Film
Deutschland außer Kontrolle: Christoph Schlingensief (1960-2010)
Retrospektive Christoph Schlingensief (1960-2010)
Uraufführung in Lateinamerika, präsentiert vom Goethe-Institut, dem Complejo Teatral de Buenos Aires und der Stiftung Cinemateca Argentina.
Bislang unbekannt in Lateinamerika gilt Christoph Schlingensief als radikalisierter und rebellischer Nachfolger Rainer Werner Fassbinders, mit dessen Ensemble von Schauspielern und Schauspielerinnen er mehrere seiner Filme drehte. Der deutsche Filmemacher, Performer und Aktivist ist Autor der umstrittenen Deutschen Trilogie (1989-1992), einer Fusion von Trash-Ästhetik und politischer Provokation. Deutschland ist das Objekt seiner Leidenschaft; seine Filme, die sich von bürgerlichen Werten und gesellschaftlicher Trägheit loslösen wollen, sind wütende, burleske Auseinandersetzungen mit der Amnesie der NS-Vergangenheit und einer Wiedervereinigung, die der Logik des Kapitalismus angepasst wurde. Schlingensief, der 2010 im Alter von nur 49 Jahren starb, war gleichzeitig Filmemacher, Theater- und Opernregisseur und kultureller Agitator, der unzählige Male den öffentlichen Raum intervenierte.
Die Filmreihe Deutschland außer Kontrolle versteht sich als Hommage an Christoph Schlingensief und zeigt die wichtigsten Meilensteine seines unermüdlichen Schaffens. Neben der Deutschen Trilogie und dem Letzten Neuen Deutschen Film beinhaltet der Zyklus auch das Remake eines Filmes des Naziregisseurs Veit Harlan, und die Aktion Ausländer raus!
Alexander Kluge, ein großer Anhänger von Schlingensiefs Arbeit, reflektiert abschließend gemeinsam mit diesem über die letzten Werke vor seinem Tod, die sich mit seiner Krankheit, dem Verlangen nach Unsterblichkeit und dem Begriff der Erlösung beschäftigen.
Die Reihe wird von Aino Laberenz eröffnet, Schlingensiefs Ehefrau und Kostümbildnerin vieler seiner Werke. Laberenz ist zudem verantwortlich für das philanthropisch-kulturelle Projekt Operndorf Afrika, das im Jahr 2009 gemeinsam von Christoph Schlingensief und ihr in Burkina Faso ins Leben gerufen wurde. Es soll insbesondere die 300 Kinder fördern, die dort zur Schule gehen, der Kreativität und Selbstbestimmung der Einheimischen Raum geben und eine Plattform für Dialog und interkulturelle Begegnungen bieten.
DAS PROGRAMM
FREITAG 23.08Gier nach Leben (1996, 24 Min.) + Mutters Maske (1988, 85 Min.)
14 und 19 Uhr. Um 19 Uhr Einführung von Aino Laberenz.
Dokumentation Christoph Schlingensief (2018, 16 Min.) + 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker (1989, 55 Min.)
16.30 und 21.30 Uhr. Um 21.30 Uhr Einführung von Aino Laberenz.
SAMSTAG 24.08
Das deutsche Kettensägenmassaker (1990, 63 Min.)
14 und 19 Uhr. Um 19 Uhr Einführung von Aino Laberenz.
Terror 2000 (1992, 79 Min.)
16.30 und 21.30 Uhr. Um 21.30 Uhr Einführung von Aino Laberenz.
SONNTAG 25.08
Die 120 Tage von Bottrop – Der letzte Neue Deutsche Film (1997, 60 Min.)
Um 14, 16.30, 19 und 21.30 Uhr.
MONTAG 26.08
Die ersten Kurzfilme in 8mm und 16mm (1968-1983)
Um 14 und 19 Uhr
Gier nach Leben (1996, 24 Min.) + Mutters Maske (1988, 85 min.)
Um 16.30 und 21.30 Uhr
DIENSTAG 27.08
Dokumentation Christoph Schlingensief (2018, 16 Min.) + 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker (1989, 55 Min.)
Um 14 und 19 Uhr
Das deutsche Kettensägenmassaker (1990, 63 Min.)
Um 16.30 und 21.30 Uhr
MITTWOCH 28.08
Terror 2000 (1992, 79 Min.)
Um 14 und 19 Uhr
Die 120 Tage von Bottrop – Der letzte Neue Deutsche Film (1997, 60 Min.)
Um 16.30 und 21.30 Uhr
DONNERSTAG 29.08
Ausländer raus! Schlingensiefs Container (2002, 90 Min.)
Um 14, 16.30, 19 und 21.30 Uhr
FREITAG 30.08
Christoph Schlingensief + Alexander Kluge. Der Krebs und das Musiktheater:
Ein Funke der Vorhölle (2008, 24 Min.) + Ein Blick ins Jenseits und zurück (2010, 45 Min.)
Um 14, 16.30, 19 und 21.30 Uhr
DIE FILME
Gier nach Leben (1996, 24 min.)Alexander Kluge und Christoph Schlingensief sprechen über die Beweggründe Schlingensiefs, 1988 ein Remake von Harlans „Opfergang“ zu drehen. In dem Melodram des bedeutendsten Filmregisseurs des Nationalsozialismus, Veit Harlan, geht es um eine tragische Liebesgeschichte, die Verherrlichung des Todes und strenge moralische Werte.
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Mutters Maske (85 min., 1988)
Regie: Christoph Schlingensief. Ein Remake des Nazi-Melodrams „Opfergang“ von Veit Harlan (1944). Mit Helge Schneider, Udo Kier, Karl-Friedrich Mews, Brigitte Kausch, Susanne Bredehöft.
Im Schloss wohnt Mutter („Dämmerung, zeig mir den schwarzen Weg zum Tod“) und wartet darauf, ihrem Sohn ihre Liebe zu beweisen. Aber Willy hat sich bei Els infiziert – mit einer leicht übertragbaren Seuche. Udo Kier spielt den Herrn vom Jugendamt, der sich um Elsens Tochter Maria kümmert, als wahren Harlan-Dämonen. Schlingensief treibt den verdrängten Expressionismus des Deutschen Films ad absurdum. Wahrhaft eine schwarze Komödie. (Helmut Schödel)
Freitag, 23.8. um 14 und 19 Uhr. Um 19 Uhr Einführung Aino Laberenz.
Montag, 26.8. um 16.30 und 21.30 Uhr
Dokumentation Christoph Schlingensief (2018, 16 min)
Ein kurzer Einblick in Leben und Werk des facettenreichen deutschen Künstlers.
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100 Jahre Adolf Hitler (1989, 55 min.)
Mit Udo Kier, Alfred Edel, Volker Spengler, Margit Carstensen, Brigitte Kausch, Dietrich Kuhlbrodt.
Mit der Hitlerfigur, die von nun an häufig in seine Arbeit ‚einmarschiert‘, legt Schlingensief die Hand – sprich die Kamera, die Handkamera – in die offenste aller deutschen Wunden. Hier ist Hitler keine vergangene Personalkatastrophe, sondern die Fratze des absurden Menschen an sich, der sich als elternlos, als höheres Wesen begreift, dessen völlige Monstrosität jedoch nicht in die Anstalt, sondern an die Macht führt und drauflos wütet.
Freitag, 23.8. um 16.30 und 21.30 Uhr. Um 21.30 Uhr Einführung Aino Laberenz.
Dienstag 27.8. um 14 und 19 Uhr
Das deutsche Kettensägenmassaker (1990, 63 min.)
Regie: Christoph Schlingensief. Mit Irm Hermann, Udo Kier, Volker Spengler, Alfred Edel, Dietrich Kuhlbrodt.
Samstag,24.8. um 14 und 19 Uhr. Um 19 Uhr Einführung Aino Laberenz.
Dienstag, 27.8. um 16.30 und 21.30 Uhr
Terror 2000 (1992, 79 Min.)
Regie: Christoph Schlingensief. Mit Margit Carstensen, Peter Kern, Susanne Bredehöft, Alfred Edel, Udo Kier, Brigitte Kausch-Kuhlbrodt, Dietrich Kuhlbrodt, Oskar Roehler, Christoph Schlingensief.
Samstag, 24.8. um 16.30 und 21.30 Uhr. Um 21.30 Uhr Einführung Aino Laberenz.
Mittwoch, 28.8. um 14 und 19 Uhr
Die 120 Tage von Bottrop – Der letzte Neue Deutsche Film (1997, 60 min.)
Regie: Christoph Schlingensief. Drehbuch: Oskar Roehler. Mit Udo Kier, Margit Carstensen, Irm Hermann, Volker Spengler, Martin Wuttke, Sophie Rois, Helmut Berger, Dietrich Kuhlbrodt, Oskar Roehler, Frank Castorf, Leander Haußmann, Regina Ziegler, Juliane Lorenz, Roland Emmerich und vielen anderen.
Die Überlebenden der Fassbinder-Familie finden sich noch einmal zusammen, um auf der Großbaustelle Potsdamer Platz den letzten Neuen Deutschen Film zu drehen, ein Remake von Pasolinis Die 120 Tage von Sodom. Alles geht schief: Regisseur Schlingensief wird zum Aufnahmeleiter degradiert und durch einen gewissen Sönke Buckmann ersetzt, dem Katja Riemann prompt den Bundesfilmpreis überreicht. Film als Albtraum – oder umgekehrt.
Sonntag, 25.8. um 14, 16.30, 19 und 21.30 Uhr
Mittwoch, 28.8. um 16.30 und 21.30 Uhr
Die ersten Kurzfilme in 8mm y 16mm (1968-1983)
Im Alter von sieben Jahren drehte Christoph Schlingensief seinen ersten 8 mm Film. Seitdem produzierte er im Durchschnitt einen Film pro Jahr und damit mehr als jeder andere deutsche Filmemacher seiner Generation.
Mein erster Film (11 min, Normal 8 mm, 1968)
Mensch Mami, wir drehn‘ nen Film (20 min, Super 8 mm, 1977)
Eine S-8-Klamotte über einen Familienvater, der Regisseur werden will und die ganze Familie durcheinanderbringt.
Für Elisa (2 min, 16 mm, 1982)
Christoph Schlingensief, 22, zur Lage der Nation. Ein Trompeter steht mitten in der Kleinstadt Much barfuß im Schnee und spielt die deutsche Nationalhymne – mehr schlecht als recht aber mit großer Überzeugung.
Wie würden Sie entscheiden? (3’30 min, 16 mm, 1982)
Einer der ersten 16mm-Kurzfilme von Christoph Schlingensief.
Phantasus muss anders werden (10 min, 16 mm, 1983)
Auf einstweilen sprachlose Säuglinge harrt die Aufgabe, sich dereinst aus Normen und Zwängen sowohl der Familie als auch der Kunstformen zu befreien. (Dietrich Kuhlbrodt)
Die Schlacht der Idioten (21 min, 16 mm, 1986)
In einem deutschen Filminstitut laufen die letzen Minuten des berühmten Stummfilms „Königin der Quelle“. Königin Quelly soll den Alkoholiker Guff heiraten, obwohl sie das gar nicht will …
What happened to Magdalena Jung? Die Ungenierten kommen (13 min, 16 mm, 1983)
Magdalena Jung mißachtet die Gesetze der Schwerkraft, springt und fliegt, “das Tier als Vorbild und der Film als Wunderding”. Video heißt nicht, ich sehe, video heißt, ich fliege, sagt Andy Warhol.“ (Enno Patalas)
Montag, 26.8. um 14 und 19 Uhr
Ausländer raus! Schlingensiefs Container (2002, 90 min.)
Regie: Paul Poet. Mit Christoph Schlingensief, Luc Bondy, Daniel Cohn-Bendit, Einstürzende Neubauten, Elfriede Jelinek, Peter Sellars, Peter Sloterdijk.
Im Rahmen der Wiener Festwochen ließ Christoph Schlingensief den Wohncontainer mit 12 Asylanten direkt vor die Oper stellen. Unter dem Motto „Ausländer raus!“ konnte täglich per Zuschauerabstimmung im Internet ein Bewohner „abgeschoben“ werden. In Form der damals vieldiskutierten medialen Perversion eines Überwachungs-Containers im Stile von „Big Brother“ sollte die Weltöffentlichkeit mit der global verstärkt auftauchenden neuen Rechts-Lastigkeit konfrontiert werden.
Donnerstag, 29.8. um 14, 16.30, 19 und 21.30 Uhr
Christoph Schlingensief + Alexander Kluge. Der Krebs und das Musiktheater
Alexander Kluge hat die Arbeit von Christoph Schlingensief sehr genau verfolgt und ihn mehr als zwanzig Mal in seinen Fernsehprogrammen interviewt. Das Programm präsentiert die letzten beiden Gespräche vor Schlingensiefs Tod im Jahr 2010.
Ein Funke der Vorhölle (2008, 24 min.)
Interview mit Christoph Schlingensief über sein Musiktheater Der Zwischenstand der Dinge. In Zusammenarbeit mit dem Maxim Gorki Theater Berlin.
Christoph Schlingensief ist wieder da! Ein Lungentumor und dessen Behandlung haben den Regisseur an den Rand seiner Existenz gebracht. Auf diesen „Zwischenstand der Dinge“ antwortet er mit seinem neuen Stück, so persönlich und authentisch wie er es vermag. Dafür ist Musiktheater da!
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Ein Blick ins Jenseits und zurück (2010, 45 min.) Alexander Kluge und Christoph Schlingensief über dessen Musical Mea culpa.
Mea culpa ist nicht mehr Requiem, sondern Auferstehungsfeier, heiter, zusammengesetzt aus Versatzstücken – Film, Text, Musik. Offen und keineswegs verschämt bedient sich Schlingensief für seine Oper bei Elfriede Jelinek, Johann Wolfgang Goethe, Joseph Beuys, Friedrich Nietzsche, Jörg Immendorf, Arnold Schönberg, Richard Wagner, Emmerich Kálmán u.v.a.
Mea culpa konfrontiert das Publikum nicht nur mit Schlingensiefs Krankheit sondern auch mit den Erinnerungen an frühere Inszenierungen. Seit seinem Bayreuther Parsifal im Jahr 2004 lässt ihn Wagners fragwürdige Gleichung: „Liebe plus Tod gleich Erlösung“ nicht mehr los. In drei Akten präsentiert er nicht nur programmatische Heilungsversuche, sondern mit ihnen verschiedene Facetten des Dionysischen.
Freitag, 30.8. um 14, 16.30, 19 und 21.30 Uhr
Biografien
Details
Sala Leopoldo Lugones / Teatro San Martín
Av. Corrientes 1530 - 10. Etage - CABA