Leo Ahlers interessiert sich im breiten Feld der (Medien)Kunst für alles, was bewegt. Dey arbeitet am Themenfeld Affektion zwischen individueller Wahrnehmung und kollektiver Konstruktion. Alles was Gefühle hervorruft – egal welche – ist wichtig und wert festgehalten, bearbeitet und anders weitergegeben zu werden. Im Hintergrund steht die Hoffnung in das Kollektiv, darin nicht-totalitäre, plurale Formen zusammen zu entwickeln und zu leben.
Die Form variiert, je nach inhaltlichem Schwerpunkt. In der Vergangenheit hat Leo neben Film mit verschiedenen Medien und Ausdrucksformen gearbeitet (Fotografie, elektronische Medien, Performance). Das Spiel mit den Möglichkeiten, die immer wieder thematisierte Unabgeschlossenheit sozialer Prozesse und die schmerzvolle Konfrontation von Vorstellung, Bedürfnis und Wirklichkeitserfahrung im 21ten Jahrhundert sind immer wieder Thema Leos Arbeiten.
Während der bangaloREsidency wird sich Leo in Zusammenarbeit mit dem Sandbox Collective mit dem weiten Thema „Gender“ auseinandersetzen. Im Rahmen des gigantischen Themenkomplexes „Wie könnte die Welt sein?“ konzentriert sich dey auf die queere Community in Bangalore. Was sind die Träume, für die gekämpft werden? Welche Hoffnungen sind damit verbunden? Welche Forderungen werden gestellt und mit welchen Problemen ist die queere Community in Bangalore konfrontiert? Vor dieser Ausgangslage begibt Leo sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Ausdrucksform: Kollaboratives Arbeiten, Austausch zwischen Sandbox Collective und Künstler*in, das gemeinsame Entwickeln einer künstlerischen Reflexion, das Erschaffen eines soziopolitischen Zeitbildes, das Raum für persönliche als auch gemeinschaftliche Erfahrungen bietet. Auch weitere Gruppen wie auch Kunst und Kulturschaffende sind dabei willkommen.
Abschlussbericht
Wie können sexistische, objektifizierende Narrative aufgezeigt und verändert werden? Nachdem ich – während meiner eigentlichen Intention abgelaufene Super 8 Filme auf ebay Kleinanzeigen zu finden – auf diverse europäische, analoge Stripteasefilme (Super 8 & 8 mm) gestoßen bin, habe ich mich dies zu fragen begonnen. Ohne die Filme gesehen zu haben, bin ich nach Bangalore gekommen. Ich wollte ein kollaboratives Projekt mit FLINTA* und/oder queeren Personen starten, dass das Aufbrechen der problematischen Narrative in verschiedenen, kulturellen Kontexten zum Ziel hatte. Der Prozess als auch die Form des Projektes waren dabei offen.
Als erstes stand das Screening mit allen interessierten FLINTA* an. Durch Nimi und Shiva von Sandbox als auch Avril Stormy Unger, einer Performance-Künstlerin, die mir gleich bei der Präsentation im Goethe-Institut bei der Beschaffung eines Super 8 Projektors geholfen hat, konnte ich gleich Kontakt zu FLINTA* sowie der queeren Community in Bangalore aufbauen und hatte diverse interessierte Menschen um mich herum. Auch die Tatsache, dass der November der Pride Month in Bangalore war, war sehr hilfreich um Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen sowie einen kleinen Einblick in das queere Leben in Bangalore zu erhalten.
Das Screening der Filme gestaltete sich schwieriger als erwartet. Es war sehr schwer an einen dauerhaft funktionsfähigen, Analogfilmprojektor zu gelangen. Insgesamt vier Projektoren habe ich geliehen und ausprobiert. Diese waren im Vorfeld bereits defekt und ich musste sie reparieren lassen oder sie haben irgendwann nicht mehr funktioniert.
Ich glaube auch, dass ich Glück bzw. ein gutes Netzwerk hatte, um an die Projektoren zu gelangen. Es ist definitiv nicht so leicht Analogfilmequipment aufzutreiben wie in Deutschland. Falls du, Person, die du das gerade liest, vorhast in Bangalore mit Analogfilm zu arbeiten, würde ich dir raten, dies in Mumbai zu tun, Equipment mitzunehmen oder genau zu wissen, dass alles benötigte vorhanden ist und funktionsfähig. Better safe than sorry. Ich habe sehr, sehr viel Energie und Zeit damit verwendet, Projektoren zu finden, sie abzuholen sowie zurück zu bringen. In einer Stadt wie Bangalore mit hohem Verkehrsaufkommen war das eine nervenzehrende Angelegenheit für mich.
Irgendwann habe ich es mit der Projektionsproblematik so gehalten, dass ich die Projektion mit einer Digitalkamera festgehalten habe, sodass ich einige Filme als Backup „digital“ abspielen konnte. Während des Screening konnten wir die Filme sogar mit den Filmprojektoren anschauen.
Aufgrund von Problemen mit explizitem Material in der Vergangenheit von Gender Bender, dem jährlich stattfindenden Festival von Sandbox, war es leider nicht möglich, das Screening oder die Zusammenarbeit in der Gruppe öffentlich zu halten. Das hatte ich nicht erwartet und hat mich weiter zum Nachdenken angeregt.
Aus Angst vor negativen Konsequenzen durch die Stripteasefilme habe ich mich gegen das Editieren der einzelnen Filme zu einem ganzen, neuen Film sowie dem Filmen im Allgemeinen entschieden. Es wäre schade gewesen den entstandenen Film nicht zeigen zu können bei all dem Aufwand. Folglich kam die Idee auf, einzelne Bilder, Stills aus einer Auswahl von Filmen analog in der Dunkelkammer zu multiplizieren. Da ich jedoch nur über das abspielbare Filmmaterial, Positive verfügte, musste ich für die Abzüge zuerst Negative herstellen. Nun fing erneut eine große Suche an. Die passende Folie für die Negative, eine geeignete Druckerei sowie Fotopapier und Chemie zu besorgen, erforderte einige Mühe. Die Suche verlief jedoch erfolgreich.
Die Ergebnisse wurden unter dem Titel „Ways of Seeing: A Photo Exhibition. The gendered female body in Super 8mm films of the 70ies“ bei Kānike, einem Künstler*innenkollektiv und open space, ausgestellt. Neben dem Zeigen der Bilder, der Narrative ging es insbesondere darum zum Editieren der Drucke einzuladen, im Sinne eines Open Studios. Es wurde ermutigt die Ehrfurcht vor Kunst und Filmmaterial zu reduzieren sowie Vertrauen in die eigenen (kreativen) Fähigkeiten aufzubauen und Selbstwirksamkeit zu stärken. Es war mir auch wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem sich queere Personen wohl fühlen und so sein können, wie sie möchten. Ich bin sehr froh, dass uns allen, die daran Mitgeholfen haben (Avril / Nimi, Shiva und Leya von Sandbox / Shruti von Oorkathe / Ayisha Abraham / Babu Eshwar Prasad / Navin Thomas / Michael / Sabir und Kānike) dies gelungen ist. Wenn auch nur temporär. Keep on fighing.
Die bearbeiteten Drucke werden in einem digitalen Archiv veröffentlicht. Zudem wird es die Möglichkeit geben die ausgewählten Filmstills herunterzuladen und eine eigene, bearbeitete Version dem Archiv hinzuzufügen.