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Lehrkräfte in Europa
Europäische Schulsysteme. Fünf Länder im Vergleich

Europäische Schulsysteme. Fünf Länder im Vergleich
Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth

Fünf europäische Länder, fünf unterschiedliche Schulsysteme: sie bilden den Ausgangspunkt der nationalen Konferenz Lehrkräfte in Europa - Wertschätzung in einem erneuerten Schulsystem, organisiert von der Nationalen Vereinigung der Schulleiter*innen, die am 15. Februar 2023 in Rom stattfand. Gastgeber war das Goethe-Institut. Eingeladen waren hochrangige Gäste, u.a. der italienische Bildungsminister, Giuseppe Valditara, Vertreter*innen aus den Schulsystemen der beteiligten Länder sowie mehr als 120 Schulleiter*innen und Lehrer*innen aus ganz Italien. Sie diskutierten einen halben Tag lang intensiv über den Karriereweg europäischer Lehrkräfte und über ihre Schulsysteme, die nicht unterschiedlicher sein können. Als Überraschungsast besuchte die Bildungsministerin von Mecklenburg Vorpommern Simone Oldenburg das Auditorium.

Von Ferdinand Krings

Obwohl die Sonne scheint, zeigt das Thermometer draußen nur zwei Grad. Drinnen dagegen ist die Atmosphäre sehr viel wärmer, fast aufgeheizt. Im Auditorium des Goethe-Instituts diskutieren Vertreter*innen aus fünf Ländern über ihre Schulsysteme. Vom deutschen Föderalismus über den französischen Zentralismus bis hin zu Staaten mit wenigen Einwohnern, aber sehr hohen Qualitätsstandards, wie Finnland. Allen gemeinsam ist die Voraussetzung eines Bachelor- oder Masterabschlusses und die gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung des Lehrberufs.

Die Gehälter der Lehrer*innen in Europa

In Deutschland und Finnland haben Lehrer*innen die höchsten Gehälter in Europa. Hier kann das Einkommen bei etwa 50.000 bis 90.000 Euro oder mehr pro Jahr liegen, abhängig von der Erfahrung und dem Ausbildungsniveau. Lehrer*innen in Finnland haben zudem einen hohen sozialen Status und werden als Vorbilder und Inspiration für Schüler*innen und Eltern angesehen. Länder wie Frankreich, Spanien und Italien haben Gehälter zwischen 20.000 und 35.000 € pro Jahr, je nach Qualifikation und Erfahrung. Es gibt jedoch eine Reihe von Gemeinsamkeiten: hoher Arbeitsdruck, knappe Ressourcen und viel Bürokratie.

Voraussetzungen für eine Anstellung

Ein Universitätsabschluss in einem bestimmten Fach und eine zugehörige Ausbildung, das ist der gemeinsame Nenner, um in Europa Lehrer*in zu werden. In Deutschland muss man außerdem ein Staatsexamen ablegen und Praxiserfahrung vorweisen. In Finnland und Großbritannien gibt es ein Auswahlverfahren nach Fähigkeiten und Eignung für den Beruf. In anderen Ländern spielt auch die Nachfrage nach Lehrkräften eine Rolle: Wo ein hoher Bedarf an Lehrkräften besteht, z.B. in einigen Regionen Spaniens oder Italiens, ist es leichter, eingestellt zu werden.
  • Joachim Bernauer (Länderleiter Goethe-Institut Italien), Simone Oldenburg (Bildungsministerin von Mecklenburg Vorpommern) © Goethe-Institut | Foto: Klaus Dorwarth
    Joachim Bernauer (Länderleiter Goethe-Institut Italien), Simone Oldenburg (Bildungsministerin von Mecklenburg Vorpommern)
  • Joachim Bernauer (Länderleiter Goethe-Institut Italien), Gianna Fregonara (Corriere della Sera), Mario Rusconi (ANP) © Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth
    Joachim Bernauer (Länderleiter Goethe-Institut Italien), Gianna Fregonara (Corriere della Sera), Mario Rusconi (ANP)
  • Cristina Costarelli (ANP Lazio), Mario Rusconi (ANP), Andreas Krüger (Deutsche Botschaft) © Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth
    Cristina Costarelli (ANP Lazio), Mario Rusconi (ANP), Andreas Krüger (Deutsche Botschaft)
  • Alfred Kotter und Giorgio Ostinelli (Experte für Lehrerfortbildung, Schweiz) © Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth
    Alfred Kotter und Giorgio Ostinelli (Experte für Lehrerfortbildung, Schweiz)
  • Giuseppe Valditara (Bildungsminister), Andreas Krüger (Deutsche Botschaft), Antonello Giannelli (ANP) © Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth
    Giuseppe Valditara (Bildungsminister), Andreas Krüger (Deutsche Botschaft), Antonello Giannelli (ANP)
  • Andreas Krüger (Deutsche Botschaft), Antonello Giannelli (ANP), Cristina Costarelli (ANP Lazio), Giuseppe Valditara (Bildungsminister), Mario Rusconi (ANP) © Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth
    Andreas Krüger (Deutsche Botschaft), Antonello Giannelli (ANP), Cristina Costarelli (ANP Lazio), Giuseppe Valditara (Bildungsminister), Mario Rusconi (ANP)
  • Giuseppe Valditara (Bildungsminister) und Mario Rusconi (ANP) im Gespräch mit einem Teilnehmer der Tagung © Goethe-Institut Rom | Foto: Klaus Dorwarth
    Giuseppe Valditara (Bildungsminister) und Mario Rusconi (ANP) im Gespräch mit einem Teilnehmer der Tagung

Stichwort Lebenslanges Lernen

Für Lehrer*innen gibt es in Finnland und Großbritannien berufliche Entwicklungsprogramme, Mentoring und Peer-to-Peer-Learning. In Deutschland hingegen gibt es staatlich geförderte Fortbildungskurse, die für alle verbindlich sind. Im Bundesland Bayern sieht die Fortbildung an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung ein dreistufiges Modell vor, das die Stärken und Potentiale des Einzelnen in den Fokus nimmt. Es soll zur Übernahme von Verantwortung im Schulbetrieb motivieren und dem Werdegang einen tieferen Sinn geben. „Die Lehrkraft erkennt eigene Potentiale, macht sich auf den Weg in Richtung Schulleitung und wird dabei in unserem modularen System begleitet und gefördert“, so erklärt es Alfred Kotter, Direktor der Akademie in Dillingen.

Gute Möglichkeiten bieten auch Workshops, Tagungen und Austauschprojekte, wie sie etwa das Goethe-Institut anbietet. Lehrer*innen können neue Unterrichtsmethoden kennenlernen und ausprobieren oder in Expertentreffen zu aktuellen Themen wie Inklusion von Geflüchteten in Schule und Beruf diskutieren. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Förderung digitaler Kompetenzen, und die meisten der fünf Länder bieten daher spezielle Schulungen und Weiterbildungen in diesem Bereich an.

Die Schule in Italien

Es ist der italienische Bildungsminister Giuseppe Valditara selbst, der über die umstrittene Bildungspolitik der Regierung Meloni spricht. Wertschätzung und Anerkennung, zuallererst. Und dann eine Modernisierung des Lehrens und Lernens. In Italien gibt es seit kurzem ein nationales Bewertungssystem für Schulen und Lehrer*innen. Die Ungleichheit zwischen Nord- und Süditalien und die mangelnde bildungspolitische Kontinuität bei häufig wechselnden Regierungen, bleiben jedoch bestehen.

Cristina Costarelli von der ANP Latium sieht noch weitere Herausforderungen, wie sie uns am Rande der Tagung berichtet:
 „Da ist die wichtige Frage der Auswahl, weil das einzige System ein Auswahlverfahren ist, gestaltet als Wettbewerb und bei dem Test (in der ersten Auswahl) gibt es nicht immer die Garantie, qualifiziertes Personal zu finden. Aus Sicht der Schulleiter*innen sollten die Lehrer*innen direkt von den jeweiligen Schulleiter*innen eingestellt werden, mit Eignungsgesprächen. Und es gibt zwei weitere Dringlichkeiten: die Renovierung der Gebäude, denn sechs von zehn Schulen wurden vor 1970 gebaut, und die Einführung eines flexibleren Lehrplans.“

Der lange Weg zur Reform

Alle wollen die Schüler*innen besser auf ihre Zukunft vorbereiten. Sie blicken auf das 21. Jahrhundert mit all seinen Neuerungen im Klassenzimmer. Die Pandemie hat die Digitalisierung des Bildungswesens in ganz Europa sicherlich beschleunigt. In einigen Ländern werden die Schüler*innen während des gesamten Lernprozesses bewertet und nicht nur am Ende einer Unterrichtseinheit oder einer Jahrgangsstufe, so dass Lehrer*innen und Schüler*innen kontinuierlich sehen, wo Verbesserungspotential besteht. In den letzten Jahren wurde überall mehr Wert auf eine inklusive und sozial gerechtere Bildung gelegt. Ziel ist es, Leistungsunterschiede zu verringern, den Zugang zu Bildung für alle zu erleichtern und die Qualität der Bildung insgesamt zu erhöhen.

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