Fünf typisch deutsche Gewohnheiten
Das macht man hier so!

Feiernde auf dem Oktoberfest 2024 in München
Deutsche gelten oft als humorlos und unterkühlt – aber beim alljährlichen Oktoberfest in München sind sehr viele von ihnen sehr gut gelaunt. | Foto (Detail): © picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Kein Humor, immer überpünktlich, wortkarg und etwas unterkühlt – bei diesen Beschreibungen ploppt sofort eine Nationalität im Kopf auf: die Deutschen. Die Liste könnte man unendlich weiterführen – hier schauen wir auf fünf Gewohnheiten, die als „typisch deutsch“ gesehen werden.

Von Jonas Grimm

Sonntag, 20:15 Uhr, Tatort

1.271! So viele Folgen der Krimiserie Tatort flackerten bis heute über die Bildschirme. Er ist das Lieblingskind in der deutschen Wohnzimmerlandschaft – und für manche TV-Gucker so heilig wie ein Gottesdienst. Mitt-Zwanziger gucken ihn zu viert in ihren verrauchten WG-Küchen, während ihre Omas und Opas zeitgleich vom Ohrensessel aus Richtung Fernseher starren. Ob Urgestein „Kommissarin Lena Odenthal“ oder Publikumsliebling „Professor Karl Friedrich Boerne, Gerichtsmediziner“: Den Deutschen sagen die Namen ihrer Ermittler*innen mehr als die ihrer Großcousins. Selbst auf Dating-Apps findet der Tatort den Weg in die Profile der Liebessuchenden. „Das ist für mich nicht verhandelbar: Kein Tatort-Fan zu sein!” oder: „Typischer Sonntag: Kaffee, Spaziergang, Tatort.“ Tatort und Deutschland, it‘s a match – auf 1.271 weitere Folgen!
Startbild der Fernsehserie Tatort

Immer wieder sonntags: der Tatort | Foto (Detail): picture alliance / Geisler-Fotopress | Dwi Anoraganingrum/Geisler-Fotop

Die Tickets, bitte!

Wie sagte die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel einmal so schön: „Das Internet ist für uns alle Neuland.” Allerdings erklärte sie das nicht im Jahre 1997, sondern 2013. Damit ist über die Einstellung der Deutschen zur Digitalisierung eigentlich schon alles gesagt. An wenigen Orten zeigt sich diese Einstellung besser als in den Schlangen vor Sportevents und Konzerten oder auf den ICE-Sitzen der Republik. Ticketkontrolle? Gut, dass ich meinen Nachweis in Papierform mit dabeihabe. Am besten wird das DIN-A4 auch noch verpackt in eine Klarsichtfolie. Ob die Eltern am Flughafen oder der 18-Jährige vor dem Fußballstadion – sicher ist sicher. Nicht, dass man am Ende noch seinen Kuh-Err-Code irgendwo verliert.
Menschen vor Fahrkartenautomat im Kölner Hauptbahnhof

Irgendwie sicherer: ein ausgedrucktes Zugticket | Foto (Detail): © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Was ist denn der für ein Baujahr?

3er, 5er, 7er. 911er, A-Klasse oder Polo. Das Auto wird gehütet wie der Augapfel. Dabei ist es egal, ob es sich um eine liebevoll am Leben erhaltene Kiste mit über 300.000 Kilometern auf dem Tacho handelt, oder um den neuen Familien-Van. Und wer sein Auto liebt, der schiebt es sogar, glaubt man dem Sprichwort. Die Fixiertheit auf vierrädrige Gefährte wird gerade im Ausland als eine der typischsten deutschen Gewohnheiten gesehen. Wer seine Reifen am Wochenende nicht auf Hochglanz poliert, kassiert schon mal den ein oder anderen Blick der Nachbarn. Wie nennt man schließlich einen zweirädrigen Einkaufswagen? Hackenporsche!
Luxusautos in der Münchner Maximilianstraße

Münchner Maximilianstraße: Luxusautos und Schaufenster glänzen um die Wette | Foto (Detail): © mauritius images / Arnulf Hettrich / imageBROKER

Mahlzeit!
Als eine der feinsten Küchen gilt die deutsche nicht gerade. Trotzdem hallt ein Wort jeden Tag von 11 bis 14 Uhr durch die Baustelle wie durch den Büroturm: Mahlzeit! Egal, ob das Gegenüber hungrig ist oder gerade in Arbeit ertrinkt. Zwischen spätem Vormittag und Nachmittag wird jeder gemahlzeitet. Auch der Azubi von der Chefin. Das ist so sicher wie das Amen (Mahlzeit) in der Kirche (Firmenkantine). Wir haben uns noch nie gesehen und begegnen uns im vierten Stock auf dem Gang? Mahlzeit!
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beim Mittagessen in der Kantine der Sanitätsakademie der Bundeswehr

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier freut sich auf sein Mittagessen in der Kantine der Sanitätsakademie der Bundeswehr | Foto (Detail): © picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Frischer Wind
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist die deutscheste aller olympischen Disziplinen jedem bekannt: das Stoßlüften. Rund um das gezielte komplette Öffnen einer oder mehrerer Fenster hat sich eine eigene Wissenschaft gebildet. Drei- oder viermal am Tag? Wie lange in welchen Jahreszeiten? Das Einlesen in die Thematik ersetzt ein halbes Physikstudium. Stoßlüften ist typisch deutsch, Stoßlüften muss sein. Ja, auch bei minus 10 Grad im Winter.
Ein geöffnetes Fenster in einer Fensterfassade

Eine Person hat's verstanden: Stoßlüften muss sein! | Foto (Detail): © Chris Barbalis | Unsplash

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