Das Jahr 2023 markiert den 50. Jahrestag des Militärputschs in einem Chile, in dem laut einer öffentlichen Meinungsumfrage 36 % der Bevölkerung glauben, dass die Streitkräfte „recht hatten, den Putsch durchzuführen“. Ein Chile, in dem die politische Kraft, die den neuen Verfassungsentwurfsprozess anführt, überwiegend aus demokratisch gewählten Vertretern der extremen Rechten besteht.
In diesem Kontext muss das Theater eine Gedächtnisarbeit leisten. Wir haben bereits Inszenierungen von Stücken gesehen, die während der Diktatur geschaffen und zensiert wurden. Für diejenigen von uns, die in diesem Kontext aufgewachsen sind, erinnern uns diese Stücke an das Gefühl jener grauen Zeit.
Aber aus welcher Perspektive gehen die Künstlergenerationen, die in einem wieder demokratischen Land geboren wurden, diese Gedächtnisarbeit an?
Wahrscheinlich erfordert die Antwort eine Umfrage, aber ich wage zu behaupten, dass für die meisten aufstrebenden Künstler:innen der 11. September einen Bruch in unserer demokratischen Geschichte darstellt und ein Symbol für die Verletzung der Menschenrechte ist. Was geschieht aber auf der Bühne? Welche Auswirkungen hat das 50-jährige Gedenken an den Putsch auf neuere Werke? Wie werden Menschenrechte in den Werken dieser Generation dargestellt? Diese Fragen stelle ich mir als Leiter des Teatro del Puente, dessen Kuratoren junge Theatergruppen einlädt, deren Mitglieder hauptsächlich in ihren Zwanzigern sind, und aus meiner Erfahrung als Dozent für Theatermanagement und -produktion an der Theaterschule für Student:innen, die bereits über ihre Zukunft als Künstler:innen nachdenken.
In einer globalisierten und vernetzten Welt nehmen Menschenrechte eine breitere und vielfältigere Dimension an, die nationale Grenzen übersteigt. Themen wie Migration, Klimawandel und die Rechte der indigenen Völker stehen im Mittelpunkt vieler Stücke, die junge Menschen derzeit inszenieren. Durch intime und persönliche Erzählungen zerlegen diese Werke Diskurse und Slogans und ermöglichen ein tieferes Verständnis universeller Rechte.
In diesem Zusammenhang nehmen aufstrebende Theatergruppen eine globale Perspektive ein, wenn sie über Chile nachdenken, nicht nur beschränkt auf die Ereignisse des 11. September, sondern auch darüber, was dieses Datum bedeutet. Indem sie diese Themen aus einer lokalen und persönlichen Perspektive erforschen, suchen aufstrebende Künstler:innen danach, in ihrer eigenen Gesellschaft Bewusstsein zu schaffen.
Auf diese Weise wird das Theater zu einer mächtigen Plattform, um über Menschenrechte nachzudenken, indem es globale und lokale Probleme durch intime und authentische Geschichten anspricht. Theaterstücke werden zu einem Mittel, um das Publikum zu sensibilisieren und Solidarität und Respekt gegenüber allen Menschen zu fördern, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung.