Kulturelle Unterschiede
Bist du tatsächlich bereit für Deutschland?
Du hast es geschafft: ein Studienplatz in deiner Traumstadt in Deutschland ist dir sicher! Die Vorfreude ist riesig und du kannst es kaum erwarten, nach Deutschland zu fliegen und dieses spannende neue Kapitel in deinem Leben zu beginnen. Dein Deutsch ist auf C1-Niveau, du hast viele Videos über das Leben in Deutschland gesehen und fühlst dich bestens vorbereitet – oder? Wie ist es wirklich, als internationale*r Student*in in Deutschland zu leben?
Von Prayrit Singh
Was erwartet dich als Student*in aus Indien in Deutschland? Hier sind ein paar meiner persönlichen Erfahrungen, die dir vielleicht weiterhelfen:
Eigenständiges Studieren
Du wirst schnell merken, dass dir in Deutschland niemand genau vorgibt, wie du dein Studium organisieren sollst. Es gibt Studienberatungen und Handbücher, aber am Ende liegt die Entscheidung bei dir. Anders als in Indien, wo oft andere deine Wege vorgeben, liegt hier die Verantwortung in deinen Händen. Das kann herausfordernd sein, gibt dir aber auch viel Freiheit. Du handelst eigenverantwortlich und gestaltest deinen Bildungsweg selbst.
Selbstständigkeit
Während der Vorlesungen werden dir Deadlines für Hausarbeiten oder Referate kommuniziert. Wenn du sie einhältst, ist das gut. Wenn nicht, fragt niemand ein zweites Mal nach und niemand wird dich vor der Klasse dafür bloßstellen – etwas, das in Indien häufiger vorkommt. Es liegt an dir, ob du aktiv teilnehmen möchtest. Hast du Fragen oder möchtest etwas beitragen? Heb einfach die Hand. Hier setzt man auf Eigeninitiative
Essen bestellen? Teuer und schwierig
Spontane Mitternachtssnacks zu bestellen, wie ich es aus Indien gewohnt war, ist in deutschen Kleinstädten nicht so einfach und oft ziemlich teuer. Nachtschichten mit einer warmen Mahlzeit sind hier eher die Ausnahme. Auch die meisten Supermärkte schließen um 21 Uhr, sodass es später am Abend kaum noch eine Chance gibt, ein Bier oder Chips zu holen. In größeren Städten hilft dir ein Kiosk oder Späti weiter.
Nachtarbeit und Winter
Ich bin nachts am produktivsten, weil es dann ruhiger ist und es weniger Ablenkungen gibt. Im Winter wird es in Deutschland schon um 16 Uhr dunkel – für Nachteulen wie mich ist das perfekt. Die Dunkelheit und Stille schaffen die ideale Atmosphäre zum Arbeiten. Wer Tageslicht schätzt, wird die langen, hellen Sommerabende in Deutschland lieben.
Deutsch ist nicht gleich Deutsch
Die Alltagssprache unterscheidet sich oft von dem, was wir im Sprachkurs lernen. Kaum jemand sagt „Mutti“ für Mutter, stattdessen sagt man „Mama“ – ganz wie bei uns in Hindi. Du wirst im Alltag auf viele neue Ausdrücke stoßen; sie kennenzulernen wird dir sicher Spaß machen. Der ein oder andere Dialekt ist aber wirklich zum Haareraufen!
Kulturelle Unterschiede
Zwischen Indien und Deutschland liegen über 6000 Kilometer und natürlich gibt es kulturelle Unterschiede. Es ist hier völlig normal, dass jede Person im Restaurant ein eigenes Gericht bestellt und auch separat zahlt. Nimm das nicht persönlich, sondern akzeptiere es; vielleicht wirst du es mit der Zeit sogar praktisch finden.
Briefe und Briefkästen
In Indien spielt der Briefkasten oft keine große Rolle, aber in Deutschland ist er aus dem Alltag nicht wegzudenken. Sogar wichtige Dokumente wie deine Steuer-ID kommen per Post. Deinen Briefkasten zu checken wird also zu einem täglichen To-Do.
Du schaffst das
Es wird Tage geben, an denen du dich überfordert oder einsam fühlst und manchmal wird es schwer sein, den Anschluss zu finden. Das Leben als internationale*r Student*in in Deutschland ist nicht immer so einfach, wie es auf Social Media oft aussieht. Es gibt viele Herausforderungen, aber du wirst daran wachsen. Und wenn du Hilfe brauchst – egal ob bei kleinen oder großen Dingen – scheue dich nicht zu fragen. Die Menschen hier sind genauso freundlich und hilfsbereit wie zu Hause.
Das waren nur ein paar meiner vielen Erfahrungen, die - so denke ich jedenfalls - mindestens genauso wichtig sind wie die typischen Themen („eine Wohnung finden“ oder „was du aus Indien unbedingt nach Deutschland mitbringen solltest“). Zu diesen Themen gibt es allerdings schon genug Informationen im Internet. Was ich dir als Nicht-Influencer mitgeben möchte: Hab Mut, geh Risiken ein und am Ende wird sich alles fügen.