Rainer Werner Fassbinder
Auf der Suchen nach Liebe

Rainer Werner Fassbinder © Goethe-Institut, CSW Łaźnia, Entwurf Julia Porańska

Während der Retrospektive werden sechs Filme Fassbinders gezeigt. Beginnend mit „Katzelmacher“, der ihm so viel Bekanntheit verschaffte, dass er größere Film-Budgets beantragen konnte. „Katzelmacher“ ist auch einer der am stärksten vom Theater beeinflussten Filme der Retrospektive, der die Arbeitsmethoden Fassbinders und seine Faszination für das Theater am deutlichsten offenbart. In „Katzelmacher“ tauchen auch die wichtigsten Themen auf, die der Regisseur in seinen Filmen behandeln wird: Entfremdung, die Suche nach Akzeptanz und Liebe, aber auch Gewalt. Ein brillantes psychologisches Porträt der komplexen Beziehungen zwischen dem Opfer häuslicher Gewalt und dem Täter zeigt der selten gezeigte Film „Martha“. Das Thema Liebe – in all seinen verschiedenen Facetten – wird auch in Fassbinders bekanntestem Film „Angst essen Seele auf“ behandelt, der 1974 beim Filmfestival in Cannes ausgezeichnet wurde und die Geschichte einer Beziehung zwischen einer alternden deutschen Putzfrau und einem jungen attraktiven Marokkaner erzählt.

Porträt des Künstlers

Rainer Werner Fassbinder © Rainer Werner Fassbinder Foundation

Rainer Werner Fassbinder ist einer der kultigsten, aber auch einer der umstrittensten deutschen Filmregisseure. Seine Biografie könnte als Vorlage für zahlreiche Filme dienen, wäre es nicht so, dass er sie selbst in seinem Schaffen verarbeitet hat. Er wurde am 31. Mai 1945 geboren. Sein Vater war Arzt, seine Mutter Übersetzerin. Nach einer schwierigen Kindheit, die er mit einsamen Kinobesuchen und Aufenthalten in einem Internat verbrachte, aus dem er mehrfach ausbrach, trat Fassbinder im Alter von zweiundzwanzig Jahren der bekannten Gruppe Action-Theater bei. Bald wurde er ihr Leiter und wandelte sie in die Gruppe Anti-Theater um. Zur Gruppe gehörten unter anderem Hanna Schygulla, Irm Hermann und Peer Raben, die zu engen Mitarbeiter*innen des Regisseurs wurden. Da die Gruppe zusammen lebte und arbeitete, entstanden innerhalb von 18 Monaten zwölf Theaterstücke. Dieses Arbeitsmodell übertrug Fassbinder auch auf den Film, und so führte er in 15 Jahren bei über 40 Filmen Regie, wobei er in einem rasanten Tempo vier bis fünf Filme pro Jahr drehte. Der Film wurde sein wichtigstes Ausdrucksmittel, doch von der Regie im Theater hat sich Fassbinder nie verabschiedet. In seinen Filmen finden sich zahlreiche Bezüge zum Theater, etwa in den statischen Einstellungen, der Komposition der Szenen oder der Art der Dialogführung und der Choreografie der Schauspieler, die an das Theater erinnern. Gleichzeitig experimentierte er ständig weiter, ließ die Kamera „fliegen“ oder Spiegelungen in Gläsern und Spiegeln filmen. Fassbinder war ein bekennender Bisexueller, lebte ein chaotisches, hyperaktives Leben, machte Menschen von sich abhängig und erpresste sie. Seine Werke sind jedoch das Gegenteil: perfekt und mit großer Sorgfalt bis ins kleinste Detail ausgearbeitet.

Ein wichtiger Aspekt beim Verständnis von Fassbinders Werk sind die intertextuellen Verbindungen zwischen seinen Filmen, nicht nur durch Analogien zwischen den einzelnen Figuren, sondern auch durch die Verknüpfung von Themen, die in früheren Filmen angerissen oder behandelt wurden. Dabei werden sie jedoch stets aus einer neuen, unerwarteten Perspektive beleuchtet. Die Intertextualität zwischen den Figuren ergibt sich auch aus Fassbinders Arbeitsweise und der Nutzung nicht nur seiner eigenen Biografie zur Erstellung von Drehbüchern. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist der Vergleich zweier Filme der Retrospektive: „Faustrecht der Freiheit“ und „In einem Jahr mit 13 Monden“. So basiert „Faustrecht der Freiheit“ auf der Biografie von Armin Meier, dem damaligen Liebhaber des Regisseurs, den Fassbinder selbst im Film verkörperte. Bevor Armin Meier Fassbinders Geliebter und Schauspieler wurde, war er Metzger und verbrachte seine Kindheit in einem Waisenhaus. „Faustrecht der Freiheit“ war und ist einer der wenigen Filme, die das Thema Homosexualität nicht nur im Kontext des Hauptproblems behandelten, sondern als Hintergrund für gesellschaftliche Machtspiele zwischen verschiedenen sozialen Gruppen. „In einem Jahr mit 13 Monden“ entstand nach dem Selbstmord von Armin Meier, den Fassbinder verlassen hatte. Fassbinder starb plötzlich im Jahr 1982 im Alter von 37 Jahren an einer Überdosis Drogen und Kokain.
Fassbinder wollte Marilyn Monroe sein. Niemand sonst. Er wollte eine Treppe in einem Kleid und einer Federboa hinabsteigen. Er starb im selben Alter wie sie. Und auf dieselbe Weise.
Zitat aus „Fassbinder. Tausende von Spiegeln“, Ian Penman, Suhrkamp Verlag, 2024

Filme und Beschreibungen

© Maurycy Stankiewicz

Begleitprogramm

Eine besondere Veranstaltung im Rahmen der Retrospektive ist die szenische Lesung Fassbinders Stücks „Blut am Hals der Katze (Marilyn Monroe contre les vampieres)“ in der Regie von Marzena Sadocha im Jaracza-Theater in Olsztyn sein. 

"Blut am Hals der Katze"
Übersetzt von: Iwona Dorota Nowacka
Regie: Marzena Sadocha 
Musik: Wiktor Grzegorzewski
Gesang: Hanna Błachuta

Impressum

Gdańsk | 9-13.11.2024
Centrum Sztuki Współczesnej ŁAŹNIA 1
ul. Jaskółcza 1

Olsztyn | 18-20.11.2024
Kino Awangarda
Plac Jana Pawła II 2/3
Olsztyn | 21.11.2024
Teatr im. Stefana Jaracza, ul. 1 Maja 4
Die szenische Lesung Fassbinders Stücks "Blut am Hals der Katze (Marilyn Monroe contre les vampieres)", 1971. Reg. Marzena Sadocha

Wrocław | 24-27.11.2024
Kino Nowe Horyzonty ul. Kazimierza Wielkiego 19a/21

Warszawa | 24-30.11.2024
Nowy Teatr
Międzynarodowe Centrum Kultury
ul. Madalińskiego 10/16

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