der wird in Bereichen der Macht wahrgenommen, in denen tatsächlich die Politik der Zukunft gemacht wird. Und das ist doch schon mal was.

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