Die Schule in Szentlászló
„Auf keinen Fall bringe ich mein Kind woanders hin“
Vor jedem neuen Schuljahr bangt man in einer Dorfschule um die Frage, ob es nun für eine Klassenstärke ausreichende Anmeldungen von Erstklässler*innen geben wird. Lautet die Antwort „Ja“, so ist das ein Anlass zum Feiern
Abwanderung ist ein Merkmal ländlicher Regionen in Ungarn und wird auch katalysiert von dem „Teufelskreis“, in dem sich Kinder wie Schulen befinden: Die jungen Menschen wandern ab und es gibt deshalb wenige Kinder, weshalb es auch wenige Schulen gibt, was wiederum junge Menschen vor der Familiengründung veranlasst, wegzuziehen – und alles fängt von vorne an.
Das sollte man aber nicht einfach als einen administrativen Ausweg betrachten: Die Kinder lernen bereits im Kindergarten Deutsch, in der Schule wird das nur fortgesetzt. Viele erzählten uns, dass sich die Kinder auch zu Hause deutschsprachige YouTube-Videos ansehen.
Auch die drei älteren Kinder der Rechtsanwältin Virág Mezei sind in Szentlászló zur Schule gegangen, und gerade jetzt kommt ihr kleinstes Kind hier in die erste Klasse: „Auf keinen Fall bringe ich mein Kind woanders hin. Auch die Großen haben hier gelernt, und Milán studiert jetzt Jura, Száva besucht die französische Spezialklasse des Leöwey Gymnasiums in Pécs, Lidi die deutsch-ungarisch-zweisprachige Klasse des Gymnasiums in Barcs. Auch von hier aus ist es also möglich, an eine Universität zu kommen und sich zu entfalten.“ Die neue erste Klasse zählt elf Kinder und ist eine echte Multikulti-Truppe: Auch der Sohn einer hiesigen niederländischen Familie kommt jetzt in die Schule.
Am meisten befürchten die Eltern natürlich, dass der Präsenzunterricht wegen der Corona-Pandemie unterbrochen wird. Die Befragten waren sich übrigens einig, dass die Schule die Hürde der Quarantäne sehr gut genommen hat, und dass sich die Kinder und Lehrer*innen gleichermaßen schnell auf den Online-Unterricht eingestellt hatten. (Über die Covid-Lage in Szentlászló berichten wir in einem separaten Beitrag.)
Ibolya Jászainé Löffler verbringt hier ihr erstes Jahr als Schulleiterin: Ihr Vorgänger hatte diesen Posten mehr als dreißig Jahre lang bekleidet. Auch was das Angebot an Kursen und Projekten angeht, kann die Schule im Wettbewerb mit den städtischen Schulen gut mithalten. Im Frühjahr gab es eine Projektwoche zum Thema Umweltschutz und im Herbst eine über gesunde Lebensweise: Im Rahmen der Letzteren hielten einheimische Dorfbewohner*innen die Projektstunden ab, dabei gab es aber auch Themen wie Aromatherapie, Schul-Yoga, Tiertherapie, Heilpflanzenkunde und sogar einen Kurs zum Thema Wiederbelebung.
Auch in ihrer Rede anlässlich der Schuljahreseröffnung betonte die Schulleiterin, wie wichtig die gegenseitige Akzeptanz, das Verständnis füreinander und die Stärkung der Gemeinschaft sind.