Sie tschechern, die Tschechen!
Sie tschechern, die Tschechen! Auch wenn es etymologisch nicht belegbar ist, liegt durchaus die Vermutung nahe, dass sich das Wort „tschechern“ (in Österreich verwendet für extrem viel Alkohol trinken) von „den Tschechen“ ableite, wie ein Freund ob der Ähnlichkeit der Wörter kürzlich feststellte. Angesichts der Trinkgewohnheiten hier, stimme ich dem voll und ganz zu.
Ich habe in meinem Leben wohl noch nie so viele Abende und Stunden in irgendwelchen Beisln [Österreichisch für Spelunke, Anm. d. Red.] verbracht, wie hier in Prag, aber es gibt eben auch wirklich viele originelle, die man von innen gesehen haben muss.
Und ja, ich habe auch noch nie so viele Kneipenlieder gesungen, deren Text ich nicht ansatzweise verstehe… Aber ich mache das ja nur, weil mir eine Freundin den Rat gegeben hat, meine Abendgestaltung möglichst oft in Kneipen zu verlegen. Warum? Weil man dort die Sprache am besten lerne, sie spreche aus eigener Erfahrung. ;) Gesagt, getan.
Sprachlich macht man im Wirtshaus bei dem einen oder anderen Bier (das hier immer noch billiger ist als Wasser) wirklich Fortschritte. Nur vermute ich, dass ich keine mündliche Tschechischprüfung auf der Uni mehr bestehe, wenn ich diesen Wortschatz und diese Grammatik dauerhaft übernehme. Aber das stört (momentan) nicht im Geringsten.
Nicht umsonst besagt ein tschechisches Sprichwort: „Wo man Bier braut, da lässt es sich gut leben.“ Und das lässt es sich hier wirklich gut.
Mentalitätsunterschiede?
„Wer seine Nachbarn nicht kennt, hat einen guten Grund, sie nicht zu mögen“, soll der ehemalige tschechische Botschafter in Österreich, Jiří Gruša, einmal gesagt haben. Genau deshalb haben all diese Kneipenabende auch einen anderen Vorteil: Man lernt „die Tschechen“ besser kennen und in Folge dann hoffentlich auch zu mögen.
Ich bin also gerade dabei, die tschechische Mentalität zu begreifen. Und das ist nicht immer ganz einfach. Die Tschechen (um ein Pauschalurteil zu fällen) haben meinen Eindrücken zufolge viel Sinn für eine ganz spezielle Art von Humor, den man erst nach und nach verstehen lernt. Sie sind sehr gesellig, vor allem im eigenen Freundeskreis, aber nicht so offen gegenüber Fremden wie ich angenommen hätte. Hinzu kommt, dass sie selbstironisch, selbstkritisch und eher gemütlich veranlagt sind und alles auf sich zukommen lassen. Nicht viel anders als die Österreicher also. Die Geschichte hat wohl doch ihre Spuren hinterlassen. Es ist tatsächlich ein bisschen so (wie ich bereits einmal hier geschrieben habe), als würde man sich einen Spiegel vorhalten und die eigene „Seele“ wieder erkennen.
Magdas Erasmus-Blog #4 Neonazis und Karnevalsfiguren |
Magdas Erasmus-Blog #6 Falsches Deutsch |