Regie: Axel Ranisch, 2022, 107 min.
In der Überwindung ihrer grauen Alltagsrealität durch Musik, Oper und Tanz finden sich die Call-Center-Agentin Nele und der Kleinkriminelle Kolya als Seelenverwandte; doch müssen sie bald Prüfungen von griechisch-mythologischer Dimension bestehen, in einer kongenialen Verschmelzung von Oper und Kino.
Hier der Trailer zum Film!
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Kino und Oper sind Orte der magischen Überwindung der Realität – und plötzlich beginnt der Kollege im Callcenter eine Arie zu trällern und alle stimmen mit ein. Denn für Nele ist die Oper nicht nur Fluchtort vor dem tristen Arbeitsalltag zwischen Akkord-Telefonieren und abendlichem Dienst an der Garderobe des Opernhauses, sondern Teil ihres Lebens und damit dieses visuell und akustisch überbordenden Films. Für die hustende Diva auf der Bühne kann Nele kurzerhand einspringen und die Aufstiegsgeschichte à la Star is born kann beginnen. Doch zuvor war sie bereits dem Kleinkriminellen Kolya auf der Straße begegnet, und ihrer beiden Leben waren sofort verschmolzen in einer gemeinsamen Tanzchoreographie als Ausdruck ihrer Seelenverwandtschaft. Aber der Orpheus-Stoff aus der griechischen Mythologie, an den Regisseur Axel Ranisch seinen Opernfilm mit umgekehrter Hauptfigurenkonstellation – Nele ist Orpheus bzw. hier Orphea, Kolya Eurydike – anlehnt, stellt Nele nach Kolyas Unfalltod auf die Probe.
Frederik Lang (20.04.2023)
Kritiken, Empfehlungen, Presseschau:
„‚Nele muss eine Höllenfahrt antreten, um ihn wiederzukriegen‘, fasst Axel Ranisch den Plot zusammen. ‚Da haben wir uns sehr frei an den Motiven der Sage bedient.‘ (…) Axel Ranisch fand die Dreharbeiten mit den Sängerinnen und Sängern sehr bereichernd. ‚Ich habe gemerkt: Wenn Sänger singen, ist die gesamte Muskulatur im Körper angespannt und geordnet. Beim Schauspiel ist oft das Gegenteil nötig: eine physische Lockerheit und Durchlässigkeit, um für jeden Impuls gewappnet zu sein und reagieren zu können.‘ Vor einem Dreh nimmt sich der Filmregisseur im Idealfall genug Zeit, um mit den Darsteller*innen die Rollen zu analysieren: ‚Wer sind die Figuren? Woher kommen sie, mit welcher Haltung gehen die rein?‘ Das sei bei einem Schauspielteam nicht anders als bei einem Sängerensemble.“
(Sylvia Schreiber, Antonia Morin, BR-Klassik.de, 15.09.2022)
„Orphea in Love – diese Oper findet sich in keinem Werksverzeichnis. Trotzdem ging am 17. September 2022 im Münchner Nationaltheater eine Uraufführung dieses Titels über die Bühne beziehungsweise eine große Leinwand auf derselben. Hintergrund war der Wunsch des Intendanten Serge Dorny, Oper in einer ‚hybriden Form‘ als Film einem breiteren Publikum zu vermitteln und es ‚vielleicht in einer ersten Begegnung‘ für sie zu begeistern. Mit Axel Ranisch entwickelte er ein Drehbuch, das eine Opernaufführung (…) nicht nur mit der Kamera festhalten, sondern sie ‚auf andere Art und Weise‘ in Szene setzen sollte. (…) Axel Ranisch, der seit 2004 Filme dreht und 2013 an der Bayerischen Staatsoper als Opern-Regisseur debütierte, scheut weder vor großen Gefühlen noch vor Komik und Selbst- und Insider-Ironie zurück. Mal mit Szenen in moderner Video-Ästhetik, mal mit surreal-schrillen oder innigen Aufnahmen auf Tuchfühlung, mixt er mutig unterschiedliche Genres und klassische Musikstücke. Konstante ist die Liebesgeschichte eines ungleichen Paars, die in den Hauptrollen die estnische Sopranistin Mirjam Mesak als Orphea / Nele mit ihrer herausragenden Stimme und Guido Badalamenti als Kolya mit virtuosen tänzerischen Bewegungen erzählen.“
(Antoinette Schmelter-Kaiser, crescendo.de, 19.09.2022)
„Ein besonderer Reiz sind die Haupt- und Nebendarsteller. Mirjam Mesak strahlt nur so vor optimistischer Lebenszugewandtheit und liebreizender Naivität. Und sie singt auch außerdem ganz hervorragend Arien aus La Wally, Madama Butterfly und La traviata. Serge Dorny spielt einen Intendanten – hinter einer leichten Maske von Ironie. Heiko Pinkowski herrscht als dämonischer Agent über die Unterwelt des Kulturbetriebs, Ursula Werner regiert einen anderen Teil als lüsterne alte Gaunerin in der Brache verlassener Eisenbahnanlagen. Außerdem gibt es noch einen äußerlich ein wenig an Ranisch angelehnten Opernregisseur, der eine grauenhafte Regietheater-Traviata verbricht, die er mit dem wunderbaren Spruch ‚Das ist meine frei künstlerische Entscheidung‘: verteidigt. (…) Orphea in Love ist eine zärtliche Hommage an die Oper und an die Liebe. Dafür muss man ihn lieben – einschließlich seiner Kitschmomente. Und die wunderbare Mirjam Mesak sowieso.“
(Robert Braunmüller, Abendzeitung München, 19.09.2022)
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