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Literatur aus Deutschland
Lesestoff für Jugendliche

Ein Buch für Jugendliche in einer Buchhandlung
Büchertrends für die Jugendliche | Foto (Detail): ©picture alliance / SZ Photo | Stephan Rumpf

Die Jugendliteratur erlebt in Deutschland einen bemerkenswerten Boom, der während der Pandemie begann. Jugendliche teilen ihre Leseerfahrungen in sozialen Netzwerken, was den Erfolg weiter antreibt. Wir werfen einen Blick auf die beliebtesten Sparten der Jugendliteratur.

Von Roswitha Budeus-Budde

Jugendliche Leser*innen beleben seit einigen Jahren den Buchmarkt. Besonders beliebt sind Bücher aus den Genres „Young Adult“ und „New Adult“ mit ihren Dark Romance-, Romantic- und Fantasy-Titeln. Diese erscheinen in einigen Kinder- und Jugendbuchverlagen sogar als Imprints, also in eigenen Zweitmarken.

Vorläufer dieses Trends waren Die Twighlight-Serie von Stephenie Meyer und Suzanne Collins’ Tribute von Panem. Richtig in Fahrt kam der Hype aber während der Corona-Zeit, als die sozialen Medien zum wichtigsten Kommunikationsmittel von Jugendlichen auch zum Thema Literatur wurden. Um den Hashtag #BookTok bildete sich innerhalb der App „TikTok“ eine wirkmächtige Online-Community für Buchempfehlungen. Auch „Lovelybooks“ boomte, ein soziales Netzwerk für Literaturinteressierte, das seit 2021 einer Tochter der Hugendubel Medien gehört. Auf diesen Plattformen korrespondieren sie mit einer Gemeinschaft Gleichaltriger, mit denen sie sich über neue angesagte Bücher austauschen, und können auch selbst als Kritiker*innen und Autor*innen auftreten.

Enemies-to-lovers

Bookcover: “Moonlight Academy” and “Jane and the Secrets of Branwell Hall”

Bookcover: “Moonlight Academy” and “Jane and the Secrets of Branwell Hall” | Photo (left): © Carlsen / Photo (right): © Loeve


Besonders beliebt ist in den Büchern das Motiv „Enemies-to-Lovers“: Typisch für die Young-Adult-Literatur ist, dass es trotz aller Schwierigkeiten zwischen den Liebenden immer ein Happy End geben wird. Die Autorin Julia Kuhn erzählt in ihrem neuen Fantasy-Band Moonlight Academy eine Geschichte aus der irischen Feenwelt. Eine alte Weissagung und die Fehde ihrer verfeindeten Familien zerstören die Liebe von Elanor und Elijah. Im Internat „Moonlight Academy“ begegnen sich die beiden wieder und führen einen dramatischen Kampf um ihre gemeinsame Zukunft und das Weiterbestehen ihrer Schule.

In Jane und die Geheimnisse von Branwell Hall von Mechthild Gläser gerät die 18-jährige Jane, die Deutschland verlässt, um in das Cottage ihrer verstorbenen irischen Großmutter zu ziehen, in die Fänge des magischen hinterlistigen Volkes der Fae. Deren Treiben gefährdet auch die Familie Branwell, bei der Jane als Au-Pair arbeiten soll. Nur mit ihrer eigenen Magie kann sie den erwachsenen Sohn, der sie bald fasziniert, und die kleine Schwester vor dem endgültigen Untergang und dem Verschwinden in die Feenwelt retten.

Beide Titel gelten als Young-Adult-Literatur und sind empfohlen ab 13 Jahren. Sie finden, wie ein Großteil der Fantasyliteratur, problemlos ihre Leserschaft. Die New Adult Literatur dagegen richtet sich an junge Erwachsene und die Charaktere befinden sich oft am Beginn ihres Erwachsenenlebens. Auch hier sind die Protagonist*innen auf der Suche nach der waren Liebe, doch die Darstellungsweise in diesem Genre mit ihren expliziten Sexszenen findet zunehmend die Kritik erwachsener Literaturvermittler.

All-Age-Literatur und Belletristik

Buchcover von „Popcorn süß – salzig“ und „beat vor der eins“.

Buchcover: „Popcorn süß – salzig“ und „beat vor der eins“. | © Mixtvision


Die Buchhandlungen haben mit speziellen Ausstellungen und Leseinseln auf die neuen jugendlichen Käufer*innen reagiert – die Bundesregierung sogar mit einem Geldgeschenk. Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth vergibt seit 2022 jedes Jahr für alle Jugendlichen, die 18 Jahre alt werden, einen Kulturgutschein. Anfangs waren es 200 Euro, heute 100 Euro. Die Erfahrung im Buchhandel zeigt, dass die jungen Erwachsenen im Geschäft häufig auch weitere All-Age-Titel anschauen und darüber auch die anspruchsvollere Literatur entdecken.

So zum Beispiel Lena Hach und ihren Jugendroman Popcorn süß – salzig. Neben einer ungewöhnlichen und sehr schrägen Liebesgeschichte mit dem klassischen Motiv der inszenierten Eifersucht ist der Roman eine Persiflage auf das Geschäft mit Unterhaltungsliteratur. Wer hat schon, wie die 15-jährige Heldin Ruby, eine Mutter, die sehr erfolgreich damit ist und viel Geld verdient? Ihre Bücher, unter wechselnden Pseudonymen erscheinend, sind „erotische Historienromane“, „Kriminalromane mit heißen Szenen“ und „Krankenhausgeschichten mit noch mehr Sex“. Weil die Autorin unter einer Schaffenskrise leidet, kommt sie auf die Idee, eine Geschichte aus dem realen Leben von Jugendlichen zu schreiben und verwendet Rubys sehr schräge Fake-Liebesgeschichte heimlich als Stoff. Nicht nur die fetzigen Dialoge sind ein großes Vergnügen. Die Leserinnen, oft selbst vom Schreiben fasziniert, lernen hier was „Tropes“, „Fake Dating“ oder „Stuck Together“ bedeuten.
 
In Fucking Fucking Schön fesselt Eva Rottmann mit einer ungewöhnlichen literarischen Darstellung in einer harten, direkten Jugendsprache ihre Leser*innen in Erzählungen über die Anfänge der Liebe. Es sind zehn besondere Begegnungen, in denen Jugendliche Liebe und Begehren als Herausforderung, als Glück oder Frust und Gefahr erleben. Immer wieder werden die Texte unterbrochen durch kurze Zwischenspiele, die direkt und ohne Tabus Fragen zur Sexualität und Liebe ohne romantische Idealisierung beantworten.

Wie schwierig es ist, erwachsen zu werden, kann die 15-jährige Ina nur noch in Textstücken aus freier Lyrik herausschreien: Sie ist die Hauptperson in beat vor der eins von Alexandra Helmig. Ihre emotionalen Katastrophen, die Familiensituation mit Eltern, die ihr keinen Halt und Sicherheit geben, werden in dieser Coming-of-age-Geschichte noch durch übergriffigen Sex verstärkt. Hart und knapp, wie Poetry Slam, schildert Ina in ihren Texten ihre Situation und wird einen Ausweg finden.

Spannung und dramatische Helden

Buchcover: „Scandor“ und „Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach“.

Buchcover: „Scandor“ und „Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach“. | Foto (links): © Loeve / Foto (rechts): © Rotfuchs


Andere Jugendbücher setzten weniger auf Gefühle, sondern stellen Spannung, überraschende Aufgaben und dramatische Szenen, die den Helden herausfordern, in den Vordergrund.

Ursula Poznanski überträgt in dem raffinierten Plot von Scandor die Computerspiele-Welt einer „Battle Royal“ vom Bildschirm in die Realität. Die Firma VeriTech sucht Teilnehmer*innen, die ihren neuen Lügendetektor Scandor testen sollen. Wem es gelingt, eine bestimmte Zeit ohne Lüge zu überstehen, erhält fünf Millionen Euro als Siegesprämie. Im Mittelpunkt stehen zwei Jugendliche, die bald begreifen, dass es nicht nur um Lügen, sondern um ehrliche Gedanken und Gefühle geht. Ein Psychothriller mit ungewöhnlichen und spannenden Wendungen, in dem Humanität und Mitgefühl über Gier und Gemeinheit siegen.

Eine Herausforderung und gleichzeitig ein Übergang zur Belletristik ist der Titel Alles im Grünen oder Wie ich die Kette der Beschissenheit durchbrach von Filiz Penzkofer. Drei Jugendliche leben zusammen in einer betreuten Wohngemeinschaft mitten in Berlin: Musti, ein syrischer Geflüchteter, der aus einem alten verstaubten Buch seltsames Deutsch lernt. Queen Tiger, die bei eBay-Kleinanzeigen „Schwarze Magie von Voodoo-Priesterin“ anbietet. Und Rabea, die unter einem Angstsyndrom leidet, das sie ständig durch Vogelzwitschern bekämpft. Als ihre Vermieterin plötzlich tot in ihrer Wohnung liegt, müssen sie sie unbedingt aus dem Haus schaffen, weil ihnen keiner glauben wird, dass sie nicht daran schuld sind. Eine abenteuerliche Flucht durch die Stadt beginnt, mit unglaublichen grotesken Szenen. Sie geben auf absurde Weise ein Zerrbild der deutschen Gesellschaft wieder. Die neue Gemeinsamkeit und das Verständnis der Jugendlichen füreinander spielen am Schluss eine wichtige Rolle in ihrem Versuch, „die Beschissenheit“ ihres Lebens zu ändern.
 

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