Stettin
Überwuchern + Botschaft der Natur

„Überwuchern“ ist ein Konzept der Koexistenz von Menschen, Pflanzen und städtischer Architektur in Zeiten zunehmender Folgen der Klimakrise. Wir haben dieses Konzept im Rahmen von Workshops erarbeitet, an denen Student:innen von drei Stettiner Hochschulen teilgenommen haben (Akademie der Künste in Stettin, Universität Stettin und Westpommersche Technische Universität Stettin).
„Überwuchern“ ist für uns der Ausgangspunkt für die Suche nach nachhaltigeren Beziehungen in einer Welt, in der wir vielleicht auf bisherigen Komfort werden verzichten müssen. Das Komfortozän, wie Daniel A. Barber die Epoche des Komforts nennt, kann schon bald zu Ende gehen. Probleme mit Trockenheit und dem Zugang zu Wasser werden dazu führen, dass die apokalyptische Vision einer Stadt, die mit Pflanzen zugewachsen ist, die Erlösung sein wird. Wir sind der Meinung, dass das Phänomen des Überwucherns aufgrund seines potenziellen Einflusses auf städtische Ökosysteme, auf den Wohlstand der Menschen und auf den Artenschutz mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Können wir – und wenn ja, bis zu welchem Grade –Pflanzen im städtischen Raum Zugeständnisse machen? Inwieweit dürfen wir es zulassen, dass sie in die „Bebauung“ hineinwachsen?
Die Beziehungen zwischen Menschen und Pflanzen sind ein wachsendes Forschungsgebiet in den Sozialwissenschaften: angefangen von der verhältnismäßig begrenzten Thematik der Multispezies-Ethnografie (Ogden et al., 2013), bis hin zu den breitesten Interessengebieten, nämlich plant studies (Ergas, York 2023) und human–plant studies (Ryan 2012). Die postanthropozentrische Geisteswissenschaft scheint bestimmte Arten städtischer Ökosysteme zu bevorzugen. Im Vergleich zum Reich der Tiere, zu denen überrepräsentativ viel geforscht wird, sind Studien zu den Beziehungen zwischen Menschen und Pflanzen (eine wichtige Ausnahme bilden Bäume) seltener. Über dieses Defizit schreibt Magdalena Szpunar (Szpunar, 2021), indem sie aufzeigt, dass sich Pflanzen in der Hierarchie der Lebewesen auf einem „hinteren“ Platz befinden. In der stereotypen Vorstellung der westlichen Welt seien Pflanzen durch fehlende Mobilität gekennzeichnet, durch fehlendes Bewusstsein und durch fehlende Kommunikation mit Menschen. Doch die symbolischen und praktischen Bedeutungen, vor allem aber die besondere Position von Pflanzen in post-landwirtschaftlichen Gesellschaften (wie beispielsweise in Polen) erlauben es nicht, sie zu vernachlässigen, weshalb auch in der polnischen Forschungslandschaft immer mehr über die Welt der Flora gesprochen und geschrieben wird (Zamorska 2022).
Städtische Begrünung ist eines der „heißesten“ Themen in städtischen Studien, insbesondere im Bereich Raumplanung und Urbanistik (Mencwel 2020, Pistelok 2022). Doch die Pflanzenwelt ist auch ein wichtiges Thema für das Bauwesen und die Materialwissenschaft. Pflanzen werden immer öfter bewusst in Planungsprozesse integriert und dienen den Architekten dabei als Inspirationsquelle, während sie gleichzeitig immer öfter als lebendes Konstruktionsmaterial funktionieren. Ein Beispiel für diese Konzepte sind Experimente, die am Institut für Grundlagen moderner Architektur und Entwerfen (IGmA) an der Universität Stuttgart unter der Leitung von Gerd de Bruyn von der Forschungsgruppe Baubotanik durchgeführt werden. Ziel dieser Experimente ist es, lebendige Bäume und andere Elemente der Natur als Komponenten der architektonischen Struktur zu nutzen. Dank der wegbereitenden Versuche von Baubotanik weiß man, dass die Tatsache, dass immer mehr lebende Pflanzen im Bauwesen experimentell genutzt werden, die Anpassungsfähigkeiten von Konstruktionen an sich verändernde Außenbedingungen verbessern und seine ökonomische und ergonomische Optimierung erleichtern kann. Wir haben uns daran gewöhnt, dass ein Gebäude „arbeitet“, aber es zeigt sich, dass es manchmal auch „lebt“ – und zwar im engeren Sinne.
Das Projekt, das wir hier beschreiben, knüpft an die Forderungen nach Abkehr vom Komfort an – und an die Notwendigkeit, sich in der Epoche des sogenannten Post-Komfortozän an umweltbedingte Anforderungen anzupassen (Barber 2019). In einer Gesellschaft, die auf Komfort und ständige wirtschaftliche Expansion ausgerichtet ist, wird das Überwuchern zu einer Erzählung über Hindernisse, die auf dem Weg zum Komfort aus dem Weg geschafft werden müssen. Wer gewinnt? Die wilde Pflanzenwelt oder Räume, die der Kapitalakkumulation dienen? Auf welche Gewohnheiten und auf welches Element unseres Komfort können wir verzichten, wenn wir den Raum für pflanzliche Diversität in Städten erweitern wollen?
Kann uns diese Geste, mit der der Natur Platz zurückgegeben wird, der ihr gehört, vor dem unabwendbaren Klimawandel „retten“? Die von Ariel Modrzyk (Modrzyk 2022) beschriebene „Erlaubnis zum Überwuchern“ stellt für die dominierende Wahrnehmung von städtischem Raum als kontrollierte und verwaltete Lebensräume eine Herausforderung dar. Wenn sich Pflanzen ungenutztes oder vernachlässigtes Gelände zurückerobern, rufen sie damit gleichzeitig die Erinnerung an die Kraft der Natur wach.
Welche Aktionen haben wir durchgeführt?
Auf der Suche nach einem konzeptionellen Rahmen, der die Beziehung Mensch-Architektur-Pflanzen und die Arbeit an der Erstellung eines Prototyps beschreibt, haben wir uns das Modell des interdisziplinären Labors zu Grunde gelegt. Wir haben mit Stundent:innen von drei Stettiner Universitäten (Akademie der Künste in Stettin, Universität Stettin, Westpommersche Universität für Technologie in Stettin) in den Fachbereichen Architektur, Literaturwissenschaft, Grafikdesign und Soziologie zusammengearbeitet. Im Jahr 2023 nahmen teil: Marzena Bałękowska, Mateusz Freidenberg, Weronika Juzyszyn, Angela Klein, Katarzyna Kordas, Michał Krawczyk, Julia Łucyk, Łucja Marcinkowska, Natalia Predel, Julia Smagowicz, Marta Sobolewska und Agata Wagner. Berater waren im Bereich Botanik Bartosz Kurnicki (Universität Stettin) und im Bereich Literatur und lokale historische Bezüge – Przemysław Głowa (Stadtführer). Im Rahmen einer Serie von Workshops suchten wir nach Antworten auf Fragen nach Verhandlungsmöglichkeiten zwischen Menschen und Flora, wobei wir unsere Konzepte mit den oben genannten Experten konsultierten. Die Gruppen beschäftigten sich mit verschiedenen Dimensionen der Beziehung Stadt-Pflanzen-Menschen. Bei der Arbeit nutzten wir unter anderem Fotogramme und Matrizentechniken (strukturierte Mind-Map) und analysierten Räume und Zonen-Typen für den Kontakt zwischen Mensch und Natur. In der Anfangsphase arbeiteten wir an den ideologischen Grundlagen des Projektes und experimentierten mit ersten Prä-Prototypen, die mit der Thematik unserer Arbeit zusammenhingen.Wir untersuchten das Potenzial des Dialoges zwischen verschiedenen Lebensräumen und gaben der Natur ihren Raum zurück, indem wir auf die Dominanz des Menschen verzichteten. Mit dem Projekt engagierten wir uns auch konzeptionell für die Diskussionen über die Geopolitik von Pflanzen, (Neo)Kolonisierung und artenübergreifende Beziehungen. Eines der Ergebnisse unserer Workshops war die Identifizierung einer konzeptionell unbearbeiteten Achse, die durch folgende Pole gekennzeichnet ist: die futuristische/postapokalyptische Stadt mit Natur in ausschließlich virtueller Form auf der einen Seite und der Zustand „vorzivilisatorischer“ Natur auf der anderen. In unserer Interpretation erwiesen sich zwei Prozesse als wesentlich: das Verhandeln (von Kontrolle, Annahme der Rollen und der Organisation von Interessen) sowie die Symbiose, d.h. Koexistenz im Gleichgewicht, gemäß dem Willen und den Interessen beider Seiten (Pflanzen und Menschen). Aus den untersuchten Beispielen, wie bewachsene Bordsteinkanten, Schuttstellen und Ödland, ergab sich ein Bild der unkontrollierten Pflanzenwelt, die ihre Anwesenheit in verschiedenen städtischen Räumen verhandelt, wobei sie eigene (d.h. von Menschen unabhängige) Interessen durchsetzt. Die Idee, die diese beiden Prozesse miteinander verbindet, definierten wir als das Einrichten von diplomatischen Kanälen, die zur Aufnahme gegenseitiger politischer Beziehungen zwischen Mensch und Natur dienen sollen. Diese Idee haben wir „Botschaft der Natur“ genannt.

Überwuchern + Botschaft der Natur, Stettin | © Foto: Projektarchiv
BERLIN (21.–22.09.2023) Arbeitsbesuch im Zentrum für Kunst und Urbanistik und Begegnung mit Wissenskoproduzenten (Miodrag Kuč, Matthias Einhoff), Konsultation mit dem Residenten (Stefan Koderisch) und dem Begründer des Zyklus Klimaart; Besuch im Futurium und unter anderem Besichtigung der Ausstellung Baubotanik (bezieht bei der Planung von Konstruktionen Pflanzen ein).
STETTIN (28.09.–01.10.2023) Erste Residenz von Stefan Koderisch, dem Berliner Künstler und Aktivisten, der die Idee von der Botschaft der Natur mit kreiert hat.
STETTIN (18.03.2024) „Über komplexe Beziehungen: Menschen – Architektur – Pflanzen – Begegnung“ im Kulturzentrum Lokatorne. Ort für antidisziplinäre Aktionen auf Einladung von Prof. Karolina Breguła und Weronika Fibich.
WARSCHAU (8.–9.05.2024) Vortrag „Überwuchern. Beziehungen zur Flora in der Epoche des Post-Konfortozäns“ im Rahmen monatlicher Seminare von EUROREG an der Universität Warschau auf Einladung von Prof. Agnieszka Olechnicka.
DANZIG (13.–14.05.2024) Arbeitsbesuch im Institut für Städtische Kultur (Projektpartner); Vortrag: „Menschen – Architektur – Pflanzen: jenseits des Kontrollparadigmas“ für Studenten der Architektur an der Technischen Universität Danzig auf Einladung von Prof. Małgorzata Dymnicka; Gespräch mit Dr. Anna Zadrożna (Universität Danzig) und Zofia Worosz (Universität Danzig) vom Projekt PLAURCI (Plants as urban citizens).
STETTIN (13.06.2024) Teilnahme des Teams „Überwuchern“ an der Konferenz Animacje naturykultury. Przekraczając marazm [Animation von NaturKultur. Den Stillstand überwinden], auf Einladung von Dr. Aneta Makowska (Institut für Pädagogik an der Universität Stettin).
STETTIN (12.07.2024) Eröffnung der Ausstellung „Überwuchern + Botschaft der Natur“ im INKU (Inkubator Kreativer Sektoren in Stettin). Präsentation des Prototyps und die Zusammenfassung der Arbeit in Verbindung mit dem Projekt „Labor für Glücksforschung“.
STETTIN (15.07.2024) Führung durch die Ausstellung „Überwuchern + Botschaft der Natur“ und Begegnung mit Ming-Jiun Tsai aus Taiwan – eine Künstlerin, die sich mit Umwelt, Natur und Ökologie befasst.

Überwuchern + Botschaft der Natur, Stettin | © Foto: Projektarchiv
Welche Antworten haben wir gefunden?
Pflanzen als Akteure, die Ruinen menschlicher Zivilisation überwuchern, bilden das Hauptmerkmal von Untergangszenarien. Wenn wir über die Stadt ernsthaft als artenreiche Gemeinschaft nachdenken, müssen wir auch bereit sein für Begegnungen mit Bewohnern, die dieser Gemeinschaft weniger wohlgesinnt sind. Fangen wir bei den Pflanzen an. Die Stadt muss sich auf neue Szenarien einstellen: Soll die Pflanzenwelt um jeden Preis erhalten werden oder lässt man zu, dass immer mehr Gebiete überwuchert werden – auch im Hinblick auf fehlende Ressourcen und Auflagen, die für die Entfernung von Pflanzen notwendig sind. Deshalb müssen Forschungen zur Beteiligung von Städten und Menschen an Mechanismen des Wachstums, des Überwucherns und der Aufnahme von Beziehungen zwischen Pflanzen und ihrer Umgebung weitergeführt werden.
Harmonische Beziehungen zwischen Stadtbewohnern und der Pflanzenwelt erfordern es, Abgesandte zu empfangen und eine Botschaft der Natur einzurichten, die Offenheit für das Eindringen von Pflanzen in den städtischen Lebensraum repräsentiert.
Weil unser Thema der Raum für Verhandlungen (von Menschen und Pflanzen) ist, haben wir uns auf die Konsequenzen der Exterritorialität und der Anerkennung der politischen Subjektivität der Flora – „der schweigenden Welt“ – konzentriert. Wir wollen die Rituale der modernen Diplomatie, mit ihren Akteuren, ihrer Sprache, ihren Praktiken und ihren Räumen als Instrumente einsetzen für die Erforschung der Beziehungen zwischen Menschen und Pflanzen im städtischen Raum. Obwohl der Standpunkt der Pflanzen (als schweigende Akteure) für uns lediglich eine Mutmaßung ist, erscheint uns allein das Konzept der Aufnahme diplomatischer Beziehungen als interessantes Feld der Neudefinition von Begriffen aus dem Wortschatz der Ökonomie und Politik. Natürliche Ressourcen, Kolonisierung, Invasion und Sukzession sind weiterhin lebendige Kategorien der Sprache sowohl in der Botanik als auch bei der Beschreibung von internationalen Beziehungen. Es existieren weiterhin zahlreiche Möglichkeiten, Pflanzen in das städtische Gewebe einzubinden. Wir denken hierbei an sowohl temporäre Installationen, die beispielsweise Umzäunungen von bebautem Gelände zu nutzen, wie auch private Botschaften der Natur. Für jede dieser Maßnahmen sollten die Kosten und der Nutzen für die Umwelt abgeschätzt werden.
Prototyp und Ergebnisse
Anfang Juni 2023 stellten wir in ausgewählten Biotopen rund um Stettin mit Erde befüllte Holzkisten auf, damit diese durch Samenausbreitung unkontrolliert von wilden Pflanzen bevölkert werden konnten. Hierbei zählte zu den unterschiedlichsten Lebensräumen (Wiese, Wald, Brachland) auch das Gelände der alten Hydrierwerke in Police/Pölitz, das unter anderem in dem Film „Na srebrnym globie“ (Der silberne Planet, Premiere 1989) von Andrzej Żuławski verewigt wurde. In den Aufnahmen für diesen Film kommt die Pflanzenwelt auf dem Gelände der Fabrikruine praktisch nicht vor. Heute ist das Gebiet eine wildes Walddickicht mit 20–30 Meter hohen Bäumen und üppigen Sträuchern. Die Pflanzenwelt hat komplett die Kontrolle über das gigantische Gelände der Fabrikruine übernommen, die während des Zweiten Weltkrieges zur deutschen Militärmaschinerie gehört hatte.
In jedem der drei Monate „Botschaft“ tauchten unterschiedliche Pflanzenarten auf (unter anderem Hühnerhirsen und andere Pflanzen aus der Familie der Süßgräser) und Insekten (meistens Spinnen). Die Botschaften wurden mitsamt der Erde und dem Pflanzenbewuchs in die Stadt verbracht und dort im Garten auf dem Gelände des Stettiner Kultur-Inkubators aufgestellt.
Lokale Ausstellung
Am 12. Juli 2024 eröffneten wir in den Räumen des Stettiner Kultur-Inkubators die Ausstellung „Überwuchern + Botschaft der Natur“, die aus drei zusammenhängenden Expositionen bestand. Bei der ersten handelte es sich um eine Installation, in der der Rezipient den Botschaftern begegnet – Pflanzen, die spontan die Pflanzenkisten in Vorstadtgebieten bewachsen haben. Die Botschaftsräume waren durch ein Gerüst mit einem Vorhang abgetrennt und wurden Besuchern, die den Botschaftern in einem geschützten Raum begegnen wollten, zugänglich gemacht, nachdem sie sich mit dem diplomatischen Protokoll vertraut gemacht hatten. Über den Pflanzenkisten waren Schaukästen angebracht, die die Mitteilung der Botschafter präsentierten, indem sie Elemente von Forschungsarbeiten an Materialien zeigten, die beim Konstruieren der biologisch abbaubaren Öko-Botschaft (natürliche Klebstoffe, getrocknete Gräser und gepresste organische Materialien) verwendet wurden.
Der zweite Teil der Ausstellung war eine Sammlung von Gipsabgüssen und Ton-Abdrücken, auf denen die nicht-menschlichen Teilnehmer des Projektes porträtiert wurden: Pflanzen der ersten Botschaften. Die Abdrücke wurden in einer Form präsentiert, die an Fossilien aus dem Karbon-Zeitalter erinnern, wie sie auf Oberflächen von Steinkohleschollen gefunden wurden. Der letzte Teil der Ausstellung bestand aus einer Schautafel-Serie – eine Dokumentation des kollektiven Arbeitsprozesses in den Workshops im Rahmen des Projektes „Überwuchern“ sowie der Aktionen, die mit der Einrichtung der Botschaften zusammenhingen. In dem Teil, der der Forschungs- und Entwicklungsarbeit gewidmet war, zeigten wir die Prototypen und mögliche Anwendungen der im Projekt erarbeiteten Lösungen. Eine Zusammenfassung unserer Arbeit ist auch ein Artikel, der in der Zeitschrift Porównania abgedruckt wurde (Veröffentlichung in der Sonderausgabe 3/2024 unter dem Titel „Miejska dżungla – miejska pustynia – miejska łąka“ [Stadt-Dschungel – Stadt-Wüste – Stadt-Wiese]).
M. Kowalewski, M. Ostrowski, M. Sobolewska, D. Kowalewska, N. Predel, K. Kordas „Botschaft der Natur. Über die Bedeutung des Überwucherns und andere Beziehungen zu Pflanzen.“

Überwuchern + Botschaft der Natur, Stettin | © Foto: Projektarchiv
Umsetzung
Wir plädieren dafür, „Überwuchern“ sowohl in praxisnahen als auch ideologischen Bereichen zu erforschen. Unserer Einschätzung nach sind weitere Untersuchungen und Umsetzungen in folgenden Varianten möglich:
→ Private Botschaften der Natur:
Jeder von uns hat in seiner unmittelbaren Umgebung potenzielle Orte, die sich für eine Botschaft der Natur anbieten. Ungenutzte Beton- und Bolzplätze zwischen Plattenbauten, vernachlässigte Grünanlagen, Vorgärten, Loggias und Balkone. Jeder dieser Orte kann mit wenig Arbeitsaufwand zu einem neuen Lebensraum für Natur werden. Ein leerer Blumentopf, der mit Erde gefüllt wird, kann zu einem Heim für Pflanzen und Insekten werden, und ein betonierter Platz zu einer städtischen Blumenwiese.
→ Nutzung von Elementen der Infrastruktur:
Das städtische Gewebe ist voller Infrastruktur, die die Funktion von Pflanzen-Biotopen erfüllen könnte. Ein besonderes Potenzial nehmen wir wahr in temporären Elementen, die beispielsweise an Baustellen auftreten. Gerüste und Zäune sowie alle möglichen räumlichen Abgrenzungen, die temporär aufgestellt werden, fügen sich für viele Monate in das Stadtbild ein. Sie könnten eine hervorragende Grundlage für Botschaften der Natur bilden. Ein Vorzug solcher Anwendungen könnte die Nutzung von überwuchernden Pflanzen als Lärmschutz und natürlicher Filter gegen Luftverschmutzung sein.
→ Bewusste Koexistenz:
In der uns umgebenden Welt, insbesondere in bebautem Gelände, wird die Natur an den Rand gedrängt. Gleichzeitig beobachten wir zahlreiche Beispiele, wo Vertreter der Flora versuchen, sich im städtischen Raum anzusiedeln. Als charakteristischste Beispiele wären die Samenausbreitung und die Expansion von Pflanzen an Gebäudefassaden zu nennen. Im Sinne des „Platzmachens“ schlagen wir vor, den Kampf gegen das, was wild und ungeplant ist, aufzugeben zu Gunsten der Suche nach Lösungen, die Koexistenz ermöglichen und unterstützen. Doch die Forderungen nach Verzicht auf Kahlschlag, Mähen, Ausrottung von Pflanzen, Algen und Flechten verlangen Forschungen und Diskussionen – wir brauchen mehr Wissen über die Vorzüge oder Nachteile, die daraus entstehen, wenn Pflanzen Platz zugestanden wird.
→ Urban plants literacy:
Wir brauchen mehr Engagement bei der Entwicklung von etwas, was wir „Urban plants literacy“ genannt haben – die Fähigkeit, die Rolle von Pflanzen in städtischen Ökosystemen zu verstehen und anzuerkennen. Sie umfasst ökologisches, (ethno)botanisches Wissen, darunter das Erkennen von Arten und die Fähigkeit des praktischen Anbaus von Flora.
→ Das Geschenk der Erde:
Früher nahmen Dorfbewohner, die in andere Länder auswanderten, oft einen Säckchen Heimaterde mit sich. In den Westlichen Gebieten Polens hatte diese Geste besondere Bedeutung: sie zeigte, dass urbare Erde als sich-zu-eigen-gemacht galt. Von dieser Vorgehensweise sollten wir uns heute inspirieren lassen: Lasst uns Räume verbinden, indem wir das Geschenk der Erde miteinander teilen.
→ Austausch von Pflanzen:
Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Pflanzen sollte als Muster für die Stärkung der Freundschaft mit anderen Menschen oder Institutionen gelesen werden. Lasst uns als Zeichen des guten Willens Pflanzen austauschen!
→ Workshops für Schulen:
Kisten mit Erde in wildem Gelände aufzustellen und später die Arten der gewachsenen Pflanzen zu bestimmen, kann eine interessante Lektion der Natur sein. Schüler bekommen die Chance, die Diversität von Ökosystemen kennenzulernen, die in ihrer Umgebung auftreten. Sie können kontinuierlich das Wachstum und den Lebenszyklus der Pflanzen beobachten, Arten erkennen und sich dadurch mit der wilden Natur von Neuem „vertraut“ machen.
→ Pflanzenstatistik:
Wir haben immer perfektere Instrumente und Ziffern, die sich auf das städtische Grün in öffentlichen Räumen beziehen, aber was ist mit privaten Räumen? Wir nehmen die Notwendigkeit wahr, Forschungen zur gesamten und durchschnittlichen Zahl von vorhandenen Pflanzen in den Häusern der Polinnen und Polen anzustellen.

Überwuchern + Botschaft der Natur, Stettin | © Foto: Projektarchiv
LITERATUR
Chutorański, M. (2022), Nieantropocentryczna pedagogiczność lasu, „Forum Pedagogiczne“, 12(2), S. 127–139.
Ergas, C., & York, R. (2023). A plant by any other name: … Foundations for materialist sociological plant studies, „Journal of Sociology“, 59(1), S. 3–19.
Gandy, M. (2022). Natura Urbana: Ecological Constellations in Urban Space. MIT Press.
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Mencwel, J. (2020). Betonoza: jak się niszczy polskie miasta, Warszawa: Wydawnictwo Krytyki Politycznej.
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Ogden, L. A., Hall, B., Tanita, K. (2013). Animals, Plants, People, and Things: A Review of Multispecies Ethnography, „Environment & Society“, 4(1), S. 5–24.
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Szpunar, M. (2022), Nieobecność roślin w humanistyce. O potrzebie plant studies, symbolice drzew, lasu i ich terapeutycznych właściwościach, „Forum Pedagogiczne“, Bd. 13, Nr. 2, S. 101–114.
Tsing, A. L. (2015). The Mushroom at the End of the World: On the Possibility of Life in Capitalist Ruins, Princeton University Press.
Zamorska, M. (2022). Z uważnością i troską: feministyczne studia nad roślinami, „Ruch Prawniczy, Ekonomiczny i Socjologiczny“, 84(1), S. 197–212.
Socjolog, profesor Uniwersytetu Szczecińskiego. Zajmuje się studiami miejskimi i polityką protestu. Kierownik UNESCO Chair for Social Sustainability. Stypendysta DAAD i Fundacji na Rzecz Nauki Polskiej. Przewodniczący Sekcji Socjologii Miasta PTS w latach 2019–2022, członek Komitetu Socjologii PAN w kadencji 2024–2027. Autor m. in. książki Protest miejski. Przestrzenie, tożsamości i praktyki niezadowolonych obywateli miast (Kraków 2016). Angażuje się również w działania artystyczne (sztuki wizualne, poezja). Mieszka i pracuje w Szczecinie.
MAREK OSTROWSKI
Architekt i twórca audiowizualny. Absolwent Wydziału Budownictwa i Architektury Politechniki Szczecińskiej na kierunku Architektura i Urbanistyka. Od 2007 r. prowadzi autorską pracownię projektową Studio SODA. W pracy zawodowej zajmuje się głównie projektowaniem architektury mieszkaniowej i grafiki użytkowej. Od 2008 r. asystent na Wydziale Architektury ZUT w Szczecinie. W pracy naukowej zajmuje się problematyką mieszkalnictwa i zagadnieniami społecznymi w architekturze. Współzałożyciel nowofalowego zespołu MIZERIA. Mieszka i pracuje w Szczecinie.
MONIKA KLEIN
(lokalna koordynatorka projektu) Adiunktka na Uniwersytecie Szczecińskim i Akademii Sztuki w Szczecinie. Jest politolożką i ekonomistką z doświadczeniem zawodowym zarówno w nauce, jak i przemyśle. Specjalizuje się w modelach biznesowych przemysłów kreatywnych, innowacyjności i przedsiębiorczości w rozwoju regionalnym oraz procesach zarządzania w firmach kreatywnych.
Teilnehmer der Workshops:
Marzena Bałękowska, Mateusz Freidenberg, Weronika Juzyszyn, Angela Klein, Katarzyna Kordas, Michał Krawczyk, Julia Łucyk, Łucja Marcinkowska, Natalia Predel, Julia Smagowicz, Marta Sobolewska, Agata Wagner
Organisatorische Unterstützung:
Zuzanna Kapanajko, Marta Krajniak, Magda Roman, Agata Wagner, Katarzyna Zarek
Berater:
Bartosz Kurnicki (Universität Szczecin) – im Bereich Botanik
Przemysław Głowa (Stadtführer) – im Bereich Literatur und lokale historische Bezüge
Wissenskoproduzenten:
STEFAN KODERISCH
Urbanist, der mit dem Berliner Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U) zusammenarbeitet, konzentriert sich auf die Konzeptualisierung und das Moderieren von kreativen Prozessen und Koproduktionen, arbeitet außerdem an grafischen Projekten und der Visualisierung von Herausforderungen, die mit der Städteplanung einhergehen. Er hat an der Technischen Universität in Berlin und der Universität von Kalifornien in San Diego Urbanistik studiert. Initiator und Moderator des Projektes Klimakunstlabor des (ZK/U), einem Reallabor, in dessen Rahmen sich gemeinschaftlich und transdisziplinär mit Fragen nach den Folgen des Klimawandels und ihrer Adaption befasst wird. Seit 2023 leitet er im ZK/U das Projekt ClimArt, das modellhafte, kooperative und nachhaltige Klimaanpassungsmaßnahmen in Form von künstlerischen Interventionen aufzeigen will. Über seine Aktivität im ZK/U hinaus arbeitet er derzeit in der AG.URBAN, einer Arbeitsgruppe für die Entwicklung von Beteiligungsformaten im städtischen Raum. Hier konzentriert er sich auch auf die Anpassung an den Klimawandel.
STOWARZYSZENIE MEDIA DIZAJN
[Verein MEDIA DESIGN]
lokaler Organisator
ul. Ks. Bp. Władysława Bandurskiego 96/23
71-685 Szczecin
INKU INKUBATOR SEKTORÓW KREATYWNYCH
[INKU – Inkubator Kreativer Sektoren]
Veranstaltungsort für lokale Events
al. Wojska Polskiego 90
70-482 Szczecin
Internetseite des Projektes:
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