>Tagebuch der Bösen Taten<
Kann man wirklich im Namen der Kunst etwas klauen? Es steht zwar im Grundgesetz ein Artikel zur Freiheit der Kunst, aber Klauen ist auch unter den Zehn Geboten.
Von Liora Epstein
Mein Name ist Liora Epstein. Als Künstlerin arbeite ich an den Schnittstellen zwischen Mode, Kunst und Biotechnologie. Der Alltag ist der Raum, dem ich in der Narration begegne. Als ausgebildete Modedesignerin fertige ich funktionale Bekleidung, die es mir ermöglicht >sinnfreie< Tätigkeiten auszuführen. Mit >sinnfrei< meine ich dabei Tätigkeiten, die nicht notwendig ausgeführt werden müssen.
Seit 2018 führe ich eine analytische autofiktive Schrift namens >Tagebuch der Bösen Taten<. In diesem Buch schildere und untersuche ich sämtliche von mir erdachte gemachte und nicht gemachte böse Taten.
Die bösen Taten sind chronologisch datiert und haben eine bestimmte Struktur: Die böse Tat wird geschildert, anschließend folgen die spekulative und theoretische Überlegung und eine schlussfolgernde Aussage. Das Buch nimmt Bezug auf philosophische und religiöse Referenzen. Das erste Buch umfasst 230 Seiten:
In der performativen Arbeit benutze ich ein weiteres Artefakt: den von mir entworfenen und maß-geschneiderten >Bethandschuh<.
Ich habe den >Bethandschuh< für das funktionale und konzentrierte Beten entwickelt. Im >Bethandschuh< werden die Hände der* Träger*in in der Geste des Betens festgehalten und durch Klett-Verschlüsse gesichert. In der perfomativen Arbeit, den Vorträgen aus dem >Tagebuch der Bösen Taten<, ziehe ich nach jeder komplett geschilderten und analysierten bösen Tat den >Bethandschuh< an und schaue in die Kamera. Dieser Akt dient der Kontrolle, ob ich tatsächlich Reue nach der bösen Tat empfinde.
Das >Tagebuch der Bösen Taten< behandelt das Alltagsleben einer Akademie-Künstlerin. Ernsthaft und ironisch belegt das Buch ihre ständig sich ändernden moralischen Überlegungen, Zweifel und Dogmas sowohl im Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen, als auch im globalen weltlichen Gefüge.
Liora Epstein ist in Vilnius, Litauen geboren. Nach ihrem Studium am Design Department in Düsseldorf nahm sie ein Studium in der Bildenden Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf an. Sie befasst sich mit den Schnittstellen zwischen Leben und Kunst. Ihre Arbeiten umfassen die Medien der textilen Technologie, der Performance, der Buchkunst und des Videos.
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