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Legami

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©Yulia Ozherelyeva

"Verbindungen". Das Projekt will eine Beziehung zwischen zwei Objekten herstellen, der Hand und dem Faden: ein Dialog, der Fragen aufwirft.
 

Von Yulia Ozherelyeva

In jedem Haus gibt es irgendeinen Faden oder eine Kordel: zum Binden von Gegenständen, zum Flicken eines Lochs oder zum Wäscheaufhängen. Der Faden ist ein einfacher und wesentlicher Gegenstand.
Ich habe schon immer gerne mit dem Faden gearbeitet: Es ist eine tolle Art, mich zu entspannen. Handgefertigte Kleidungsstücke vermitteln eine gewisse Wärme, sind behaglich und schön in ihrer Unvollkommenheit. Aus diesem Grund ist die Verwendung des Fadens in meiner künstlerischen Forschung organisch und nicht erzwungen.
Ich habe mich mit dem Werk von Beuys beschäftigt, mit seiner Forschung. Was mich am meisten beeindruckt hat, war seine Betrachtung über Wärme. Die Wärme wird vom Körper aufgenommen und weitergegeben. Deshalb habe ich mir gedacht, ich nehme einen Faden und fotografiere meinen liebsten Körperteil – meine Hände. Die Hände sind unser perfektes, außergewöhnliches, sensibles und starkes "Werkzeug". Wir erleben die Welt durch unsere Hände. Deshalb habe ich gedacht, ich wickle den Faden um eine Hand und mache ein paar Fotos.
Als ich den Faden einige Male umwickelte, dachte ich über die Beziehung, die mögliche Verbindung zwischen dem Faden und der Hand nach. Der Faden ist nicht locker, sodass die Hand an einigen Stellen in ihren Bewegungen eingeschränkt ist. Deshalb habe ich versucht, zu übertreiben: Ich habe den Faden so fest angezogen, dass er Abdrücke hinterlässt, die nach kurzer Zeit wieder verschwinden.
Ein Zustand des Komforts ist angenehm und faszinierend, aber es ist oft nicht leicht, aus ihm herauszukommen. Er schränkt uns in unseren Bewegungen ein, ist aber für das Wachstum und den Wandel äußerst wichtig. Er gehört zum Kreislauf des Lebens: Zeit zum Ausruhen, Zeit zum Arbeiten; Zeit zum Nachdenken, Zeit zum Handeln.

  • Verbindungen, Azetat-Negative ©Yulia Ozherelyeva
    Verbindungen, Azetat-Negative
  • Verbindungen, Cyanotypie-Tests ©Yulia Ozherelyeva
    Verbindungen, Cyanotypie-Tests
  • Verbindungen, Cyanotypie-Tests 2 ©Yulia Ozherelyeva
    Verbindungen, Cyanotypie-Tests
  • Verbindungen, digitale Bilder ©Yulia Ozherelyeva
    Verbindungen, digitale Bilder
  • Verbindungen, Installationsskizze ©Yulia Ozherelyeva
    Verbindungen, Installationsskizze
Die Installation „Legami“ (Verbindungen) besteht aus mehreren Bildern der gleichen Hand in verschiedenen Positionen. Ist die Hand ausgestreckt? Ist sie entspannt? Kann sie sich bewegen? Es gibt keine richtige Antwort.
Jede Hand ist mit demselben Nagel in der Wand verbunden. Der Faden ist nicht straff, sondern führt immer zum selben Punkt. Manche Bilder haben keinen Faden – Fremdlinge, die veranschaulichen, dass es eine Möglichkeit gibt, nicht an den Faden gebunden zu sein. Ist das wirklich so?
Eine solche Untersuchung wird im Rahmen der Installationsproben detaillierter durchgeführt. Das Projekt will eine Beziehung zwischen zwei Objekten herstellen, der Hand und dem Faden: ein Dialog, der Fragen aufwirft. Die Hand steht hier für die Metapher des Menschen, einen Körper, aber auch ein menschliches Wesen, das in einem Ambiente lebt, nicht nur ein Teil von ihm ist, sondern den natürlichen Zyklen dieses Ambientes folgt, dieses respektiert und so wenig Spuren wie möglich hinterlässt.
Der Faden ist hingegen eine Metapher für eine Verbindung, welche vereint und zugleich einschränkt. Ich meine unsichtbare Verbindungen, die dem Grundsatz von Ursache und Wirkung folgen. Sie verbinden uns aus einer Ursache heraus, die Vorteile bringt, aber immer auch Einschränkungen mit sich bringt.
Auf einer tieferen Ebene geht es bei dieser Arbeit um Einschränkungen. Eine Einschränkung ist nicht immer ausschließlich negativ: im Gegenteil, Erfindungen entstehen dort, wo die Ressourcen knapp sind. Zum Beispiel ist die Komfortzone eine Einschränkung. Die Bequemlichkeit, die Routine, das gemütliche, warme Ambiente sind angenehm und geben uns ein Gefühl der Sicherheit, aber um zu wachsen und voranzukommen, muss man aus ihnen heraus, die frische Luft atmen und sich die Füße nass machen. Manchmal ist es nicht leicht, aber oft ist es erforderlich, um sich selbst zu finden.
Ich glaube, dass jede*r von uns auf der Suche nach Antworten auf existenzielle Fragen ist. Jede*r von uns versucht, dem eigenen Leben einen Sinn zu geben, indem sie* die Welt um sich herum beobachtet und Entscheidungen trifft. Auch ein*e Künstler*in beobachtet die Welt und versucht, zumindest einen geringen Teil von ihr zu verstehen. Ein*e Künstler*in stellt Fragen, oder besser gesagt, sie* stellt sie an ihr* Publikum, an diejenigen, die ihrerseits versuchen, ihre Umgebung zu verstehen. Kunst ist ein Dialog. Ein Kunstwerk trägt dazu bei, Ideen zu artikulieren. Es kann eine Quelle der Inspiration, der Freude oder der Traurigkeit sein. Ein Kunstwerk ist nie nur ästhetisch schön, es regt unsere Sinne an, das Hören, Sehen, Tasten, das Gleichgewicht, manchmal eröffnet es einen neuen Blickwinkel oder zeigt die Dinge einfach so, wie sie sind. Wie kann man eine solche Wahrnehmung bewerten?
Der Mensch neigt dazu, zu klassifizieren und zu parametrisieren, um die Welt um sich herum zu beschreiben und andere einzubeziehen, um ihren Blick zu erweitern. In der Kunst neigen wir dazu, Positionen mehr Aufmerksamkeit zu geben, die unser Denken und unsere Sichtweise verändert haben, wie jenen von Duchamp oder Picasso, dennoch ist jede*r von uns verschieden. Jede*r von uns hat eine eigene Wahrnehmung, eine persönliche Geschichte, eigens Erlebtes. Es gibt und wird immer eine vorherrschende Meinung geben, aber der Wert der eigenen Gefühle ist unbezahlbar.

Yulia Ozherelyeva - Porträt ©Yulia Ozherelyeva Ich wurde in Jekaterinburg (Russland) geboren, lebe und arbeite in Mailand. Ich studiere Grafikkunst in all ihren Formen, ihren vielfältigen Sprachen und Methoden, vom traditionellen Druck bis zum Digitaldruck.  


 

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