Museale Episode
„Wir müssen die Machtstruktur überprüfen“

Marcelo Rezende nahm am performativen Symposium von „Museale Episode“ teil
Marcelo Rezende nahm am performativen Symposium von „Museale Episode“ teil | Foto: Anthea Schaap

Die Veranstaltungsreihe „Museale Episode“ hat sich drei Jahre lang im Rahmen des Großprojekts „Episoden des Südens“ mit der Zukunft von Museen weltweit befasst. Mit einem performativen Abend an der Akademie der Künste endete die Reihe des Goethe-Instituts São Paulo nun in Berlin. Im Interview spricht Marcelo Rezende, Leiter Archiv der Avantgarden der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, über die wichtigsten Erkenntnisse.

Welches Resümee ziehen Sie nach drei Jahren „Museale Episode“?

Es war eine einzigartige Erfahrung, weil es keine vorgefertigten Antworten gab. Es gibt nicht die eine Lösung für das Museum, für seine Probleme. Wir müssen akzeptieren, dass ein Museum nie stabile Strukturen hatte oder haben wird. Stabilität ist nur eine historische Illusion. Man muss also erst einmal einsehen, dass man in einem ständigen Widerspruch voller Paradoxien arbeitet. Dann kann man einen Weg finden, im Labyrinth des Museums zu leben, zu überleben, zu arbeiten und zu forschen.

Die Besucherinnen und Besucher von „Museal Episodes“
Die Besucherinnen und Besucher von „Museal Episodes“ | Foto: Anthea Schaap

Das Museum menschlicher machen

Welche Definition von Museum haben Sie?
 
Nun, das ist eben die Frage. Wenn wir über das Museum sprechen, meinen wir dann das europäische Museum? Oder das Museum, das nach der französischen Revolution als ideologisches Werkzeug des Nationalstaates geformt wurde? Oder das Museum mit der universellen Idee, das Rennen gegen die Zeit zu gewinnen und eine Erfahrung oder Erinnerung aufrechtzuerhalten? Vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis von „Museale Episode“, dass man sich bewusst macht, dass es das Museum an sich nicht gibt, sondern verschiedene Museen, die auf verschiedene Weise existieren.

Museen befinden sich in einem Transformationsprozess, so eine These der Reihe. Was halten Sie für die größten Herausforderungen?

Eine große Herausforderung für das Museum besteht darin, zu lernen, etwas auszuprobieren, womöglich zu scheitern und es dann erneut zu versuchen. Die Aufgabe besteht darin, das Museum menschlicher zu machen, das Gebiet der Gewissheiten zu verlassen und dann in der Lage zu sein, von der Gemeinschaft zu lernen und nicht in einer Position zu verharren, in der man aufgrund von Irrelevanz zugrunde geht.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des performativen Symposiums von „Museal Episodes“
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des performativen Symposiums von „Museal Episodes“ | Foto: Anthea Schaap

Ein Raum für alle

Warum haben Sie sich dafür entschieden, Ihren eigenen Arbeitsplatz und den Ihrer Kuratorinnen und Kuratoren in der Mitte des Ausstellungsraums zu platzieren, als Sie noch das Museum für Moderne Kunst in Bahia geleitet haben?
 
Es ist wichtig, die Machtstruktur innerhalb des Museums zu überprüfen. Wir sprechen so viel davon, was ein Museum lehren kann, aber selten darüber, was es lernen kann. Ich finde es interessant, dass man in Museen sogenannte politische Ausstellungen und Debatten erlebt, aber die Museen ihre interne Struktur nicht thematisieren. In Bahia haben wir gelernt, dass ein Museum ein Raum für jeden sein kann, dass jede Stimme gehört werden und nur dann Teil des Diskurses werden kann.

Könnte das ein Modell für andere Museen sein?

Wir haben dieses Konzept eingeführt, weil die Geschichte des Museums seit seinen Anfängen radikale Gedanken und Aktionen gegenüber der Kunst pflegt. Ein Museum sollte meiner Meinung nach seine eigene Geschichte und seinen eigenen Kontext verfolgen, vorgefertigte Formate meiden und die Illusion aufgeben, dass es einen richtigen Weg gibt, der überall angewendet werden kann. Wenn wir das umsetzen, können wir verschiedenartige und einzigartige Museen schaffen.

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