Klimagarten
"Die Natur ist kein IKEA-Ausstellungsraum!“
Die Skyline einer fast jeden Stadt wird dominiert von Häusern, Straßen und Brücken – von Gebäuden, die von Menschen aus Stein und Stahl erbaut wurden. Aber ist im Großstadtdschungel, wie er so schön genannt wird, noch Platz für richtige Natur? Und kehrt die Natur zurück, wenn man ihr etwas Platz lässt? Der Auróra Klimagarten ist ein Projekt in Budapest, welches genau dies, also die Erschaffung eines zusammenhängenden, selbstregulierenden Ökosystems in einem Stadtgebiet, zum Ziel hat. Im Folgenden werden die gärtnerischen Grundprinzipien von Klimagärten, ihre positiven Auswirkungen auf ihre unmittelbare Umgebung, sowie die Herausforderungen, die die städtische Umgebung mit sich bringt, beleuchtet. Was ist alles erreichbar, wenn man der Natur fünf Jahre gibt, um sich zu erholen?
Kompost auf dem Parkplatz
Der Garten wurde 2018 auf dem Parkplatz neben dem Auróra Gemeinschaftszentrum eröffnet und war ursprünglich als Gemeinschaftsgarten geplant. Als einer der Mitglieder des Gartens war Mark Richards für die Kompostierung der insgesamt 200 Liter Küchenabfälle verantwortlich, die während den wöchentlichen Kochaktionen der Budapester Abteilung von Food not Bombs anfielen. Der Erhalt des Gartens wird bis heute ausschließlich durch Sachspenden und freiwillige Hilfe ermöglicht.
Es wurde schnell klar, dass der Garten trotz der vielen gesellschaftlichen Vorteile – das Produzieren von Lebensmitteln, die Schaffung eines Rückzugsortes und die Wissenserweiterung über die Natur – aus klimaschutztechnischer Sicht keine nachhaltige Lösung darstellte, da traditionelle agrarwissenschaftliche Methoden ungeeignet sind, um ein eigenständiges Ökosystem zu erschaffen. Nach einem Jahr schlug Mark einen Strategiewechsel vor, die Mitglieder des Gartens und die Leitung des Auróra Gemeinschaftszentrums stimmten zu: sie gründeten den Auróra Klimagarten. Mit einem Taschengarten gegen den Klimawandel
Auf Basis traditionellen agrarwissenschaftlichen Wissens erschien es unmöglich, dass jegliche Pflanzen auf dem Gelände des Parkplatzes, dessen Boden aus einer über 30 Centimeter dicken Schicht aus Kies und Schotter bestand, wachsen würden. Deshalb pflanzten die Freiwilligen ihre Nutzpflanzen zunächst, als das Projekt noch als Gemeinschaftsgarten betrachtet wurde, in selbstgebauten Containern und gruben später Löcher in den Grund, die mit komposthaltiger Erde aufgefüllt wurden. So schufen sie ihren eigenen fruchtbaren Untergrund. Im Gegensatz dazu war nach dem Strategiewechsel das Hauptziel, eine zusammenhängende und mehrschichtige Grünfläche anzulegen und somit ein natürliches Gleichgewicht zu erschaffen. Mit einem praktischen, erfahrungsbasierten Ansatz suchten die Helfer*innen nach nachhaltigen Methoden zur Pflege des Gartens.
Die Anwohnerschaft nimmt am Erhalt des Gartens ebenfalls aktiv teil. Sie bringen kompostierbaren Abfälle, wie Küchen- und Gartenabfälle, in den Garten. Im Sommer kommen ungefähr 50 Menschen regelmäßig den Auróra Klimagarten, im Winter sind es in etwa 15 Personen. Hier pflegen sie die Pflanzen und genießen die natürliche Umgebung. Die Mitglieder des Gartens veranstalten regelmäßig Workshops für Kinder und Interessierte, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und nachhaltige Methoden des Gärtnerns zu lehren, sowie um den Teilnehmer*innen die Möglichkeit zu bieten, die Lebewesen, die im Garten zu finden sind, kennenzulernen. Grenzen und Vorteile
Bei der Erschaffung des Gartens erwies sich neben dem Untergrund des Parkplatzes auch die städtische Umgebung als Herausforderung. Die Häuser beschränken den Platz, der zur Verfügung steht, im Winter verdecken sie die Sonne und im Sommer reflektieren sie ihre Wärme, was grenzwertige Temperaturschwankungen zur Folge hat. Des Weiteren ist der Garten mit einer Mauer umzäunt, aber Mark ist sich sicher, dass die Bäume diesen Sommer hoch genug sein werden, um auch auf der anderen Seite der Mauer sichtbar zu sein. Außerdem dienen die Bäume auch als Sichtschutz und Lärmdämpfer. Obwohl sich die Anwohner manchmal wegen des Lärms beschweren, ziehen sie wahrscheinlich einen Nutzen aus der Anlegung des Gartens, da durch unmittelbare Grünfläche meistens der Wert von Wohnungen ansteigen.
Ziele
Auf die Frage, worauf Mark am stolzesten sei, lacht er nur und zeigt einmal um sich. Auf einem 240 m² großen Gelände in der Mitte von Budapest haben er und die anderen Mitglieder des Gartens es geschafft, in weniger als fünf Jahren eine Oase zu erschaffen, in der heute bereits 170 Bäume wachsen und die als Lebensraum für zahlreiche Lebewesen dient. Der Auróra Klimagarten ist ein perfektes Beispiel dafür, dass die Natur überallhin zurückkehren kann, wenn wir es zulassen.