Theaterstücke
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Mohan Rakesh schrieb drei Theaterstücke, die jeweils von einem Paar handeln: Ashaad Ka Ek Din (Kalidasa-Mallika), Lehron ke Rajhans (Nand-Sundari) und Aadhe-Ahure (Savitri-Mahendranath). In allen drei Stücken haben die Frauen schuld, und die Männer schmollen ob ihres verletzten männlichen Egos.

Von Ramu Ramanathan

Ich habe mich immer gefragt, was passieren würde, wenn sich die drei Frauen aus diesen Stücken im Jahr 2021 miteinander unterhielten. Und wenn sie versuchten, sich über die Männer in ihrem Leben klar zu werden und sich von ihnen zu lösen. Als erstes würden sie einen Blick auf Henrik Ibsens Text zu Nora oder ein Puppenheim werfen, in welchem der norwegische Dramatiker festhielt: „Es gibt zwei Arten von Gewissen, das eine des Mannes und das andere, völlig verschieden davon, das der Frau. Sie verstehen einander nicht, aber im täglichen Leben wird die Frau nach dem Gesetz des Mannes beurteilt als wäre sie keine Frau, sondern ein Mann.“

Die Frau in diesem Stück weiß am Ende nicht mehr, was richtig oder was falsch ist. „Natürliches Gefühl auf der einen und Autoritätsglaube auf der anderen Seite haben sie völlig verunsichert.“ Dies ist ein gemeinsames Thema in den Stücken der Big Four: Rakesh, Karnad, Badal Sircar und natürlich Tendulkar.

Mohan Rakesh, Vijay Tendulkar, Badal Sircar und Girish Karnad stellen die vier Säulen des indischen Theaters in den 1960er und 1970er-Jahren dar. Allein ihr jeweiliger Beitrag zum Theater macht alle vier unsterblich. Generationen von Theatrewallahs haben sich wegen ihrer Theaterstücke in Maharashtra formiert.

Was also würde passieren, wenn Mallika, Sundari and Savitri im Jahr 2021 miteinander plaudern würden?

Ich denke, sie wären sich darüber einig, dass die typische Frau in einem Stück von Vijay Tendulkar in ihrer Tragödie aufgehen würde. Die Frauen schmachten und seufzen in ihren Gefühligkeiten. Oder der Wahnsinn treibt sie ins Moor. Oder die Sünde nagt an ihnen. Oder männliche Macht ist ihr Verderben. 

Bar jeden Humors sind die Frauen Dienerinnen des Leidens, sie sind Heilige, Huren, Hexen oder alles drei gleichzeitig. Oder Unbill lässt sie versteinern, sie sind verhärtet und verbittert, eine wortlose Klage. Möglicherweise ist die Zeit gekommen, in der, wie Günter Grass feststellt, „dem Ritter von der traurigen Gestalt ein Frauenrock zu geben ist und man sie gegen die Windmühlen männlicher Vorurteile kämpfen lässt.“

Der Punkt ist: Will man die Männer in den Stücken verstehen, muss man sich die Frauen anschauen. Und die Darstellung von Frauen in indischen Stücken ist äußerst problematisch, denn es fehlt an weiblichem Bewusstsein. Männliche Dramatiker wie Tendulkar schienen sich die Tatsache nicht bewusst gemacht zu haben, dass Frauen in diesem Land unterdrückt werden und Opfer nicht nur des Patriarchats sind (Shantata, Court Chaalu Ahe), sondern auch der Kaste (Kanyadan), der Klasse (Kamla) und der Familie (Gidhadhe).

Die 1960er-Jahre haben Sex im Westen neu definiert. In Indien blieb es eher wie gehabt. Männer und Frauen machten selten Liebe, sie vögelten. Tendulkar unterstrich dies. Sex wurde vulgär, aggressiv, gefühllos und, vor allem, schmerzhaft für die Frau, die von dem Geschehen tief betroffen war. 

Niemand schien es zu bemerken. Niemand schien es zu interessieren. Ich hatte dies einmal gegenüber Tendulkar angesprochen. Er antwortete darauf: „Trifft es auch auf den Gott Krishna zu? Als er die Frauenkleider stahl? Alle fanden das lustig.“

Gershon Legman hatte es treffend mit folgenden Worten beschrieben: „Die meisten Frauen verabscheuen Limericks aus dem gleichen Grund, aus dem Kälber und Hühner Kochbücher hassen. Der Punkt ist, Mord ist ein Verbrechen, Mord zu beschreiben, ist es nicht. Sex ist kein Verbrechen, Sex zu beschreiben ist es.“

Satish Alekar sagte in einem Interview mit dem Theatermagazin PT Notes: „Mehr als die Stücke selbst beeindruckt mich die Atmosphäre, die Tendulkars Stücke schaffen. In den letzten vier Jahrzehnten hat er Stücke geschrieben, die die Grenzen des Populären, des Konventionellen, des Unterhaltsamen sprengen. Sie haben eine ganze Palette von Emotionen und Ausdrücken erzeugt, nicht nur im Bundesstaat Maharashtra, sondern im ganzen Land. Seine Stücke haben den Nährboden für die alternative Theaterbewegung geschaffen, um Wurzeln zu schlagen. Er hat dem Publikum die Augen für das Neue geöffnet. So ist das Publikum, wenn auch nur zu einem Teil, für diese „Neuartigkeit“ in den Stücken empfänglich und einige schätzen sie sogar. Es ist nicht die einfachste Sache der Welt, konsistent über Jahre Stücke zu schreiben, während man weitestgehend kompromisslos und seinem Glauben treu bleibt und sich nicht den populären Launen anpasst. Tendulkars Integrität hat weitreichende Auswirkungen. Übersetzungen seiner Stücke haben dafür gesorgt, dass Dramen auf Marathi nah und fern zugänglich wurden. Und mit der Ausnahme von Ghashiram Kotwal boten sich alle seine Stücke für gute Übersetzungen an (insbesondere in den Hindi-Übersetzungen von Vasant Dev). Ein ums andere Mal muss man zwangsläufig auf Tendulkar Bezug nehmen. Das von ihm vorbereitete Fundament wurde mit Neuem versetzt.“

Nehmen Sie Gidhadhe (Geier). Die meisten würden es vorziehen, Abstand zu ihnen zu halten. Tendulkar aber tat dies nicht. 

Er kümmerte sich um die Geier. Er brachte sie auf die Bühne, in ein Wohnzimmer. Das Stück wurde 1961 geschrieben und schließlich 1970 inszeniert. 

Die Geier waren Ramakant und Umakant, mit der ihnen eigenen Laszivität und Bösartigkeit plus der vulgären Sinnlichkeit ihrer Schwester Manik. Tendulkar stellte eine Verbindung her zwischen den Geiern und der in der Mittelklasse Maharashtras vorherrschenden moralischen Fassade. 

Eine perverse Saga häuslicher Gewalt; und wie Manik mit ihren Sehnsüchten und mit ihrer Familie umgeht.

Dann ist da noch Sakharam Binder. Mit diesem Stück wurde Tendulkar dann ganz offiziell mit Sensationslust, Sex und Gewalt in Verbindung gebracht. Zu größten Teilen war man in Maharashtra perplex über die gewollte Zurschaustellung von rechtswidrigem Sex und Frauenfeindlichkeit. 

Sakharam Binder bringt die von anderen ausgesonderten Ehefrauen zu sich ins Haus. Im ersten Akt ist es Laxmi, die er zu sich schleppt. Es ist ein Quid-pro-Quo. Obdach und zwei anständige Mahlzeiten als Gegenleistung für die von Laxmi zu erfüllenden ehelichen Pflichten. Im zweiten Akt bringt Sakharam Champa nach Hause. Champa ist aber nicht Laxmi. Sie ist weder fügsam noch gehorsam. Im dritten Akt betritt Laxmi erneut das Haus. Es kommt zu einem Dreierpakt. Champa delegiert die Hausarbeit an Laxmi. Doch Laxmis Anwesenheit beginnt Sakharam zu verfolgen. Laxmi verbündet sich mit Sakharam. Er erwürgt Champa. Laxmi bringt eine Schaufel und begräbt Champas Leiche. Als der Vorhang schließlich fällt, ist Sakharam ein gebrochener Mann. 

Bei sämtlichen Unbillen des Stückes verhängte das Stage Performances Security Board der Regierung Maharashtras 32 Streichungen für Sakharam Binder. Dazu gehörte die Streichung der Höhepunkt-Szenen. Ein Mitglied des Boards rügte das Stück, weil es „die Leidenschaften von Hunden und Schweinen geweckt“ habe. Ein anderes Mitglied sagte, man solle überhaupt kein Stück mehr mit sexueller Thematik zulassen.

Im Jahr 2012 sah ich eine Adaption von Sakharam Binder. Die Atmosphäre von Terror und drohender Gewalt war jedoch abgeschwächt. Tatsächlich sollte es ein komisches Stück sein. In der Szene, in der Sakharam die Frau in seinem Leben mit Füßen tritt, kicherte das Publikum anstatt Abscheu zu empfinden. Man lechzte nach Sakharam und seinen Possen. Es wurde gelacht. 

Eine Frau zu schlagen, war ein Spektakel. Verfüttere sie den Löwen, brüllten sie. 

Taubheit.

Was geschah da gerade?

War Sakharams Gewalt im 21. Jahrhundert überflüssig geworden?

Schätzte das heutige Publikum vielleicht Tendulkars Stil nicht? War das ausgelassene Publikum nicht in der Lage, die verkommene Handlung der Titelfigur über die heilige Institution der Ehe zu erkennen? Schoss Tendulkars Klage wie ein Bumerang zurück und waren seine psychologischen Dimensionen fehl am Platz? 

Oder hat die Gender-Politik sich so weit nach vorne entwickelt, dass Tendulkars Stücke keine Anklagen mehr darstellen? 



Ramu Ramanathan
© Ramu Ramanathan
Ramakrishnan Ramanathan, besser bekannt als Ramu Ramanathan, ist ein indischer Dramatiker und Regisseur, der mit seinen Stücken große Erfolge feiert. Als einer der politisch bewusstesten Dramatiker unserer Zeit spiegeln Ramus Stücke die Zeit wider, in der wir leben. Ramu Ramanathan recherchiert seine Projekte akribisch, historische Prozesse sind ein Eckpfeiler der meisten seiner Stücke, und sowohl Politik als auch Geschichte bilden die Grundlage seiner Arbeit.
Die Liste seiner Theaterstücke umfasst das jüngste und äußerst erfolgreiche Stück „The Diary of a Word“. Außerden „Cotton 56, Polyester 84“, „Jazz“, „Shanti, Shanti, it's a war“, „Comrade Kumbhakarna“, „Curfew“, „Mahadevbhai (1892-1942)“, „Collaborators“, „3, Sakina Manzil“, „Shakespeare And She“ sowie „Postcards from Bardoli“. 

Seine Stücke wurden in indische und europäische Sprachen übersetzt und aufgeführt.

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