PORTRÄT DER KÜNSTLERIN ALS MONSTER
nicht schuppen hab ich und auch keine flammenhaut kein stinkendes gebiss und keine fließenden abszesse ich hab kein haar aus schlangen, keine kralle
die sich in die ohren einer talkshow runde bohrt
mich sah noch niemand
mit verbranntem rücken und auch nicht mit hula hoop kein gift hängt mir am hüftgurt, keine hundebeine wenn ich nachts zum spätkauf geh
wüsst ich alle wünsche schon im voraus
wär ich mutter, so wie alle, algorithmus
meine dna gewächshaus. werf ich steine ins getreibe nähern sich blaue sirenen, nicht, um licht zu heulen oder autoraser anzulocken. sie nehmen mich mit
an den baggersee und bringen mir ihren gesang bei: finde uns, auch in unterirdischen schächten
ich brauche keine schlangenhaut und auch keine zangen keinen fischschwanz oder schwarze klauen
mir reicht ein wort von dir, ein augenschlag
wenn du mich anblickst und ein monster siehst
erstarre
UNBEKANNTERWEISE FÜR RISK HAZEKAMP
james dean mit james’ lederjacke und jeans der wind der prärie und der ölfelder texas’ föhnt die 50er haare. alle wollten so sein
dean, was sie auch taten, um so zu sein wie du mit deinen coolen stiefeln bestiegen sie ihre autos um schneller zu sein als der himmel in hollywood james dean revisited mit james’ jeans und blick aus dem screen. risk hazekamp als gigant*in in einer us-landschaft oder photo-montage steht im museum vor knapp 30-jährigen lezzies die sich an ihre teens erinnern und die fantasie mit cowboy-hut und james’ jeans auf einer harley in die rocky mountains zu ziehn. mit ihrem ersten crush wie zwei desert hearts zu posiern
genau mit dieser coolness von risk hazekamp
ANATOMIE
du meine perlenfingernde nonne
oh djuna, du meintest doch keinen rosenkranz, oder? eine wooly rose vielleicht wie anne sexton? eine wollene rose, die beim öffnen ihre falten zeigt ein pelziges tierchen, das - anders als eine auster - nicht im kalkgehäuse liegt, eine perle bebrütet oder von einer stumpfen klinge gebrochen wird um sie dann mit zitrone zu schlürfen
auch keine schnecke - obwohl schon eher hermaphrodit etwas süßes - auch keine reife pflaume
keine halb gespaltene kastanienhaut, stachlig oder als glatter huf. nein - ich meine - all das nicht
LESBISCHE GEDICHTE
wie lesbisch sind deine gedichte, fragte jemand weiß ich nicht, dachte ich, was sie so tun wenn ich nicht hinseh
es hilft nicht, sie zu beobachten
denn gedichte sind sehr scheu
eigentlich genau wie kobolde
nur räumen sie nicht auf
denn gedichte sind total chaotisch
und geschenke hinterlassen sie auch nicht im schuh denn wovon sollten sie die kaufen
vielleicht lieben meine gedichte wörter mit o sehen dabei oktopusse wie durch unterwasserfenster oder brüste in push-up-bhs, mit geplätteten nippeln würden meine gedichte sich selbst schreiben schrieben sie bestimmt am liebsten onomatopoesie liebten totoro und wären oft in tokyo
hörten yoko ono endlos
glotzten dokus über bonobos
zitierten lorca und golob in sportstudios
tauchten ihre fäuste in den orinoco flow
und sängen an den ufern vom bosporus
küssten sich ganz pomo auf die nackten
pomodoro roten popos
bis auch noch der letzte homo sapiens
den glauben an die unschuld der poesie
verloren hätte
ASSOZIATION
würde ich ein bild von ginsberg umdeuten schreiben: ich griff nach ihrer marmorvulva müsste ich lachen, könnte nicht anders als an diana denken beim bogenschießen die einbeinig auf zehenspitzen steht und zielt ihren nackten po vorstreckt als göttliche vorreiterin von gyms und schwitzigen turnmatten vielleicht ist marmor stoff für steife glieder ein steinwerk reicht nicht für diana, denke ich und sehe den vom see geleckten sand in den ich meine finger senke
DRASTISCHE MAßNAHMEN
in die einsamkeit gehen, so into the wild und alle vier wochen blut aus dem muskelleib, hohlorgan voll schleim leben als eremitin mit eigener höhle könnte ich mich in die stille gottes versenken. moos
zwischen den beinen und hirschläuse im haar
würde in der wüste heuschrecken streifen
in klaren flüssen die lachse, während sie laichen bin drei wochen lang höchstens agnostisch wie thomas und beim ersten tropfen aus der form der fünften wunde sicher, dies ist die regelmäßigste theodizee
KONVERSATION
ohne ein wort begegnen wir unsren zungen beschäftigt mit turnübungen
im mund der andern buckeln, sich strecken deklinieren ihre spitzen zwischen den zähnen ziehen ihre spur von einer metapher zur nächsten über nasenflügel, ohrmuscheln, brustwarzen beide im sprint am nabel vorbei und weiter zur körpermitte, um dann
je eine kleine zunge zu finden, die nicht sprechen kann aber zu verstehen gibt, dass sie bereit ist für mehr als nur small talk
HYMNE
singe in lingua franca. french kiss, offen und ehrlich ein loblied auf die matrjoschkas, aus denen säuglinge über säuglinge kopfüber in die welt springen. singe auf die schraubenmutter
die ihre sprache umkreist, damit sie ihr im hals stecken bleibt. oh, ödipussi. du hast eine lockere lingua zwischen den fingern, die sich zum v wie beine beim yoga in die luft strecken und einen umgedrehten triumphbogen andeuten
da stockt die hymne, überschlägt sich
und als sie wieder aufsteht, ihre buchstaben aufzusammeln, wird sie zum hymen. das platzt vor lachen über die alten gäuler der standbilder