Stadtkonturen Weimar
„Ein Wunder im Herzen Thüringens.“

Goethe–Schiller Denkmal in Weimar
Goethe–Schiller Denkmal in Weimar | Detail © Nimish Sawant

Im Herzen Thüringens liegt Weimar, eine Kleinstadt, welche die politische und kulturelle Entwicklung des gesamten Landes maßgeblich geprägt hat.

Von Nimish Sawant


Der Geburtsort des ersten demokratischen Experiments in Deutschland war im 18. Jahrhundert Heimat der Literaturgiganten Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller sowie anderer Schwergewichte der deutschen Aufklärung. Die Weimarer Republik währte nur von 1918 bis zur Machtergreifung der Nazis 1933. In dieser Zeit erlebte Deutschland eine Überinflation, die den Siegeszug des Totalitarismus begünstigte. Geschichtsinteressierte erhalten einen Einblick in dieses Kapitel der Stadtgeschichte im Haus der Weimarer Republik. Alle anderen finden hier weitere Anregungen.

Goethe überall

Goethe Haus in Weimar © Detail © Nimish Sawant Goethe Haus in Weimar Detail © Nimish Sawant

Goethe, bekannt als Dichter, Künstler und Dramatiker, war darüber hinaus Bergbauminister und besaß eine der größten Mineraliensammlungen Europas. Es ist wenig bekannt, dass er als Botaniker eine Schrift des Titels „Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären“ verfasste. All das und mehr, wie beispielsweise Originalmöbel von Goethe selbst, ist im Goethe-Nationalmuseum zu entdecken, das dem Erbe des Dichterfürsten in seiner Stadt gewidmet ist. Goethes Verbindung zu Weimar, wo er sich 1775 niederließ und bis zu seinem Lebensende verweilte, ist so innig, dass sich das eine nicht ohne den anderen denken lässt. In Weimar verfasste er sein Opus magnum, Faust. Und Weimar war die Wirkungsstätte einer weiteren Ikone der deutschen Literatur: Friedrich Schiller. Goethes Freundschaft und Zusammenarbeit mit Schiller machten das Weimarer Theater bekannt in aller Welt. Diese Freundschaft verewigte Ernst Rietschel mit einer Bronzestatue der beiden Genies, die heute eine berühmte Sehenswürdigkeit, Selfie-Hintergrund und Studententreffpunkt ist.

Bauhaus

Bauhaus Museum Weimar © Detail © Nimish Sawant Bauhaus Museum Weimar Detail © Nimish Sawant

Eine der bedeutendsten Kunstströmungen, die ihren Ausgang in Weimar nahm, ist die des Bauhauses. Der Architekt Walter Gropius begründete 1919 die Bewegung mit dem berühmten Leitsatz „Form folgt Funktion“, der mit minimalistischen geometrischen Formen und modernen Technologien und Baustoffen umgesetzt wurde. In der Zeit direkt nach dem Ersten Weltkrieg verlangten die Massen nach praktischem Design und ökonomischem Umgang mit Rohstoffen. Obwohl die Bewegung durch den Aufstieg der Nazis nur von kurzer Dauer war, lassen sich Einflüsse des Bauhauses überall finden: in Möbeln, Schriftarten, Kunstwerken – und sogar in den minimalistischen Geräten von Apple, dessen Mitgründer Steve Jobs vom Bauhaus-Stil inspiriert war. Nach der Erkundung des Bauhauses kann man am nahegelegenen Marktplatz Verschnaufpause machen.

Der Weimarer Markt

Marktplatz in Weimar © Detail © Nimish Sawant Marktplatz in Weimar Detail © Nimish Sawant

Der Marktplatz von Weimar bildet den Mittelpunkt der Altstadt, in der man zahlreiche Beispiele klassizistischer Architektur bewundern kann. Das neogotische Rathaus nimmt einen prominenten Platz ein, daneben finden sich die Renaissancebauten des Cranachhauses und des Stadthauses. Man sollte nicht versäumen, an einem der Ständeeine lokale Spezialität zu kosten: die Thüringer Rostbratwurst, die in einem kleinen Brötchen serviert wird.

Wanderwege um Weimar

Thuringer-Drei-Türme-Weg © Detail © Nimish Sawant Thuringer-Drei-Türme-Weg Detail © Nimish Sawant

Weimar ist ein Paradies für WanderInnen, mit dem berühmten Thüringer-Drei-Türme-Weg südlich der Stadt. Der 26 Kilometer lange Rundweg führt durch dichte Wälder, über kurze Abschnitte asphaltierter Straßen und durch kleine Dörfer. Teile des Weges fallen mit der Route zusammen, die der Goethe nahm, um seine Verlobte, Charlotte von Stein, zu besuchen.

Ein dunkles Kapitel

Gedenkstätte Buchenwald © Detail © Nimish Sawant Gedenkstätte Buchenwald Detail © Nimish Sawant

Am Südhang des Ettersberg bietet die Gedenkstätte Buchenwald einen atemberaubenden Blick über die Landschaften um Weimar, unberührt von modernen Bauten. Die ehemalige Nationale Mahn- und Gedenkstätte der DDR ist dem Andenken an die Gräueltaten im Konzentrationslager Buchenwald gewidmet – dem dunkelsten Kapitel in der Geschichte Weimars. Hier wurden durch das Nazi-Regime JüdInnen, KommunistInnen, PolInnen, SlawInnen, geistig Behinderte, politische Gefangene und Sinti und Roma inhaftiert und ermordet. Teile einer elf Kilometer langen Bahnstrecke, über die Menschen in das Lager transportiert wurden, sind bis heute erhalten. Ein Kunstprojekt erinnert an Kinder, die den Nazigräueln zum Opfer fielen. Ihre Namen wurden auf Steinen verewigt, die entlang der alten Gleise platziert wurden.

Die Gedenkstätte Buchenwald regt zur Reflexion an. Sieben Basreliefs erzählen dort die siebenjährige Geschichte des Konzentrationslagers, die Straße der Nationen erinnert an die Länder, aus denen die Opfer deportiert wurden. Die Ringgräber sind riesige, kreirunde Grabanlagen, in denen die Nazis Tausende Opfer begruben. Vom letzten Ringgrab führt eine Treppe zu einer Bronzeskulptur, der Figurengruppe, die dem letztlich siegreichen Widerstand der Lagerhäftlinge gewidmet ist. Vom Gipfel des Hügels aus hat man einen weiten Blick über wogende Auen und Hügel.

Erholung im Grünen

Goethe Gartenhaus © Detail © Nimish Sawant Goethe Gartenhaus Detail © Nimish Sawant

Der 48 Hektar große Park an der Ilm, am Rande der Weimarer Altstadt gelegen, bietet Erholung vom städtischen Treiben. Hier, in dem von Goethe und Herzog Carl August selbst gestalteten Park, findet sich die erste Residenz Goethes in Weimar, die heute ein Museum beherbergt, Goethes Gartenhaus. In der Nähe liegt auch das Liszt-Haus, in dem der Komponist Franz Liszt seine Sommer verbrachte, die Steinbrücke, das Tempelherrenhaus, das Römische Haus und die Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Bei einem Spaziergang im Park könnte der Anblick des Gartenhauses Ihre kreative Seite anregen!
 

Über den Künstler: Arijit Bhattacharyya

Arijit Bhattacharyya (*1994, Westbengalen) ist ein indischer Künstler, dessen multidimensionale Praxis Installationen, Textilien, Zeichnungen, Malerei, Film, Text, Performance und Kochkunst umfasst. Seine Kunst betont kollektive Erfahrungen und regt Interaktionen und Dialog zu umkämpfter Geschichtsschreibung und ihren aktuellen Implikationen an. In der Zusammenarbeit mit verschiedenen Gemeinschaften, Individuen und Institutionen in Indien und Deutschland entstehen Arijits kollaborative Werke, die sich durch Vorträge, Performances oder Workshops erschließen. In Form von sozialen Initiativen, Design Interventionen, großformatigen Wandbildern, performativen Vorlesungen und Koch-Sessions setzt er sich mit Narrativen des Widerstandes, zivilem Ungehorsam, Geschichtsschreibung, Marginalisierung und ihrem Einfluss auf die heutige Gesellschaft auseinander. Arijit unterrichtet derzeit an der Bauhaus-Universität Weimar und wohnt seit 2019 in Weimar.

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