Sechs kuriose Ortsnamen aus Deutschland

„Dein Dorf ist Oberhäslich? Niederreißen, diese Hölle!“ Oha – im Motzen sind die Deutschen wahre Killer. In diesen zwei Sätzen verstecken sich sechs kuriose Ortsnamen. Hier kommen die Geschichten dazu.

Von Hendrik Werner

1. Oberhäslich

Ortsschild von Oberhäslich © Detail © Geri-oc, Public domain, via Wikimedia Commons Ortsschild von Oberhäslich Detail © Geri-oc, Public domain, via Wikimedia Commons


Einer historischen Quelle zufolge war Oberhäslich zu Beginn des 16. Jahrhunderts nur Heßlich. Nun fragst du dich vielleicht, was dieses sächsische Dorf in der Zwischenzeit falsch gemacht hat. Aber wie so oft in der deutschen Sprache hängt die Bedeutung eines Wortes von der Länge eines Vokals ab: Das „ä“ in Oberhäslich wird lang gesprochen, weil sich der Name von Hasel ableitet, also nicht von hässlich. Und der Haselstrauch ist doch eigentlich ziemlich hübsch.

2. Niederreißen

German Town Signboard - Niederreissen © Detail © X-Weinzar, Public domain, via Wikimedia Commons German Town Signboard - Niederreissen Detail © X-Weinzar, Public domain, via Wikimedia Commons


„Nomen est omen“ schrieb einst der Römer Plautus. Er meinte damit, dass der Name das Schicksal eines Menschen oder Ortes vorwegnehmen könne. In Nordthüringen schien das niemand gewusst zu haben, als Niederreißen seinen Namen erhielt. Der erste Versuch, das Dorf dem Erdboden gleich zu machen, datiert aus dem Jahr 1581. Damals fiel ein Meteorit in einen Garten. Der zweite Versuch war leider erfolgreich: Im Dreißigjährigen Krieg verstanden Söldner den Namen als Aufforderung. Die Niederreißener haben ihr Dorf neuerrichtet und 2016 spendierte der Freistaat Thüringen eine Wiederaufbauhilfe für Brücken und Straßen.

3. Hölle

German Town Signboard - Hölle © Detail © Thomas Wozniak, Public domain, via Wikimedia Commons German Town Signboard - Hölle Detail © Thomas Wozniak, Public domain, via Wikimedia Commons


„Herzlich willkommen im Ferienort Hölle.“ Dieses Schild begrüßt die Besucher*innen des gleichnamigen Dorfes in Franken. Auch sonst tragen es die rund 400 Einwohner*innen mit Fassung, ständig auf den Namen angesprochen zu werden. Dabei hilft wahrscheinlich, dass Hölle wie das gesamte Höllental von der himmlischen Natur des Frankenwalds umgeben ist. Die Nachbarsiedlung von Hölle heißt übrigens Brand. Und ebenfalls in Franken liegt Leichendorf. Just saying.

4. Oha, Oha, Oha

German Town Signboard - Oha © © Adobe Firefly | Editing: Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan German Town Signboard - Oha © Adobe Firefly | Editing: Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan


„Oha“ bezeichnet laut Wörterbuch einen Ausruf des Erstaunens. In Schleswig-Holstein, dessen Bewohner*innen traditionell als eher wortkarg gelten, tragen gleich drei Siedlungen diesen knappen Ausruf als Namen. Eine davon liegt in der Gemeinde Ellerhoop, die mit einer weiteren klangvollen Ortsbezeichnung glänzt: Rugenranzel. Dieser Gemeindeteil liegt gleich neben Oha. Obwohl Schleswig-Holstein über die höchste Oha-Dichte Deutschlands verfügt, hat es übrigens nicht fürs Kfz-Kennzeichen gereicht. Autos mit dem Nummernschild OHA sind in Osterode am Harz gemeldet.

5. Motzen

German Town Signboard - Motzen © © Detail © Dirk Ingo Franke, Public domain, via Wikimedia Commons German Town Signboard - Motzen © Detail © Dirk Ingo Franke, Public domain, via Wikimedia Commons


Nörgeln, maulen, sich beschweren – dafür scheinen die Deutschen Leidenschaft zu hegen. Jedenfalls gehört ausgiebiges Motzen zu den Eigenschaften, die uns im Ausland nachgesagt werden. Als Ort gibt es Motzen in Deutschland gleich vier Mal, beispielsweise in Brandenburg am Rande des Spreewalds. Möglicherweise leitet sich der Ortsname von einem Familiennamen ab: Motz. Ein Kompliment ist auch das nicht, denn ein „Motz“ ist ein schmuddeliger Mensch. Allerdings bleibt allen Motzern ein Trost. Die Wortbedeutung „schmutzig“ steckt im Namen eines der größten Genies aller Zeiten: Mozart.

6. Killer

Ortsschild von Killer © © Juergen Lehle, Public domain, via Wikimedia Commons Ortsschild von Killer © Juergen Lehle, Public domain, via Wikimedia Commons


Killer ist reichlich genervt von Dieben. Wie das? „Killer“ heißt ein Dorf auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg. Und offenbar finden manche Menschen den Namen so witzig, dass sie regelmäßig die Ortsschilder klauen. Einige davon tauchten bereits bei Auktionen in den USA auf. Vor ein paar Jahren wurden die Schilder deshalb etliche Zentimeter nach oben gehängt. Das sollte buchstäblich die Hemmschwelle erhöhen. Genutzt hat es scheinbar wenig. Denn seit 2022 wehrt sich das Dorf auf andere Weise: In Killer können Scherzbolde Kühlschrankmagneten und Aufkleber im Killer-Design erwerben. Ganz legal.

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