Intersektionaler Feminismus
Gemeinsam zum Wir-Garten
Diversity ist nicht einfach, sondern mehrfach schön. Der Pfad in Richtung Gleichberechtigung muss zudem kein Irrgarten, sondern ein Wir-Garten sein. Dr Michaela Dudley zeigt in ihrem Essay, dass die Frauenbewegung nur dann auf nachhaltige Fortschritte hoffen, kann wenn wir sie intersektional begreifen.
Von Dr. Michaela Dudley
Es ist deshalb unsere Aufgabe als Verfechter*innen der Frauenrechte, dafür Sorge zu tragen, dass eine Vorkämpferin wie die Afroamerikanerin Sojourner Truth (1797–1883) entsprechend gewürdigt wird. Es ist eine Frage des Respektes, wie Aretha Franklin (1942–2018) es uns Buchstabe für Buchstabe klangvoll beibringen würde. Der moderne Feminismus sollte sich die Zeit nehmen, ein Stück weit in die Fußstapfen von Schwester Sojourner zu treten. Wie ihre ebenfalls Schwarzen Zeitgenossinnen Harriet Tubman und Ida B. Wells, sprengte die in der Sklaverei geborene Truth ihre Ketten, ohne ihren Brüdern und Schwestern den Rücken zu kehren. Harriet Tubman, die furchtlose Schaffnerin der Fluchtorganisation Underground Railroad, kennen wohl auch über den Black History Month hinaus sehr viele. Ida B. Wells hingegen ist vielen außerhalb der Schwarzen Community leider noch nicht geläufig, obwohl die Journalistin mit ihren bahnbrechenden Berichten über rassistische Lynchings und Aktivistin für das Frauenwahlrechte Anerkennung verdient.
Mit ihrer damals viel beachteten Rede „Ain’t I a woman …?“ (Bin ich etwa keine Frau) aus dem Jahre 1851 sprach Truth – nomen est omen – die Wahrheit.
Bin ich etwa keine Frau? Sehen Sie mich an! Sehen Sie sich meinen Arm an! Ich habe gepflügt, gepflanzt und die Ernte eingebracht, und kein Mann hat mir gesagt, was zu tun war! Bin ich etwa keine Frau?
Frauen werden wegen ihrer Herkunft, Glaubensrichtung, Sozialklasse, Altersgruppe und vor allem wegen ihres Genders benachteiligt – um nur einige Kategorien zu nennen. Oft werden mehrfach diskriminierte Aktivist*innen nicht oder kaum wahrgenommen, obwohl sie vorderster Front des Kampfes stehen. Ein Beispiel ist Marsha P. Johnson (1945-1992), die Schwarze trans* Frau, die 1969 den ersten Stein von Stonewall warf und somit die Initialzündung der modernen Gay-Rights-Bewegung auslöste, wird viel zu oft in der feministischen Geschichtsschreibung unsichtbar gemacht. Durch die Breite der Benachteiligungen, die wir intersektional betroffenen Frauen erleben, ist es uns möglich, Gemeinsamkeiten zu finden und gemeinsame Strategien zu entwickeln, um patriarchalische Herrschaftsstrukturen zu bekämpfen, aber auch um einander Beistand zu leisten, wenn es „nur“ darum geht, die lästigen Mikroaggressionen des Alltages abzuwehren.
Sojourner Truth ist nicht nur eine Heldin der Black Women. Sie ist ein Vorbild für alle Frauen. Für die Ghettoisierung der Geschichte sind wir Black Women nicht verantwortlich. Wir suchen Anschluss und bieten Ansätze.Schwarzer Feminismus ist kein exklusiver Alice-Schwarzer-Feminismus, sondern inklusiv und zukunftsorientiert. Gemeinsam müssen wir die Ärmel hochkrempeln, zusammen greifen wir einander unter die Arme. So können wir den Garten kultivieren und bunter machen, während der Feminismus stets tiefer Wurzeln schlägt.