Film Streaming The Cleaners

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Fr, 06.11.2020 –
Mo, 16.11.2020

Goethe-Institut Peru

„The cleaners“ im Europäischen Festival von Lima.

Regie: Hans Block, Moritz Riesewieck, Farbe, 88 Min., 2017

Die großen amerikanischen Konzerne, die sich als „Social Media“ verstehen, haben begriffen, dass ihre Angebote zur Kommunikation längst dem Missbrauch ausgesetzt sind. Pornografie und Kindermissbrauch, Krieg und Propaganda breiten sich aus, der Zugang zu den Plattformen ist leicht, mehr oder minder jeder kann dort publizieren, was er will. Neben ethischen Fragen stehen die „Social Medias“ auch vor dem Problem, dass die Brutalisierung und Verwahrlosung am Ende auch den eigenen Geschäften schaden könnte. Vermutlich ist es zu teuer und im Einzelfall schwerer zu verantworten, die „Löscharbeiten“ im Netz in Eigenregie durchzuführen. Die Aufgabe wird verlagert. Arbeitskräfte in Manila zum Beispiel sind billig und wie geschaffen für ihren Job. Eine Moderatorin, so nennen die kleinen Firmen ihre Netz-Kontrolleure, bekennt freimütig, sie sei dankbar für den Job, weil sie sonst möglicherweise als Müllsammlerin auf den Straßen von Manila unterwegs wäre. Dass sie immer noch Müll sammelt – der digitale könnte noch schwieriger zu bewältigen sein als der reale - ahnt sie vielleicht, eingestehen würde sie es nicht.

Die ständige Auseinandersetzung mit dem Grauen und den Unmenschlichkeiten im Netz hinterlässt ihre Spuren – mögen sich die „Moderatoren“ in Manila noch so unreflektiert an ihre zu einfältigen Vorgaben halten, denen auch Illma Gores satirisches Porträt Donald Trumps zum Opfer fällt. Sie beinhalten auch zahlenmäßigen Druck: rund 25.000 Kontrollen pro Schicht sind gewünscht. Für Diskussionen mit Kollegen oder Vorgesetzten bleibt keine Zeit. Am Rande berichtet ein Moderator vom Suizid eines Kollegen, den er selbst am Bildschirm verfolgt hatte und nicht eingreifen konnte. Die Firma hat diesen Selbstmord geheim gehalten, wie auch die Arbeitsbedingungen der "Moderatoren".

Die Autoren und Regisseure von THE CLEANERS machen sich's nicht leicht: sie lassen keine Zweifel aufkommen an der Notwendigkeit, gegen den Missbrauch der Freiheit im Netz vorzugehen; die strafrechtliche Relevanz könnte in einigen Ländern der Welt – der Film zeigt auch Diskussionen in den USA zwischen Politikern und Firmenvertretern – schon als Kriterium ausreichen. Aber damit ist es nicht getan. Aus Angst, ihre Portale könnten in der Türkei ganz geschlossen werden (wie es unabhängigen Zeitungen und TV-Stationen geschah), akzeptieren die Konzerne Einsprüche Erdogans und löschen, was ihm missfällt.

„Die sozialen Medien entwickeln sich in rasanter Geschwindigkeit zur digitalen Öffentlichkeit. Hier werden politische Konflikte ausgetragen, in Echtzeit Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, Kunst und Satire verbreitet und soziale Bewegungen organisiert. Wer also entscheidet darüber, was wir sehen oder nicht? Dieser Frage sind wir nachgegangen.“ Moritz Riesewieck). Die Tätigkeit der „Moderatoren“ findet letztlich im Geheimen statt, noch weniger von der Öffentlichkeit kontrolliert als das Netz. Der Film berichtet davon fast ausschließlich in Nachtaufnahmen. „Da geht es ja nicht nur um Schwanz- oder Brustbilder, sondern es geht in vielen Fällen auch um politische Inhalte, über die kontrovers diskutiert werden könnte. Zum Beispiel: Was ist gewaltverherrlichend? Was dient der Aufklärung? Was ist ein Regierungsgegner? Was ist ein Terrorist? Da müsste man eigentlich genauer hinschauen, und diese Transparenz ist nicht gegeben. Die sozialen Netzwerke machen es sich dadurch einfach, da sie (die Moderatoren) ja nicht bei denen angestellt sind. Wenn dort Fehler passieren, dann passieren sie einem anderen Unternehmen. Und sie passieren vor allem an einem Ort, der schwer zugänglich ist." (Riesewieck)

So bleibt das Dilemma: Weder mit noch ohne Lösch-Aktionen ist das Problem zu lösen. THE CLEANERS maßt sich keine Lösung an. Aber die Filmemacher verweisen darauf mit einer Intensität wie bislang noch kein anderer Dokumentarfilm.

Biografien

Hans Block wurde 1985 in Berlin geboren. Er studierte Musik, dann Schauspiel an der Hochschule „Ernst Busch“. Hinzu kamen Regiearbeiten beim Studiotheater BOX am Schauspiel Frankfurt. 2015 wurde sein Hörspiel „Don Don Don Quijote. Attackéee“ mit dem „Prix Marulic“ ausgezeichnet. Sein erster abendfüllender Dokumentarfilm THE CLEANERS (mit Moritz Riesewieck) wurde 2018 beim Sundance Film Festival uraufgeführt.

Moritz Riesewieck wurde 1985 geboren und ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Er studierte an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ (Berlin). Regie-Hospitanzen an der Volksbühne (Berlin), am Thalia-Theater (Hamburg) und der Schaubühne (Berlin). 2014 inszenierte er auf Einladung des Goethe-Instituts in Mexiko-City Georg Büchners „Woyzeck“. 2015 wurde er für seine innovativen Arbeiten mit dem Ela-Neumann-Stipendium ausgezeichnet. Sein erster abendfüllender Dokumentarfilm THE CLEANERS (mit Hans Block) wurde 2018 beim Sundance Film Festival uraufgeführt. Ergänzend zum Film erschien Riesewiecks Essay-Buch "Digitale Drecksarbeit".

Filmografie
2017 THE CLEANERS

Eine Filmkritik von HG Pflaum für das Filmarchiv des Goethe-Instituts 
 
Wie kann ich den Film sehen?
Der kostenlose Zugang zu allen Filmen und Veranstaltungen geht über die offizielle Webseite des Europäischen Filmfestivals nach einer Registrierung. Die Anzahl der virtuellen Zuschauer ist begrenzt. Die Reservierungen und Ansicht der Filme erfolgen ab dem 6. November ebenso über die offizielle Webseite des Filmfestivals. Zugang zu den Rahmenveranstaltungen  sowie aktuelle Informationen finden sie immer auf der Facebookseite des Festivals. (https://www.facebook.com/EunicPeru/).

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