Miron Zownir in Palermo
Der Poet der radikalen Fotografie
Unter dem Titel „Zeitwirdknapp | Non c'è più tempo – Retrospektive 1977–2019“ präsentieren das Centro Internazionale di Fotografia (unter der Leitung von Letizia Battaglia) und das Goethe-Institut zum ersten Mal eine Ausstellung mit Miron Zownir, „Poet der radikalen Fotografie“, vom 21. Mai bis 31. Juli 2021 in Palermo, kuratiert von Gaetano La Rosa.
Von Sofia Li Pira
Er gilt seit fast 40 Jahren als einer der radikalsten zeitgenössischen Fotografen. Seine Fotografien aus West- Berlin, London und New York oder dem postkommunistischen Osteuropa haben ihn weltweit bekannt gemacht. Miron Zownir ist Fotograf, Regisseur und Schriftsteller und der „Poet der radikalen Fotografie“ – wie ihn der berühmte amerikanische Schriftsteller Terry Southern betitelte. Seine erste Ausstellung in Palermo Zeitwirdknapp | Non c'è più tempo – Retrospektive 1977–2019 eröffnet am 21. Mai um 18 Uhr im Centro Internazionale di Fotografia (geleitet von Letizia Battaglia).
Gezeigt wird seine erste große Retrospektive in Italien mit über siebzig mittel- und großformatigen Fotografien, die zwischen 1977 und 2019 entstanden sind. Neben den fotografischen Arbeiten werden in der Ausstellung auch einige vom Künstler geschaffene Filmarbeiten präsentiert, kuratiert von Gaetano La Rosa und unterstützt vom Goethe-Institut, in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Palermo, um die bedeutende Persönlichkeit eines Künstlers mit einem großartigen Talent, nicht nur für die Fotografie, zu würdigen.
Von den ersten Aufnahmen in den 1970er Jahren inmitten der Punk– Revolution in West- Berlin und London, den Fotografien der 1980er, die den Protest unkonventioneller Künstler und Darsteller und die dunkle Welt der Prostitution und Drogensucht bis nach Russland einfangen, wo der Künstler den sozialen und moralischen Niedergang der ehemaligen Sowjetunion anprangert und Obdachlose und Sterbende fotografiert, hat sich Miron Zownir die Auseinandersetzung mit extremen Themen der menschlichen Existenz zum zentralen Motiv seiner Arbeit gemacht und sich als kompromissloser Fotograf etabliert.
Eben dieser Miron Zownir ist in Wahrheit ein Künstler mit einer bemerkenswerten Theaterbegabung. Von Anfang an ist sein fotografisches Schaffen theatralisch durchwirkt. Es treten auf: Männer, Frauen, Transsexuelle, Behinderte, Kranke, Heroinabhängige, Aussteiger, arme Teufel. Menschen, denen er auf seinen Streifzügen durch Stadt und Land begegnet. Fast immer erwischt Zownir seine Sujets in dem Moment, in dem sie bereit sind, ihr Körper-Sein darzubieten – gleichsam in einem heiligen Akt der Gabe. Gesten voller Wahrheit und Wirkung, die wir als performative Handlungen bezeichnen können.
Gaetano La Rosa (Textauszug aus dem Katalog zur Ausstellung Zeitwirdknapp | Non c'è più tempo – Retrospektive 1977–2019).
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