Kurzfilm
Cristián Valle Celedón
Mit dem Kurzfilm “Solsticio de invierno/Wintersonnenwende”, gewann Cristian Valle Celedón unser Marx Wettbewerb in der Sparte Film. Sein Video zeigt einen ehemaligen politischen Gefangenen aus der Pinochet Diktatur, der schon 55 Tage Hungerstreik erlebt, genau zu der Sonnenwende im Winter 2015 in der Stadt Punta Arenas, weit im Süden Chiles.
Cristian Valle kommt auch aus Punta Arenas, wo er sehr aktiv als Filmemacher arbeitet. Er ist Regisseur und Exekutiv Produzent bei Wolf Productions, und hat seine Filmstudien in Chile, Argentinien, Kuba, Uruguay und Niederlanden durchgeführt. Am meisten interessiert ihm Film, Umwelt und Antarktis zusammenzubringen, wobei er der Co-Leiter des 8. Filmfestivals der Antarktis FICAMS über Umwelt und Nachhaltigkeit ist (www.ficams.cl). Er war auch zweimal Mitglied des Beirats für Künste und Filmindustrie Chiles, als Vertreter der regionalen Filmemacher.
Als Preisgewinner des Marx Wettbewerbs wird Cristian Valle als Gast an den Kurzfilmtagen in Oberhausen vom 1. bis zum 6. Mai reisen. Dort wird er im Rahmen des Festivals an diverse Seminare, Workshops und Publikumsgespräche mit Filmemachern teilnehmen. Die Kurzfilmtage Oberhausen wird seit 65 Jahren veranstaltet, und dieses Jahr wird Alexander Sokurov als Hauptgast anwesend sein. Das Festival zeigt über 600 kurze Produktionen aus knapp 70 Ländern, mehr als je zuvor. Ein weiterer Schwerpunkt ist dem Genre des Kinotrailers gewidmet: Unter dem Titel „Die Sprache der Verlockung: Trailer zwischen Werbung und Avantgarde“ zeigen die Kurzfilmtage an die 100 Trailer und zahlreiche Arbeiten von Künstlern, die sich von dem Genre inspirieren ließen. Insgesamt haben sich rund 1.000 Fachbesucher aus 65 Ländern für das Festival akkreditiert.
Wir wünschen Cristian Valle viel Glück für diese Reise!
Hier der Kurzfilm von Cristián Valle.
Interview mit Cristián Valle
Autorin: Doreen ZöllnerWie bist du zum Dokumentarfilm und zum Filmemachen gekommen?
Als ich an der Universidad Magallanes Elektrotechnik studierte, half ich 1999 beim Universitätsfernsehen TV UMAG mit. Ich habe als Assistent angefangen und dann irgendwann mein eigenes Programm produziert.
Ich interessierte mich für soziale und ökologische Fragen aus der Region, die ich bewohnte, nämlich die südlichste Region des amerikanischen Kontinents. Außerdem beschäftigte mich das Thema der pueblos originarios sehr.
Mir wurde klar, dass ich mehr über die Produktion und des Audiovisuellen lernen musste, um diese Geschichten besser erzählen zu können. So begann ich einen Weg der Aus-, und Weiterbildung mit Workshops, Kursen, Seminaren, was auch heutzutage noch Bestand hat.
Außerdem bin ich durch das Ansehen vieler Filme und die Unterhaltungen mit Menschen, die viel Wissen und Expertise in dem Bereich haben sowie ganz einfach durchs Ausprobieren zum Filmemachen gekommen.
Was denkst du über die aktuelle Dokumentarfilm-Szene in Chile und besonders in Punta Arenas? Was wünschst du dir für die Szene in Punta Arenas?
Momentan – und dank jahrelanger Arbeit dafür – befindet sich der Dokumentarfilm in Chile in einem sehr guten Moment mit vielen interessanten Erkenntnissen, ich denke, dass sich das in Zukunft noch mehr verbessert.
In Punta Arenas gibt es noch viel zu tun, viele Geschichten zu verfilmen, von den historischen bis zu jenen, die jetzt gerade stattfinden, beispielsweise die sozialen und ökologischen Ereignisse.
Für die Szene in Punta Arenas wünsche ich mir, dass die Werke dort weiterhin aus der lokalen Perspektive erstellt werden.
Warum hast du dich dafür entschieden, bei dem Wettbewerb mitzumachen?
Der Aufruf des Wettbewerbs und sein interessieren mich sehr; sich hineinzuversetzen, wie Marx heutzutage denken würde, ist eine gute Herausforderung. 2015 habe ich begonnen, einen Dokumentarfilm zu produzieren, welcher von einem ehemaligen politischen Gefangenen der chilenischen Diktatur zwischen 1973 und 1989 handelt. Dieser begann einen 90-tägigen Hungerstreik in Punta Arenas. Ich begann die Aufnahme am 26. Tag des Streiks, ohne zu wissen, wann dieser enden würde. Also hatte ich bereits eine ausgewählte Aufnahme von einer Minute, und es schien mir, dass der Wettbewerb eine gute Möglichkeit sein könnte, die Gründe für diese Entscheidung, 90 Tage lang nichts zu essen, zu verdeutlichen. Was würde uns der Karl Marx von früher sagen? Was wäre sein Vorschlag für 2019?
Kannst du uns etwas über aktuelle oder zukünftige Projekte erzählen?
Der Dokumentarfilm über Manuel Aguilante, der den Hungerstreik antrat, ist gerade im Prozess der Fertigstellung. Er heißt „Wintersonnenwende“. Ein weiterer Dokumentarfilm, an dem ich gerade arbeite, handelt von der Natur, er heißt "Baguales: caballos salvajes de la Patagonia" (Baguales: Wildpferde aus Patagonien). Speziell dieser Dokumentarfilm hat mich viele Jahre der Recherche, des Filmens und des Lernens gekostet.
Im Jahr 2019 wurde ich eingeladen, an verschiedenen Projekten in verschiedenen Phasen teilzunehmen, zum Beispiel sind wir gerade dabei, eine wissenschaftliche Studie im Laguna San Rafael-Park zu drehen, dabei arbeiten wir mit verschiedenen Filmemachern aus der Region Aysén zusammen.
Außerdem arbeite ich an einem weiteren Dokumentarfilm in Herdeke, Deutschland, zu Themen wie Erinnerung und Menschenrechten. Ich bin sehr glücklich, dass ich eingeladen wurde, an einem Videoclip einer lokalen Band aus Punta Arenas namens Lluvia Acida teilzunehmen, mit der ich bereits in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet habe.
Unter anderem organisiere ich mit einigen Freunden auch ein Filmfestival zu Umweltthemen in Verbindung mit der Antarktis; das findet schon zum siebten Mal in der Region Magallanes und der chilenischen Antarktis, in der ich lebe, statt.
Du wirst als Gewinner des Wettbewerbs nach Deutschland reisen – was sind deine Erwartungen für das Festival und die Filmszene dort? Hast du Lieblingsfilme oder Lieblingsregisseure aus Deutschland?
Ich habe große Erwartungen; die Kurzfilmtage Oberhausen sind die ältesten Kurzfilmtage Europas und verfügen dadurch über viel Erfahrung. Viele der heute bekannten Filmemacher haben dort ausgestellt, als sie in ihren Anfängen steckten. Die Kurzfilmtage zeichnen sich durch eine Mischung aus Tradition und Innovation aus, was eine sehr gute Kombination darstellt.
Die Kinematographie von Werner Herzog, Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders, der mein Favorit ist, ist sehr interessant und hat mich meine Jugend über begleitet. Als ich aber Fritz Langs „Metropolis“ sah, war ich komplett begeistert! Interessant ist auch, was Tom Tykwer in "Lola rennt" oder Wolfgang Becker in "Goodbye Lenin" getan hat und was Fatih Akin in "Aus dem Nichts" machte, das sind definitiv sehr gute Referenzen des deutschen Kinos, ich würde gerne noch mehr sehen und kennenlernen.
Zweifellos ist die Möglichkeit, Oberhausen zu besuchen, eine tolle Gelegenheit, meinen Geschmack und meine Kenntnisse für das deutsche Kino zu erweitern.