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„Ich will den Raum des Films sprengen und damit erweitern.“

Raam Reddy an der Berlinale
Raam Reddy an der Berlinale | Foto (Detail) © Berlinale

Von Prathap Nair

„The Fable“ ist völlig anders als dein erster Film „Thithi“. Was hat dich dazu bewogen, in „The Fable“ ernstere Themen zu erkunden?

So mag ich einfach mein Leben – ich bin gerne in Bewegung und entdecke neue Dinge. Thithi war ein lustiger Film mit einem eher ernsten Ende. Diesmal wollte ich einen ernsten Film machen und schauen, wie das funktioniert. Gelingt es mir, einen fesselnden und spannenden Handlungsstrang zu entwickeln, obwohl darin immer wieder magische Elemente auftauchen? Ich habe mit verschiedenen Erzählebenen gespielt und versucht, dem Film eine gewisse Komplexität zu geben. Dabei wollte ich mich selbst vor die Herausforderung stellen, neben professionellen Schauspieler*innen auch mit Laiendarsteller*innen zu arbeiten und so viele Aspekte des Lebens wie möglich in einer einzigen Erzählung unterzubringen. Das Ergebnis ist „The Fable“.

Woher kam die Idee für „The Fable“?

Mit 19 habe ich meinen ersten Roman geschrieben, der auch Elemente des magischen Realismus enthielt – daraus ist zunächst Thithi und dann „The Fable“ entstanden. Der magische Realismus war schon immer ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit und etwas, das mich als Künstler begeistert. Ich will den Raum des Films sprengen und damit erweitern. Das liebe ich an meiner Arbeit, und es gehört auch fast schon zu meinem Markenzeichen. „The Fable“ war wie eine große Leinwand, auf der ich genau das versucht habe.

Der Film enthält viele nicht abgeschlossene Handlungsstränge, viele Fragen hast du scheinbar offen gelassen. Damit setzt du einen deutlichen Kontrast zum üblichen Storytelling in indischen Filmen. Was sagst du dazu?

Alle Kunst, die didaktisch und moralisierend sein will, ist gleichzeitig auch begrenzt, weil sie Dinge ausschließt. Der magische Realismus beruht im Wesentlichen auf der Idee des Wunders: Auf dem Gedanken, Raum für Möglichkeiten zu lassen und dafür, dass sich dieses Gefühl des Wunders entfalten kann. Beispielsweise öffnet der Film mit einer Alltagsszene, die jedoch mit einem unerwarteten Twist endet. Dieses Gefühl des Wunders und der Offenheit zu bewahren, darum geht es meines Erachtens im Leben des Menschen. Dieser Blick ist mir wichtig. Und ich denke, Kunst ist viel faszinierender, wenn sie Raum für vielförmige Interpretationen lässt.

Welche Autor*innen des magischen Realismus magst du am liebsten?

Salman Rushdie, Gabriel Garcia Marquez, Haruki Murakami und Franz Kafka. Während meiner Zeit an der Filmschule in Prag wohnte ich in der Nähe von Kafkas Grab, das ich oft besuchte, um seinen kreativen Geist zu spüren.

Das Fable-Team an der Berlinale: Priyanka Bose, Raam Reddy, Manoj Bajpayee und Deepak Dobriyal © © Berlinale Das Fable-Team an der Berlinale: Priyanka Bose, Raam Reddy, Manoj Bajpayee und Deepak Dobriyal © Berlinale

Was ist dein Eindruck von Berlin und von deiner ersten Berlinale?

Berlin ist eine unglaubliche Stadt – sehr lebendig und dynamisch. Sie ist wundervoll und abenteuerlich zugleich. Natürlich habe ich noch lange nicht alles von der Stadt gesehen, doch meine Einblicke in ihre Kunstszene haben mir bereits einen Eindruck von ihrem unvergleichlichen Reichtum an Kreativität vermittelt. Es ist aufregend, Teil davon zu sein.

Die Berlinale ist viel größer, als ich gedacht hätte. Sie ist ein großes Fest des Kinos, das ein ausgesprochen freundliches und angenehmes Publikum mit dem Filmbusiness zusammenbringt. Eine wichtige und ehrenvolle Aufgabe. Ich hätte mir keinen besseren Ort für die Premiere meines Films wünschen können!

Inwiefern tragen Festivals wie die Berlinale deiner Meinung nach zum kulturellen Austausch zwischen Indien und Deutschland bei?

In diesem Jahr stehen sieben Spiel- und Kurzfilme aus Indien auf dem Programm. Außerdem gibt es die Sektion Berlinale Talents. Deutschland hat indische Kunstschaffende mit offenen Armen empfangen, ihnen eine Plattform geboten, um ihre kulturellen Narrative zu teilen, und sich für einen konstruktiven interkulturellen Dialog eingesetzt. Auch wenn wir uns als Länder und als Menschen voneinander unterscheiden, verbindet uns das Kino doch miteinander. Ich fühle mich sehr willkommen und zutiefst darin bestärkt, meinen künstlerischen Weg fortzusetzen.
 

Über den autor

Der freie Kulturjournalist Prathap Nair lebt in Düsseldorf und berichtet für namhafte indische Medien über die Berlinale.

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