Schaufenster Enkelgeneration
Ukraine

Natalia Semagina Khveshchuk, Luzk

Seit der Kindheit erzählte ihre Oma, Ida Semagina, geborene Bender, Natalia Geschichten über das Leben der Deutschen, ihre Bräuche und Sitten. Die Oma ist nach Deutschland ausgewandert und lebt heute in Dresden. Hauptsächlich wegen ihr wollte Natalia Deutsch gut lernen.

Natalia hat in Luzk deutsche und englische Übersetzung studiert, heute unterrichtet sie Deutsch. „Mir gefällt die deutsche Sprache – die Melodie, der Klang. Das Weitergeben der deutschen Sprache macht mir Spaß.“

„Ich bin eine in der Ukraine lebende Deutsche. Ich liebe beide Länder, respektiere deren Kultur, Sitten und Sprache.“

Kateryna Buyar, Lwiw

Vor 250 Jahren nach dem Manifest der Zarin Katerina II. wurden die Vorfahren von Kateryna aus Baden-Württemberg in die Ukraine umgesiedelt und haben auf der Krim mit anderen Deutschen die Kolonie „Rosenthal“ gegründet.

„Meine Mutter und mein Opa sind deutschstämmig, und so steht es bis heute in ihrer Geburtsurkunde. Vom Gefühl her fühle ich mich mehr deutsch als ukrainisch. Ich bin immer im Bewusstsein groß geworden, eine Deutsche zu sein. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich im Land meiner Vorfahren leben werde.“

Diana Warwartsewa, Mukatschewo

Bis zum Jahre 1918 war Transkarpatien ein Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Erst danach gehörte es der Ukraine an. Nach dem Zerfall der Monarchie wurde es Teil der Tschechoslowakei, dann von Ungarn und dann Teil der Sowjetunion. 1991 wurde es Teil der unabhängigen Ukraine. Daher sprechen viele Bewohner der Stadt Mukatschewo und deren Umgebung Deutsch und Ungarisch.

Die Großmutter und seit 2006 die Mutter von Diana leiten in Mukatschewo das Zentrum der deutschen Kultur.

„In meine Familie gibt es keinen einzigen Tag, wo nicht Deutsch gesprochen wird. Das ist wie eine Muttersprache. Ich halte mich für eine Ukrainerin, aber mit deutschen Wurzeln. Mein Traum ist es, die deutsche Sprache und Kultur zu verbinden, und mich weiterhin dafür zu engagieren.“

Lisa Kais, Ust Tschorna

Die Vorfahren von Lisa Kais sind im Jahre 1775 aus Österreich gekommen. Im Dorf Ust-Chorna – früher Königsfeld genannt – leben Bewohner der ungarischen, slowakischen, rumänischen und österreichischen Minderheit. Durch die Familienzusammenführung sind viele Dorfbewohner nach Österreich ausgewandert. Derzeitig leben im Dorf nur noch zehn österreichische Familien.

Volodymyr Kais, der Vater von Lisa Kais, ist Deutsch- und Englischlehrer an der Mittelschule in Ust-Chorna. Lisa hat sieben jüngere Geschwister.

„Seit meiner Kindheit bin ich es gewohnt, mehrsprachig zu sein. Die deutsche Sprache ist meine zweite Sprache, mit ihr verbinde ich den oberösterreichischen Dialekt, den mein Vater mit meiner Oma spricht. Ich fühle mich als Ukrainerin mit österreichischen Wurzeln. Meine zweisprachige Identität bedeutet für mich die Zugehörigkeit zur europäischen Gemeinschaft.“

Alina und Vadym Pätkau, Kiew

Die Vorfahren von Alina sind Ende des 18. Jahrhunderts auf Einladung der Zarin Katharina II. nach Russland übersiedelt. Anfang des 20. Jahrhunderts zog ihr Urgroßvater mit seiner Familie nach Sibirien um. Dort gibt es bis heute viele Dörfer, in denen deutsche Umsiedler leben.

„Ich selbst fühle mich wie eine russische Ukrainerin mit deutschen Wurzeln. Ich mag die deutsche Sprache genauso, wie Ukrainisch oder Russisch. Meine Mutter ist Ukrainerin und mein Vater ist russischer Deutscher/ Russlanddeutscher. Er sagt oft zu mir: «Du musst Deutsch lernen». Dabei kann er nur wenig Deutsch, das ärgert mich manchmal.“

Max Weisser, Odessa

Maksym hat zwar Maschinenbau studiert, unterrichtet aber heute Deutsch an einer Privatschule. Es macht ihm großen Spaß, mit Kindern zu arbeiten und ihnen Deutsch beizubringen.

„Nach einigem Suchen bin ich darauf gekommen, dass das Deutsche in mir am Stärksten ist. Das hat wohl mit der Art zu tun, wie ich denke und fühle. Obwohl ich in Odessa lebe und groß geworden bin, empfinde ich trotzdem eine emotionale Distanz zu einigen Mitmenschen. Ich vermute, es ist der deutsche Teil in mir.“

„Für mich ist die deutsche Sprache vor allem eine emotionale Sprache. Sie klingt für mich tiefer als die russische Sprache. Eigentlich ist das komisch, da Russisch meine Muttersprache ist, aber ich schreibe viel lieber Gedichte und Lieder auf Deutsch. Ich singe deutsche Volkslieder. Das ist für mich die Weisheit des Volkes, und das macht mir großen Spaß.“

Anna Awdeewa, Odessa

„Das Deutsche in mir – das ist für mich eine Frage der Mentalität und auch der Moral. Was ist richtig und was ist falsch? In der Ukraine vermischt sich diese Grenze oft. Der deutsche Teil  in mir hat mir immer diese Grenze gezeigt. Ich glaube auch nicht, dass das nur mit Erziehung verbunden ist.“

„Ich fühle mich als eine ethnische Deutsche und ich bin stolz darauf. In meiner Familie war mein Opa der Einzige, der Deutsch konnte. Er wollte fast sein ganzes Leben lang zurück nach Deutschland. Ich habe jetzt die Möglichkeit, seinen Traum zu erfüllen. Aber ich weiß nicht, ob ich das wirklich möchte.“