Volker Kutscher
Lunapark

Volker Kutscher „Lunapark“ © Kiepenheuer & Witsch „Lunapark“ ist der sechste Roman über Gereon Rath. Er spielt zwischen dem 18. Mai und dem 4. August 1934, als anderthalb Jahre nach der Machtergreifung der Nazis dramatische Veränderungen in Deutschland vor sich gehen. Der Wettstreit zwischen den Verwaltungsinstitutionen der Nazis, der SA, der SS und der Gestapo, verschärft sich, die Prinzipien des Rechtsstaats verlieren immer mehr an Bedeutung, der Wert eines Menschenlebens und der Freiheit wird immer geringer. Auch die Kriminalpolizei muss sich der neuen Ordnung anpassen und in strenger Unterordnung unter den Nazibehörden arbeiten.
 
In diesem Kontext muss sich Rath sowohl mit einem brutalen Mord befassen, der in Verbindung mit seiner Ermittlungsarbeit steht, als auch, was noch schmerzlicher ist, sich mit seiner eigenen beruflichen Vergangenheit und familiären Problemen in der Gegenwart auseinandersetzen. Die Politik mischt sich unbarmherzig auch in sein Familienleben ein – unterschiedliche Ansichten und Werte sorgen für Misstrauen, Geheimniskrämerei und Verdächtigungen gegenüber den am meisten geliebten Menschen.

Der Autor macht deutlich, wie schwer die persönlichen Entscheidungen des Protagonisten wiegen, wie er mit sich kämpft, als Werte kollidieren und unter den neuen Umständen neu definiert werden. Gereon Rath muss sich zwischen seinem beruflichem Ethos – Ehrlichkeit, Vertrauensprinzip, Unbestechlichkeit – und der Sicherheit seiner Familie entscheiden.
 
Volker Kutscher beschreibt den Einfluss der historischen und politischen Geschehnisse auf das Leben, Schicksal und Verhalten der Menschen; die inneren Monologe der Figuren erläutern ihr Denken und die Beweggründe für ihr Handeln. Der Roman entkräftet überzeugend das Vorurteil, dass alle Deutschen die Nazi-Ideologie unterstützt haben.

Der Roman ist auch aus sprachlicher und kulturhistorischer Sicht interessant. Er gibt einen vielseitigen Einblick in den Alltag und das Zusammenleben der 30er Jahre in Berlin, viele Realien werden erwähnt, z.B. Gebäude- und Straßennamen und deren Beschreibungen, außerdem werden Lieder, Filme, Schauspieler, Zigarettenmarken, Kaffeesorten, Cafés und Restaurants, Automarken usw. genannt. Gleichzeitig gibt er auch einen Einblick in die Geschichte der deutschen Sprache, indem eine stilistisch reiche und bildhafte Sprache aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, NS-Terminologie und Bezeichnungen von Behörden, Berufen und militärischen Rängen verwendet werden.

Der Schriftsteller und Journalist Volker Kutscher (geb. 1962) lebt und arbeitet in Köln. Nach seinem Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichtswissenschaft arbeitete er als Zeitungsredakteur und Drehbuchautor. Die Hauptfigur seines ersten Romans „Der nasse Fisch“ (2007) ist Gereon Rath, der als Kriminalkommissar im Berlin der 20er und 30er Jahre ermittelt. Bisher sind sechs[B2]  Romane dieser Serie erschienen, die hoch gelobt und in mehrere Sprachen übersetzt wurden und als Grundlage für die Fernsehserie „Babylon Berlin“ dienten. Kutscher hat vor diesem Roman bereits 3 andere Romane veröffentlicht.
 

Volker Kutscher
Lunapark
Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2016
ISBN 978-3-462-04923-7
560 Seiten


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