Die deutsche Regisseurin Doris Dörrie kehrt für „Grüße aus Fukushima“ nach Japan zurück.
Schon zwei Filme, Erleuchtung garantiert und Kirschblüten – Hanami, hat Doris Dörrie in Japan gedreht, mit großem Erfolg. Dennoch sagt sie, dass sie das Land jetzt erst richtig kennt. Grüße aus Fukushima entstand in direkter Auseinandersetzung mit der Dreifachkatastrophe – Erdbeben, Tsunami, Reaktorunfall – des Jahres 2011. Für die fiktive Organisation Clowns4Help reist die junge Marie (Rosalie Thomass) nach Fukushima, um die in Notunterkünften verbliebenen Überlebenden auf andere Gedanken zu bringen. Es ist eine dumme Idee, und das vielleicht Schönste am Film ist, dass Dörrie das weiß. Marie erkennt, dass der Plan nur ihr selbst dient. Nach einigen fürchterlich missratenen Clownerien will sie schon abreisen, macht dann aber die Bekanntschaft von Satori (Kaori Momoi) – angeblich Japans „letzte Geisha“. Die knorrige Alte hat beschlossen, ihr zerstörtes Leben in der „verbotenen Zone“ um Fukushima wieder aufzunehmen.
Keine Differenzen, nur Missverständnisse
Seit ihrem Debüt
Männer (1985) erreichen Dörries Filme regelmäßig ein großes Publikum. Wie keine andere vereint sie Kunst und Kommerz – eine in Deutschland heikle Position. Warum läuft
Grüße aus Fukushima nicht im Wettbewerb? Um das zu verstehen, muss man das Festival sehr gut kennen. Es ist ihr erster Film in Schwarz-Weiß, getragen von zwei tollen Schauspielerinnen und der wundervollen Kameraarbeit von Hanno Lentz. Zahlreiche Einstellungen erinnern an die alten japanischen Meister, darunter die berühmte Bodenkamera von Ozu Yasujirō. Ozus Filme, etwa
Abschied in der Dämmerung von 1959, handelten nicht selten von zerrissenen Familien und umherziehenden Schauspielern. Auch wenn sie von einigen Exotismen nicht lassen kann, gelingt Dörrie eine stimmige Verbindung klassischer japanischer und der eigenen Bildsprache. Immer wieder reibt sich Satoris ästhetische Raffinesse – sie versteht wirklich etwas von Show, zum Beispiel bei der Teezeremonie – an Maries Derbheit. „Du bist ein Elefant“, sagt sie, „zu groß für mein Haus!“. Doch letztlich funktioniert interkulturelle Kommunikation bei Dörrie ganz einfach, das verbindet sie mit anderen Japan-Fans wie Jim Jarmusch oder Wim Wenders: Es gibt keine Differenzen, nur Missverständnisse. In bedrückenden Aufnahmen der Katastrophenlandschaft, nur noch von den Geistern der Toten bevölkert, beweist sie, dass sie auch die leiseren Töne beherrscht.
Ein echter Autorenfilm
Mit der Berlinale und Doris Dörrie ist es wohl wie mit den beiden Frauen – sie brauchen einander nicht unbedingt, aber sie sehen zusammen unwahrscheinlich gut aus. Es ist auch nicht schwer zu erkennen, dass die 60-jährige Filmemacherin in beiden Figuren sich selbst sieht: die weise Alte und die Junge, die noch etwas lernen kann. So etwas nennt sich Autorenfilm, und das ist selten geworden, selbst auf internationalen Festivals.