Diana Ürge-Vorsatz und Hans Joachim Schellnhuber
Klimaschutz

Wechselwirkungen_Klimaschutz
Réka Elekes © Goethe-Institut

Im Rahmen unserer “Wechselwirkungen”, möchten wir diesmal das Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Politik und Umwelt schärfen und den Einfluss von bedeutenden Akteuren wie Diana Ürge-Vorsatz und Hans Joachim Schellnhuber aufzeigen. 

Diana Ürge-Vorsatz hat einen beeindruckenden akademischen Hintergrund in den Naturwissenschaften und Umwelttechnik. Sie hat sich auf die Verringerung des Treibhausgasausstoßes von Gebäuden und Städten und deren Auswirkungen auf den Klimawandel spezialisiert.
Im Jahr 2023 wurde ein neuer Vorstand für den siebten Berichtszyklus des IPCC gewählt, und Ürge-Vorsatz wurde eine der drei neuen Vize-Vorsitzenden des Gremiums.

Auch der renommierte deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber beschäftigt sich in seiner Arbeit vor allem mit Klimafolgenforschung und Erdsystemanalyse. Er ist weltweit einer der angesehensten Klimaexperten.
Bis September 2018 war er Direktor des von ihm gegründeten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Darüber hinaus war er von 2009 bis 2016 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und ist Mitglied des Weltklimarats (IPCC), ebenso wie Frau Diana Ürge-Vorsatz. Seit 12/2023 ist er der Generaldirektor des IIASA (Internationales Institut für Systemanalyse) in Laxenburg bei Wien.

Schellnhuber gehört zu den Pionieren, die nachhaltige Lösungen für das Klimaproblem fordern und hat die internationale politische Diskussion maßgeblich beeinflusst. Insbesondere hat er das Konzept der Kippelemente in die Klimaforschung eingeführt und den zeitnahen Handlungsbedarf in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft betont, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Er setzt sich dabei vor allem für die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energiequellen ein.  

Wir haben mit den beiden Klimaexperten ein Interview zum Thema Umweltschutz gemacht.

Was bedeutet Klimaschutz für Sie?

Diana Ürge-Vorsatz: Die Zukunft der Zivilisation! In den letzten 10.000 Jahren hat sich das Klima in einer sehr stabilen Zone befunden; es hat sich nicht außerhalb eines Temperaturbandes von etwa 1 Grad C bewegt.
Nun aber haben wir das Klima aus diesem 1-Grad-Band heraus bewegt.
Wir haben also die Stabilität der Vergangenheit verloren. Solange wir weiterhin fossile Brennstoffe verbrennen, wird sich das Klima weiter verschlechtern. Je früher wir die Netto-Null-Emissionen erreichen, desto niedriger wird sich die Durchschnittstemperatur stabilisieren, was sich auf Hunderte oder Tausende künftiger Generationen auswirken könnte, so dass wir hier eine große Verantwortung tragen. 

Hans Joachim Schellnhuber: Ich stimme Frau Ürge-Vorsatz vollkommen zu: Die Zukunft unserer Zivilisation hängt vom Schutz bzw. sogar der Reparatur des Klimas ab. Dabei geht es nicht nur um die Erhaltung unserer Umwelt, sondern auch um die Sicherung der Lebensgrundlagen für kommende Generationen. Klimaschutz bedeutet also das langfristige Gemeinwohl für einige Zeit über die kurzfristigen Partikularinteressen zu stellen. Praktisch heißt das, dass wir durch unser Wirtschaften keine weiteren Treibhausgase in die Atmosphäre emittieren, sondern sogar die Atmosphäre von den historischen Emissionen reinigen. In einer biobasierten Kreislaufwirtschaft kann das Realität sein.


Werden wir in der Lage sein, die Welt zu verändern? Glauben Sie daran, dass wir das Klimaproblem lösen können?

D.Ü.-V.: Das muss man - Natürlich nicht allein! Wir müssen glauben, sogar wissen, dass wir die Welt verändern können, weil wir die negativen Veränderungen, die wir erleben, selbst verursacht haben. Also haben wir auch die Macht, die Welt zu verändern. Es liegt in unserer Hand.
Das Pariser Abkommen zum Beispiel hat bereits viel bewirkt. Selbst bei den schlimmsten Szenarien ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass die Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts 5-6 Grad Celsius beträgt.

J.S.: Ich bin davon überzeugt, dass wir das Klimaproblem lösen können. Es erfordert jedoch entschlossene globale Anstrengungen, umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Politik. Der entscheidende Beitrag zur Lösung liegt dort, wo wir ihn nicht vermuten: Die umfassende systemische Umgestaltung unserer gebauten Umwelt in eine globale Kohlenstoffsenke kann eine Klimakatastrophe verhindern.  Wenn wir unsere Häuser und Infrastruktur mit nachwachsenden Baustoffen wie Holz und Bambus bauen, nutzen wir eine über Jahrmillionen perfektionierte und geniale ‚Technologie‘ – die Photosynthese – dafür das überschüssige CO2 aus der Atmosphäre zu reinigen.


Was macht Ihnen Hoffnung?

D.Ü.-V.: Wenn wir klug sind, werden wir Lösungen den Vorrang geben, die der gesamten Menschheit zugutekommen. Zum Beispiel die Auswirkungen der Umwandlung unserer Städte in 15-Minuten-Städte, die das Autofahren überflüssig machen, weil wir ohne Auto schnell, bequem und gesund zur Arbeit, zur Schule, zum Einkaufen, zum Arzt usw. gelangen können.

In 15-Minuten-Städten wird die Gemeinschaft gestärkt, da die Menschen nicht einen großen Teil ihres Lebens im Auto verbringen, sondern die Möglichkeit haben, einen schönen Spaziergang zu machen, sich in ein Straßencafé zu setzen, weil es keine verkehrsreichen, stinkenden Straßen und Plätze gibt.

J.S.: Vor allem die junge Generation macht mir Mut: Sie glaubt an die Wissenschaft, ist engagiert, selbstbewusst und digital versiert. Sie hat es geschafft, die Klimakrise ins öffentliche Bewusstsein zu bringen und grundlegende Veränderungen einzufordern. 

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