Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)

Drohnen und die nachhaltige urbane Mobilität
Roboter am Himmel

Die Passagierdrohne erreicht Orte, an die der Hubschrauber aufgrund seiner Größe nicht gelangen kann.
Die Passagierdrohne erreicht Orte, an die der Hubschrauber aufgrund seiner Größe nicht gelangen kann. | Foto: Pixabay

Die autonomen Flugtaxis der Firmen Volocopter aus Bruchsal in Baden-Württemberg und Lilium aus Weßling in der Nähe von München stehen kurz vor der Markteinführung. Die nachhaltige urbane Mobilität wird um eine dritte Dimension erweitert: den Luftraum.

Von Sławomir Kosieliński

Der Flughafen Frankfurt liegt 14 km vom Stadtzentrum entfernt. Die gesamte Fahrzeit mit dem Auto beträgt ca. 25 Minuten. Es ist besser, die S-Bahn zu wählen, da die Fahrt in die Innenstadt etwa 11 Minuten dauert und die Züge alle 15 Minuten fahren. Vom Flughafen des Billigflughafens Frankfurt-Hahn, der 124 km westlich des zentralen Teils der hessischen Hauptstadt liegt, ist es etwas schwieriger, das Zentrum zu erreichen. In München wird die S-Bahn wieder eine gute Lösung, dank der man in 38 Minuten zum Marienplatz gelangen kann.

Reisezeit und -kosten müssen bei der Planung jeder Reise berücksichtigt werden. Man kann sich beispielsweise dafür entscheiden, mit dem Zug in 3 Stunden und 24 Minuten vom Zentrum von Paris ins Zentrum von Brüssel zu reisen. Obwohl die Flugzeit mit dem Flugzeug durch den Himmel nur 17 Minuten beträgt, dauert die gesamte Reise einschließlich aller Fahrten und Kontrollen bis zu 5 Stunden. Natürlich kann man immer noch einen Hubschrauber oder Privatjet mieten, aber wer kann es sich leisten? Dies kann sich jedoch schon bald ändern – unter anderem dank der Bemühungen der zwei deutschen Start-up-Unternehmen Volocopter und Lilium.

Baden-Württemberg – die Wiege der Mobilität

In Baden-Württemberg wurden bereits das Fahrrad, das Motorrad und das Automobil erfunden. In der Landeshauptstadt Stuttgart befindet sich die Zentrale des Daimler-Konzerns. Und im 70 Kilometer nordwestlich von Stuttgart gelegenen Bruchsal entwickelt die Firma Volocopter eine vierte baden-württembergische Erfindung, die die Welt des Reisens nachhaltig verändern wird: den VoloCity, ein autonomes Flugtaxi oder, anders ausgedrückt, eine Passagierdrohne mit der Fähigkeit zum Senkrechtstart und zur Senkrechtlandung (eVTOL).

Über der Kabine des VoloCity befindet sich ein über neun Meter breiter umlaufender Rahmen mit 18 elektrisch betriebenen Rotoren, die mit 65 Dezibel nicht lauter sind als ein handelsüblicher Staubsauger. Die Kabine hat eine Länge von drei Metern sowie eine Breite und Höhe von 1,2 Metern. Der VoloCity besitzt ein Kufen-Landegestell. Im Inneren der Kabine befinden sich zwei bequeme Sitze und ein Bildschirm, der nicht nur der Unterhaltung dient, sondern auf dem man auch die Flugroute nachverfolgen und Kontakt mit dem Flugverkehrskontrollzentrum aufnehmen kann.

Aus dem verglasten Cockpit bietet sich ein atemberaubender Ausblick. Komplexe Algorithmen und sich gegenseitig überwachende Computer sorgen dafür, dass wir uns entspannt zurücklehnen und die Landschaft genießen können. Sie geben uns die Sicherheit, dass der in einer Höhe von zwei Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h fliegende Volocity nicht plötzlich abstürzt.

Der Volocopter wurde für innerstädtische Flüge mit einer Distanz von bis zu 30 Kilometern entwickelt. Eben dieser Bereich stellt in Zeiten der globalen Urbanisierung eine Lücke in der nachhaltigen urbanen Mobilität dar (siehe Schaubild unten). In weniger als dreißig Jahren werden zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben. Die Zahl der zurückgelegten Kilometer pro Person nimmt ständig zu. An neuralgischen Verkehrspunkten bereitgestellte Volocopter werden den Menschen dabei helfen sich schneller durch die Riesenstädte der Zukunft zu bewegen, vor allem in Bereichen, die ein schwieriges Terrain aufweisen und in denen kein zusätzlicher Fahrbahnausbau möglich ist. Sie werden den Städten dabei helfen, den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern und alternative, insbesondere emissionsfreie Mobilitätskonzepte zu etablieren.

Die Betreiber der Firma sind davon überzeugt, dass ihre Flugtaxis bereits in drei Jahren in Städten wie Köln, Stuttgart, Helsinki, Paris, Wien und Shanghai zum Einsatz kommen werden. Und ihre Investoren teilen diese Überzeugung. Der Daimler-Konzern beteiligte sich bereits 2017 mit einer Investition von 25 Millionen Euro. Und zwei Jahre später gewann das Unternehmen mit der chinesischen Zhejiang Geely Holding Group (Geely Holding), dem Eigner des schwedischen Autokonzerns Volvo, einen weiteren finanzstarken Partner. Insgesamt hat die Firma Volocopter bisher rund 94 Millionen Dollar an Investitionen erhalten und kann hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. 

Bayern erhöht den Einsatz

Die Münchener Firma Lilium, die ein Konkurrenz- beziehungsweise ein Komplementärprodukt entwickelt, konnte bereits 342 Millionen Euro an Investitionen einsammeln. Zu ihren Investoren zählt auch die schottische Fondsgesellschaft Baillie Gifford, die einer der Hauptanteilseigner des Elektroautobauers Tesla ist. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Investoren, die auf elektronisch betriebene Fahrzeuge setzen, auch in die Entwicklung autonomer Flugtaxis investieren. Es ist der Versuch einer Positionierung in der neuen urbanen Mobilität.

Die Firma Lilium spielt jedoch in einer anderen Liga als die Konstrukteure aus Bruchsal. Der Lilium Jet ist ein 36-motoriges, elektrisch angetriebenes, senkrecht startendes und landendes Luftfahrzeug. Die in die vier Tragflächen integrierten Propeller und Triebwerke werden zum senkrechten Start nach unten geschwenkt. Der Lilium Jet kann in einer Stunde etwa 300 km zurücklegen. Das bayerische Start-Up-Unternehmen setzt also auf eine Klientel, die zum Beispiel in 15 Minuten zum Münchener Flughafen, in einer halben Stunde von München nach Nürnberg oder in einer Stunde nach Frankfurt gelangen möchte. Auch ein Flug vom New Yorker Stadtteil Manhattan zum John F. Kennedy Flughafen dauert mit dem Lilium Jet nur etwa eine Viertelstunde. Überall dort, wo es auf jede Minute ankommt, soll die bayerische Erfindung zum Einsatz kommen. 

Ein weiterer Vorteil des Lilium Jets gegenüber dem Volocity ist, dass er vier Passagiere und einen Piloten aufnehmen kann. Der Letztere wird zumindest noch so lange unentbehrlich sein, bis sich die Menschen an das autonome Fliegen gewöhnt haben.

In der Münchener Fabrik sollen jedes Jahr mehrere Hundert autonome Flugtaxis gebaut werden, damit rechtzeitig zur Markteinführung im Jahr 2025 genügend Exemplare zur Verfügung stehen.

Auch Konzerne wie Airbus und Boeing arbeiten bereits eifrig an eigenen Prototypen, die den autonomen Flugtaxis der Firmen aus Bruchsal und München nacheifern sollen.
Nachhaltige urbane Mobilität
Hinter diesem Begriff verbirgt sich die harmonische Verbindung und gegenseitige Ergänzung von unterschiedlichen Mobilitätsformen: zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem öffentlichen Personennahverkehr, mit dem Fernverkehr und mit Passagierdrohnen. Die nachhaltige urbane Mobilität soll nicht nur eine effektive, zuverlässige und sichere Fortbewegung gewährleisten, sondern – dank Industrie 4.0 – auch ökologische Aspekte berücksichtigen.

Das Konzept beinhaltet unter anderem:
– die Straßenverkehrssicherheit
– den Straßentransport
– Fahrräder und Tretroller
– das Konzept der 5-km/h-Stadt (die Betrachtung des städtischen Raums aus der Fußgängerperspektive)
– die Logistik
– ein Mobilitätsmanagement, das auf eine Einbindung der Gesellschaft abzielt und eine nachhaltige Mobilität anstrebt
– die Erschließung des städtischen Luftraums für autonome Luftfahrzeuge, also Drohnen (Urban Space oder kurz uSpace)
– den öffentlichen Personennahverkehr
– intelligente Transportsysteme
– den intermodalen Verkehr, also die optimale Verbindung unterschiedlicher Mobilitätsoptionen
– die Etablierung neuer, nachhaltiger Nutzungsmuster
– die Förderung umweltfreundlicher und energiesparender Fahrzeuge.

Top