Anreize zum Deutschlernen
Die Rolle der deutschen Sprache in Italien
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Wie steht es heutzutage um Deutsch als Fremdsprache in Italien? Was motiviert Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern, Deutsch als weitere Fremdsprache neben Englisch zu wählen? Auf diese und ähnliche Fragen gibt uns Hermann Atz Auskunft. Er ist Leiter des Sozialforschungsinstituts apollis in Bozen und hat 2019/2020 im Auftrag des Goethe-Instituts Rom die Rolle der deutschen Sprache in Italien in verschiedenen Anwendungsbereichen untersucht.
7 Fragen an ...
Dr. Hermann Atz, Leiter des Sozialforschungsinstituts Apollis in Bozen- Die Beziehungen zwischen Italien und dem deutschsprachigen Raum sind eng, wenn man z. B. an Geschichte, Kultur, Migration oder Tourismus denkt. Welche Rolle spielt die deutsche Sprache in Italien?
Neben Englisch, Französisch und Spanisch gehört Deutsch zu den am häufigsten gelernten Sprachen in Italien. Besonders beliebt ist Deutsch im Nordosten des Landes – auch außerhalb der zweisprachigen Provinz Bozen-Südtirol –, was auf die geografische Nähe zu den deutschsprachigen Ländern, aber auch auf die traditionell engen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zurückzuführen ist. Nach Süden hin nimmt das Interesse etwas ab.
- Wo und von wem wird Deutsch gelernt?
Deutsch wird in Italien von etwa 400 Tausend Schüler*innen der Sekundarstufe I und II gelernt. Hinzukommen im ganzen Land mindestens 20 Tausend Studierende, die aktuell Deutsch als Haupt- oder Nebenfach belegen. Außerdem lernen zahlreiche Personen außerhalb von Schulen und Universitäten Deutsch, z. B. in Form von klassischen Sprachkursen, Online-Apps oder Sprachaufenthalten im Ausland.
- Welche Motivation haben Deutschlerner*innen?
Die Motivation beruht auf verschiedenen Faktoren. Auf der einen Seite zeigen Deutschlerner*innen ein starkes Interesse an der deutschsprachigen Kultur, Reisen nach Deutschland und Kontakten mit Deutschsprecher*innen. Auf der anderen Seite wird Deutsch als wichtige Sprache für die internationale Kommunikation und Deutschkenntnisse als förderlich für die Berufschancen in Italien sowie dem Ausland gesehen.
- Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Motivation zum Deutschlernern zu erhöhen?
Zunächst einmal sollte man bedenken, dass sich die Motivation, wie gerade beschrieben, aus verschiedenen Faktoren zusammensetzt. Es gilt daher, die Attraktivität der deutschen Sprache aus verschiedenen Blickwinkeln zu betonen. Auch das Image des Deutschunterrichts als qualitativ hochwertig sollte herausgestrichen werden. Eine Hürde stellt oftmals die weitverbreitete Wahrnehmung des Deutschen als schwer zu erlernende Sprache dar. Möglicherweise kann man diesem Bild durch mehr Kontakt- und Anwendungsmöglichkeiten entgegenwirken.
- Welche Rolle spielen die Deutschlehrer*innen an den italienischen Schulen?
Die Deutschlehrer*innen an den italienischen Schulen machen einen guten Job. Sie werden gemeinhin als engagiert wahrgenommen, was insbesondere die Didaktik und eingesetzten Lehrmittel betrifft. Es lässt sich aber feststellen, dass an den Schulen mit Deutschunterricht dieser oftmals nur von einer Person geleistet wird. Nicht zuletzt aufgrund dessen ist der regionale und überregionale Austausch zwischen Deutschlehrer*innen wichtig, beispielsweise in Form von Fort- und Weiterbildungen.
- Wie können die Goethe-Institute dazu beitragen, dass mehr Deutsch gelernt wird?
Die Goethe-Institute nehmen bereits eine Vorreiterrolle in der Sprach- und Kulturförderung des Deutschen ein, die auf einem breiten Netzwerk mit Schulen, Lehrkräfteverbänden, Weiterbildungseinrichtungen, Kulturträgern usw. beruht. Dieses muss natürlich laufend gepflegt werden. Auf diese Weise kann es gelingen, das Angebot vor allem in weniger gut versorgten Regionen auszubauen. Einen ausschlaggebenden Faktor stellt dabei auch die Bildungspolitik Italiens dar. Auf der politischen Ebene ist hier kontinuierliche Überzeugungsarbeit wichtig.
- Welche Ergebnisse der Studie haben Sie überrascht?
Zunächst hätte ich nicht damit gerechnet, dass sich der Deutschunterricht in Sachen Sprachkompetenz und Didaktik so positiv von der Vermittlung anderer Fremdsprachen abhebt. Das ist natürlich auch ein Auftrag an alle Beteiligten. Außerdem gab es die Vermutung, dass junge Leute aufgrund der schwierigen Arbeitsplatzsituation in Italien Deutsch vor allem aus Karrieregründen lernen, z. B. um in Deutschland einen Job zu finden. Das mag es im Einzelfall geben, hat sich jedoch nicht als vorwiegender Motivationsfaktor herausgestellt. Schließlich sind die geografischen Unterschiede hinsichtlich der Verbreitung des Deutschen innerhalb Italiens stärker als ich vermutet hatte.
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