»Open Codes« wurde als ein Pilotprojekt konzipiert. Als experimenteller Raum für kreative Begegnungen fordert es existierende Ausstellungsformate heraus. Es bricht mit Prädispositionen und verlangt nach unterschiedlichen Formen der Wissensproduktion und seiner Verbreitung im Sinne von freiem, offenem und uneingeschränktem Teilen von Ideen. Durch eine Mischung aus Hackerspace, Makerspace, Ausstellung und Labor ist es als offene Wissensplattform gestaltet, die Elemente aus verschiedenen Arbeits- und Freizeitumgebungen umfasst. Als Ort des gemeinsamen Austauschs lädt es die BesucherInnen zur Beteiligung an fächerübergreifenden Dialogen ein, mit dem Ziel, Kollaborationen zu fördern und Synergien zwischen verschiedenen Metiers und unterschiedlichen Formen von Wissen und Expertise zu schaffen.
»Open Codes. Digital Culture Techniques« erforscht die kreative Nutzung von Codes als eine neue Quelle der Gestaltung. Die Ausstellung bringt eine Reihe von Kunstwerken zusammen, welche immersive Technologien erforschen und verschiedene Modalitäten von Codes aufzeigen. Die Kunstwerke transformieren den Ausstellungsraum in ein Labor und ermöglichen durch Aktion und Transformation neue Arten der Begegnung. Die Arbeiten in der Ausstellung stehen exemplarisch für neue partizipative Formate der Auseinandersetzung mit Kunst und Technologie. BesucherInnen treffen auf Kunstwerke in neuer Form und werden selbst zu AkteurInnen.
Somit fungieren die Werke als Ausgangspunkt für Diskussionen, fordern neue Wege der Wissensaneignung in einem Umfeld des interdisziplinären Austauschs. Daher besteht das Konzept der Ausstellung auch aus Workshops und Diskussionen in Kooperation mit lokalen Initiativen und Protagonisten, um die vielfältigen Facetten und unterschiedlichen Anwendungen von Codes zu beleuchten. Das Ausstellungsprojekt »Open Codes. Digital Culture Techniques« legt somit einen Fokus auf die Vielschichtigkeit, Vernetzung und Nicht-Linearität bei der Aneignung von Wissen. Es fördert die Zusammenarbeit und die Mitgestaltung und lädt die BesucherInnen zur Teilhabe an einem offenen Austausch ein.
Ausgangspunkt des Projektes bildet die Erkundung digitaler Codes. Jene zeigt: Codes sind zu fundamentalen Säulen geworden, auf denen die heutige Welt aufbaut.
Von einem technischen Standpunkt aus betrachtet ist Code eine formelle Sprache, die durch ein begrenztes Set an Symbolen charakterisiert ist. Diese lassen sich auf Basis von Regeln (Algorithmen) modifizieren. Daher veranschaulicht Code eine universelle Repräsentation von Symbolen, die innerhalb der Grenzen der mathematischen Logik übersetzen. Ein Code ist ein textuelles Artefakt, welches ein Set von Instruktionen bildet und den funktionierenden Prozess genau beschreibt, dem ein Computer folgen muss, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Codes bilden die einzige ausführbare und performative Sprache, die durch mathematische Modelle vermittelt wird.
Damit repräsentiert der digitale Code den radikalsten Stand der Abstraktion in unserer Evolution. Für hunderte von Jahren waren die Objekte von Kulturen und Zivilisationen hauptsächlich durch Wörter und Bilder definiert, die den Zustand dieser Objekte visualisierten. Im Laufe der Zeit wurden Wörter und Bilder Welten für sich und bildeten die beiden wichtigsten evolutionären Stationen der Abstraktion. In einer dritten Station wurden Objekte, Wörter und Bilder durch Logik ersetzt. Von hier aus entwickelte sich eine neue digitale Welt der Codes: sie bilden eine neue digitale Kulturtechnik und stellen eine neue Bildsprache, einen neuen Zustand der »Verbildlichung« dar, ausgedrückt durch technologische Medien.
Dies führt zu einer zusätzlichen Interpretation von Codes. Es liegt nahe, dass Codes eine generative Sprache des Denkens sind. Von einem kreativen Standpunkt aus öffnen Codes einen kognitiven Raum für die Vorstellungskraft, welche Grenzen verschwimmen lässt und physikalische Fesseln auflöst. Hier spannt die Welt der Codes einen Raum der kontinuierlichen Neuschaffung und Entstehung neuer Formationen auf. Als solche fordert das Digitale auch die Grenzen dessen heraus, was für den Menschen denkbar und wahrnehmbar ist und transformiert unsere Fähigkeit, Information zu benutzen und zu verstehen. Bilder und Welten werden codiert und wieder angeeignet, und schaffen Raum für Kreativität. Sie brechen lineare Formen des Denkens auf und erlauben so die Untersuchung neuer ontologischer Landschaften.
Kuratiert von Peter Weibel und Yasemin Keskintepe, Christian Lölkes
»Open Codes. Digital Culture Techniques« wurde konzipiert als Satelliten-Ausstellung zu der Ausstellung. »Open Codes. Leben in Digitalen Welten« (https://open-codes.zkm.de/en), die bis zum 6. Januar 2019 im ZKM | Karlsruhe zu sehen ist.
Eröffnung: 6. April 2018, 18:30 Uhr, Gallery MMB