Das „Sister Cities Artist Exchange Program" der Stadt Toronto
Ein StART für Justus Becker

Mural von  Justus Becker
Ein Mural von Justus Becker | © Foto: Nicole Visual Bass

​Im Herbst 2019 besuchte der Frankfurter Street Art-Künstler Justus Becker auf Einladung des Goethe-Instituts die kanadische Stadt Toronto, um an einem ortsspezifischen Kunstwerk im Osten der Stadt zu arbeiten. Unter dem Motto „Diversity is our Strength“ nahm der Künstler damit am „Sister Cities Artist Exchange Program“ teil.

Becker schuf ein abstraktes und doch detailliertes Gemälde an der Seitenwand eines Gebäudes in der Charles Street 20 East, das ein Gesicht und die Frankfurter Skyline zeigt. In diesem Video können Sie die Entstehung des Werks verfolgen.

Die Projekte von StART sind für Straßen und öffentliche Räume konzipiert. Das Programm begann 2012 als Teil des Graffiti-Managementplans der Stadt, um Vandalismus zu reduzieren und „Graffiti durch lebendige, farbenfrohe, gemeinschaftsbezogene Straßenkunst zu ersetzen“. Seither sind Kunstwerke unter anderem auf Fahrbahnen, auf Ampeln, in Unterführungen und in Unternehmen entstanden.

Im Gegenzug zu Justus Beckers Reise nach Toronto wird der Torontoer Künstler Alexander Lazich 2020 nach Frankfurt reisen, um dort ein Werk zu schaffen. Wir haben Justus Becker nach der Fertigstellung seines Murals getroffen, um über das Werk und seine Arbeit zu sprechen. Lesen Sie hier das komprimierte Interview.

Wie lange hat der Schaffensprozess gedauert?

Ich wollte an einem Tag die Grundierung und an einem anderen Tag die Zeichnung machen, aber es war zu regnerisch, um in den beiden Tagen fertig zu werden. Am Ende dauerte es fünf Tage, aber am letzten Tag hatte ich nur noch den unteren Teil fertigzustellen.

Zur Einweihung erwarteten wir sowohl den Oberbürgermeister von Toronto, John Tory, als auch den Oberbürgermeister von Frankfurt, Peter Feldmann, der das Band durchschneiden sollte.

Siehst Du in Bezug auf die Street Art-Szene Parallelen zwischen Toronto und Frankfurt?

Michael Thompson, Justus Becker, Peter Feldmann
Michael Thompson, Justus Becker, Peter Feldmann am Ort des Geschehens | © Jutta Brendemühl

Ich denke die Unterschiede überwiegen. – Zwar haben beide Städte großartige Künstler, die wirklich gute Arbeit leisten. Aber wenn man sich die staatliche Unterstützung ansieht, die Street Art-Künstler erhalten, stößt man schnell auf Unterschiede. Toronto hat zum Beispiel dieses großartige Projekt, das Street Art Toronto, das so viele Künstler und Kunstprojekte unterstützt. So etwas gibt es in Frankfurt nicht. Man muss der Fairness halber allerdings sagen, dass Frankfurt sehr viel kleiner ist, so dass eine Kulturförderung dieser Art und dieses Umfangs einfach nicht möglich ist.

Es könnte aber zum Denkanstoß für ähnliche Förderungs-Projekte werden.

Der Mangel an finanzieller Förderung verhindert nicht, dass Kunst geschaffen wird, aber es ist viel schwieriger, als Künstler seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, und natürlich gibt es so letztlich weniger Kunst. Wir werden sehen - vielleicht wird das hiesige Modell Peter Feldmann [den Oberbürgermeister von Frankfurt] zu einem ähnlichen Projekt inspirieren. Ich werde versuchen, das Gespräch in diese Richtung zu lenken, wenn er zur Einweihung auftaucht. [lacht].
  • Mural von  Justus Becker © Nicole Visual Bass

    Das Wandgemälde von Justus Becker in Toronto

  • Mural von  Justus Becker © Nicole Visual Bass

    Das Wandgemälde von Justus Becker in Toronto

  • Mural von  Justus Becker © Foto: Goethe-Institut, Jutta Brendemühl

    Menschen betrachten das neue Wandgemälde von Justus Becker


Der Street Art-Künstler Justus Becker alias COR war schon in jungen Jahren in der Szene aktiv, was ihm mehrere Verhaftungen und den Ruf einbrachte, einer der besten Sprayer im Frankfurter Raum zu sein. Sein Markenzeichen sind fotorealistische Gesichter, was sich auch in finanzieller Hinsicht bewährt hat: COR ist einer der wenigen Street Art-Künstler, die Aufträge von Unternehmen annehmen können, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Er verfremdet seine fotorealistischen Motive mit abstrakten Farben und Formen, um Bedeutung und manchmal auch Kontext hinzuzufügen. In jüngerer Zeit machte sein Wandgemälde von Alan Kurdi Furore, dem kleinen syrischen Jungen, der bei dem Versuch ums Leben kam, aus seinem Land zu fliehen – womit Justus Beckers Stimme sich dem internationalen Aufschrei angesichts der humanitären Katastrophe im Mittelmeer hinzufügte.

Bis heute steht die Schaffung überlebensgroßer Wandgemälde im Mittelpunkt seines Schaffens, wobei trotz seiner Teilnahme an Gruppen- und Einzelausstellungen auf der ganzen Welt „die Straße seine wichtigste Galerie bleibt“, wie er es selber ausdrückt.

 

StArt

StART ist 2012 als integraler Bestandteil des Graffiti-Programms der Stadt Toronto angelaufen. Es umfasst eine Reihe innovativer Programme, die speziell im Rahmen des Managementplans für Straßen und öffentliche Räume entwickelt wurden und dazu beigetragen hat, lebendige, farbenfrohe und gemeinschaftsbezogene Straßenkunst in Toronto zu platzieren.

StART unterstützt die Entwicklung von Streetart und Wandgemälden als ein ortsbildendes Instrument, welches die Förderung des Gemeinschaftsgefühls, der Integration und des Engagements im sozialen Raum zum Ziel hat. Das Programm soll den Vierteln Farbe und Vitalität verleihen und es wurden bereits mehrere Straßenzüge der Stadt durch leuchtende Farben und Kunstwerke verändert. Das „Underpass Program“ transformiert Unterführungen und Brücken (viele in der Nähe des Don River und entlang der Waterfront), um die Bereich ansprechender zu gestalten und gleichzeitig Talent und Kreativität von Künstlern, Kunstorganisationen und der Stadt Toronto als Ganzes zu präsentieren.

Der Städteaustausch 2019-2020 Frankfurt-Toronto mit den Künstlern Justus Becker und Alex Lazich ist ein gemeinsames Projekt der Stadt Toronto, der Stadt Frankfurt und des Goethe-Institut Toronto.

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