Ein bisschen Prag in Tel Aviv
Wie ein tschechischer Bauarbeiter zum Restaurantbesitzer in Israel wurde
Eigentlich wollte Rastoslav Pecher nur ein paar tschechische Gerichte nach Israel importieren, um das Heimweh seiner mitteleuropäischen Freunde zu stillen. Auf ein paar Quadratmetern eröffnete der Bauarbeiter im Jahr 2002 in einer Tel Aviver Seitenstraße ein kleines Wirtshaus, das er nach seiner Heimatstadt „Little Prague“ benannte. Heute ist Pecher Inhaber dreier tschechischer Restaurants in israelischen Städten. Und schreibt sich noch etwas anderes auf die Fahnen: tschechisches Bier in Israel unter die Leute bringen.
Schwere Tische aus Holz, Bierdeckel mit dem Pilsner-Emblem und jede Menge Zapfhähne: In einem der hippsten Bezirke Tel Avivs gibt es einen Ort, der hier nicht richtig herzupassen scheint. Für viele Israelis mit europäischen Wurzeln aber ist er ein Stück Heimat.
Denn wer in Israel dinieren möchte wie ein tschechischer Botschafter, muss neuerdings kein Diplomat mehr sein. Seit Anfang 2014 hat der einstige Chefkoch der tschechischen Botschaft in Israel das Sagen in der Küche der Restaurantkette Little Prague.
Innerhalb von nur zehn Jahren ist der familiäre Betrieb zu einem größeren Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten herangewachsen. Der tschechische Bauarbeiter Rastoslav Pecher, der Anfang der 2000er Jahre wie viele andere Europäer nach Israel auswanderte, eröffnete sein winziges Restaurant, um seinen Freunden zumindest kulinarisch ein Stück Heimat wiederzugeben. Die Speisekarte liest sich wie in einem typischen Wirtshaus in der Prager Altstadt: Svíčková, Knödel, eingelegter Hermelin. Das meistbestellte Gericht ist Gulasch. Koscher ist das Essen im Little Prague nicht, was in Tel Aviv jedoch keine Ausnahme ist.
„Vor zehn Jahren war die israelische Küche noch viel orientalischer als heute“, sagt der Manager von Little Prague, Lenny Joffe. Während seines Militärdienstes war er einer der ersten Stammgäste des kleinen Lokals. „Ich bin mit dem Restaurant mitgewachsen“, sagt Joffe, der seinen Job seit mittlerweile sieben Jahren macht.
Die heutige Tel Aviver Niederlassung des Little Prague liegt nur wenige Gehminuten von dem kleinen Gebäude entfernt, in dem das ursprüngliche Restaurant untergebracht war. Wiederzuerkennen ist es allerdings nicht mehr. Nicht nur, dass das Little Prague nur zwei Jahre nach seiner Eröffnung auf die Allenby-Straße, einen der elegantesten Boulevards in Tel Aviv, umgezogen ist: „Man konnte in dem alten Ladenlokal nicht einmal aufrecht stehen“, erinnert sich Joffe. „Man hatte dort nur sitzend ausreichend Platz. Das verlieh dem Restaurant die familiäre Atmosphäre, die uns aber immer noch wichtig ist.“
Seit das Little Prague auf der Allenby-Straße untergebracht ist und zwei neue Zweigstellen in Ashdod und Bat-Yam eröffnen konnte, sind viele neue Angestellte hinzugekommen. „Allerdings arbeiten fast alle der ersten Mitarbeiter immer noch hier“, sagt Joffe. Überdies habe Little Prague indirekt noch für die Entstehung vieler weiterer Arbeitsplätze – und sogar Unternehmen – in Israel gesorgt: „Vor zehn Jahren kannte in Israel kaum jemand tschechisches Bier. Man konnte es fast nirgendwo kaufen. Mit der Eröffnung und dem Wachsen von Little Prague hat sich das grundlegend geändert: Tschechisches Bier ist in Israel zu einer echten Marke geworden; es sind sogar Importfirmen gegründet worden.“