Die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften
Eine moderne wissenschaftliche Regionalbibliothek
Die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften ist heute eines der wichtigsten öffentlichen Sammlungs- und Informationszentren zwischen Dresden und Wrocław/Breslau. Mit ihren Beständen unterstützt sie insbesondere Wissenschaft und Forschung, sie steht ebenso allen privaten Interessenten offen.
Zu den wichtigsten Bestandsgruppen der Bibliothek gehören:
40.000 Medien zur Geschichte und Landeskunde der Oberlausitz, Niederschlesiens und Nordböhmens, Literatur zu Leben und Werk Jacob Böhmes, 33 Inkunabeln, 1.000 Flugschriften der Reformationszeit, 3.000 Karten und Atlanten, 7.000 Leichenpredigten, 3.000 Schulprogramme,
eine Vielzahl wissenschaftlicher Nachlässe im Archiv sowie 6.000 Mikrofilme und 7.000 Plakate.
Insgesamt zählt der Bestand rund 150.000 Bände, dabei handelt es sich überwiegend um Präsenzbestände.
Als wissenschaftliche Regionalbibliothek im Schnittpunkt deutscher und polnischer Geschichtsforschung versammelt die Oberlausitzische Bibliothek das Wissen vergangener Zeiten und den Schatz des verbindenden kulturellen Erbes und dokumentiert den aktuellen Prozess. Darüber hinaus ist sie ein Ort der Kommunikation und des Transfers von Information und Wissen über Ländergrenzen hinweg. Nicht nur deutsche und polnische Geschichte berühren sich in der Europastadt Görlitz/Zgorzelec. Bereits in den vergangenen Jahrhunderten war die Stadt an der Via Regia ein wichtiger Umschlagplatz für Waren und Güter sowie für Geist und Kultur, Wissen und Ideen. Die Bücher in den Regalen der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften künden eindrucksvoll davon. Mit ihren Beständen und zahlreichen Sondersammlungen zur Geschichte und Landeskunde der Region steht sie Forschenden und interessierten Laien sowie Lernenden und Studierenden aller Nationalitäten zur Verfügung.
In der Erforschung der Geschichte und der Auseinandersetzung mit ihr auf breiter Ebene liegt ein Schlüssel zur nachhaltigen Lösung aktueller Aufgabenstellungen. Hier kann und will die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften einen aktiven Beitrag leisten.
Für die regionalkundliche Literatur ist der voluminöse Folio-Band mit dem Titel „Lausitzische Merckwürdigkeiten“ des Görlitzer Gymnasialrektors Samuel Grosser ein markantes Beispiel. Dieses Buch erschien 1714 in Bautzen bei David Richter und enthält neben zahlreichen Illustrationen ausführliche Anmerkungen und Quellenangaben. Grosser schuf damit die erste fundierte Landesgeschichte der beiden Lausitzen.
Zur Geschichte der Oberlausitzischen Bibliothek
1726 bedachte der Schweidnitzer Jurist Johann Gottlieb Milich (1678–1726) testamentarisch die Stadt Görlitz mit seiner Sammlung von 4.000 Büchern, 200 Handschriften und 500 Münzen nebst zahlreichen Kuriositäten und Merkwürdigkeiten. Er verband dies mit der Verfügung, dass der Bestand wöchentlich öffentlich zugänglich gemacht werden soll. Damit wurde er zum Stifter der ersten öffentlich zugänglichen wissenschaftlichen Bibliothek in Görlitz.
Seine Büchersammlung wurde in Görlitz nach wenigen Jahren mit der Bibliothek des Gymnasium Augustum vereinigt, die ihrerseits bereits Bücher des alten Franziskanerklosters aufgenommen hatte. Damit waren in dieser ersten öffentlichen städtischen Bibliothek die wichtigsten erhaltenen Görlitzer Buchbestände seit dem 14. Jahrhundert vereinigt.
Zahlreiche Geschenke und Legate ließen den Bestand weiter anwachsen und die Bibliothek zu einem Objekt des Stolzes der Görlitzer Bürgerschaft werden. Da im Zweiten Weltkrieg auch für Görlitz Luftangriffe befürchtet werden mussten, wurden die Sammlungen der Milich´schen Bibliothek wie die der Oberlausitzischen Gesellschaft ab 1942 ausgelagert. Die wertvollsten und wichtigsten Stücke beider Bibliotheken, die Handschriften zur Lausitzer Geschichte, die Inkunabeln und wertvolle Drucke des Barock, wurden in Orte auf dem östlichen, jetzt polnischen, Neißeufer gebracht. Sie befinden sich heute zu großen Teilen in der Universitätsbibliothek Wrocław/Breslau.
Trotz der großen Verluste durch die Auslagerungen bietet die Milich´sche Sammlung aber noch immer einen ganz hervorragenden Bestand, vor allem an theologischen, historischen und juristischen Werken des 16. bis 19. Jahrhunderts.
Die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften entstand 1951 durch die Vereinigung der Bestände der 1945 aufgelösten Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften mit der “Milichschen Stadt- und Gymnasial-Bibliothek”.
Gründung er Bibliothek | Die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften
Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften und ihre Bibliothek
1779 gründeten der Görlitzer Jurist, Historiker und Sprachforscher Karl Gottlob Anton (1751–1818) und der Meffersdorfer Naturwissenschaftler Adolf Traugott von Gersdorf (1744–1807) eine Provinzialakademie, die sich den Namen „Oberlausitzische Gesellschaft zur Beförderung der Natur- und Geschichtskunde“ gab.
Basis für die wissenschaftliche Arbeit der Gelehrtengesellschaft waren der Besitz und die Pflege von Sammlungen, darunter einer Bibliothek. Die angeschafften Bücher spiegeln das wissenschaftliche Profil der Gesellschaft wider. Werke zur Naturkunde, Ökonomie, Geschichte und Philosophie dominieren, Schriften zur Landeskunde der Oberlausitz spielten zunächst noch eine untergeordnete Rolle.
1801 schenkten Anton und von Gersdorf ihre umfangreichen Sammlungen, darunter die beiden jeweils etwa 10.000 Bände umfassenden privaten Bibliotheken, der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. Große Teile beider Sammlungen sind heute im historischen Büchersaal zu finden, der zu den schönsten Bibliotheksräumen des frühen Klassizismus gehört. Die Grundidee der Raumgestaltung folgt barocker Theaterarchitektur: ausgestattet mit Triumphbögen des Wissens, die wie Kulissen den Saal gliedern.
Im 19. Jahrhundert trat eine immer stärkere Hinwendung der Gesellschaftsmitglieder zu historischen Fragen an die Stelle der bisherigen Universalforschung. Dies prägte die weitere Entwicklung der Bibliothek. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges kam die Arbeit der Gesellschaft zum Erliegen, 1945 wurde sie durch die Sowjetische Militäradministration aufgelöst. Symposien und Publikationen seit den 50er Jahren und die Pflege der Sammlungen bewahrten die Gesellschaft vor dem Vergessen, so dass sie 1990 neu begründet werden konnte.
Die Bücher der Milich´schen Bibliothek wurden nach 1945 der Gesellschaftsbibliothek als Sonderbestand beigefügt. Am 1. Januar 1951 wurde die „Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften“ als wissenschaftliche Regionalbibliothek in städtischer Trägerschaft eröffnet.