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Oma Trude
Pilze – Wunder der Natur

Oma Trude im Wald
© Illustration: Celine Buldun

Ein leckeres Essen mit Pilzen ist etwas Feines – aber Oma Trude entdeckt bei ihren Internetrecherchen, dass Pilze nicht nur satt machen, sondern auch überaus nährstoffreich sind. Sogar bauen kann man mit diesen kleinen Wunderwerken!

Von Oma Trude

Ihr Lieben,

geht Euch das auch so? Ihr schnappt einen Begriff auf, das Thema hört sich interessant an, Ihr guckt mal kurz ins Internet und plötzlich seid Ihr stundenlang beschäftigt und danach deutlich schlauer (oder verwirrter, soll es auch geben). Ihr kommt von einer Seite zur nächsten und von einem Video zum anderen – einfach toll!. Erst letztens stieß ich auf das Thema Vitalpilze beziehungsweise Heilpilze und das Stichwort Beta-Glucane. Einmal aufgeschnappt, neugierig geworden, etwas recherchiert, und am Schluss wusste ich sogar über Mykotektur Bescheid, über Gebäude aus Pilzen.

Pilzzucht daheim

Pilze auf dem Speiseplan kennt vermutlich jede*r. Auch ich esse sie hin und wieder recht gern. Gibt doch nichts Feineres als Semmelknödel mit Schwammerlsauce! Meine Enkelin Laura in Berlin ist hingegen ein richtig leidenschaftlicher Pilz-Fan und zwar nicht nur, weil sie kalorienarm und reich an wichtigen Nährstoffen sind. Angefangen hat es bei ihr mit einem Geschenkset, mit dem sie Zuhause selbst Champignons züchten konnte, die frei von Schwermetallen und nicht radioaktiv belastet sind. Sie begeistert sich außerdem für’s Do-it-yourself und die Frische ihrer Pilze. Das Aroma, sagt sie, ist so viel besser als das von Pilzen aus dem Supermarkt, die schon einen langen Weg hinter sich haben. Zudem ist der Selbstanbau nachhaltiger, weil man mit weniger Verpackung auskommt. In diesem Champignon-Pilzzuchtset war jedenfalls das vorkultivierte Champignon-Substrat ebenso enthalten wie die Abdeckerde. Es sei wohl leicht, nach zwei bis drei Wochen aromatische Champignons zu ernten. Ein Set kann man mehrmals abernten – alles in Bio-Qualität, da kann man nicht meckern.

Laura und ich sprachen also über Pilze, und sie schwärmte mir von einem deutschen YouTube-Kanal vor, auf dem es um Wildkräuter, Wildpflanzen und Pilze geht. Meine Themen! Dort hätten einmal Vitalpilze im Mittelpunkt gestanden, die in der chinesischen Gesundheitskunde seit Jahrtausenden eine wichtige Rolle spielen. Außerdem sprach man über die darin enthaltenen gesunden Beta-Glucane. Ihr könnt Euch vorstellen, dass mich das sofort neugierig gemacht hat! Ich habe mich also auf die Recherche begeben.

Immunbooster Beta-Glucane

Beta-Glucane bestehen aus mehreren verknüpften Glucose-Molekülen, die zum Beispiel von Magensäure nicht gespalten werden und ihr gutes Werk im Dünndarm vollbringen können. Es sind Ballaststoffe, die auch in Getreide oder eben in Pilzen zu finden sind. In Pilzen sollen sie viel bioaktiver sein als in anderen Quellen wie Haferflocken, Gerste oder auch Hefe. Beta-Glucane unterstützen jedenfalls das Immunsystem – verkürzt ausgedrückt. Aber auch der Cholesterinspiegel und der Blutzuckerwert profitieren davon.

Austernpilze selbstgezüchtet

Mein Blick war im Bio-Laden schon häufiger auf Austernpilze gefallen, ich habe mich aber nie so recht an sie heran getraut. In einem der besagten Videos auf YouTube wurde nun dieser Winterpilz, auch Austernseitling genannt, sehr schön vorgestellt, und meine Hemmschwelle war wie weggeblasen. Vor allem wollte ich von seinen Beta-Glucanen profitieren. Dank seiner vielen Proteine und sämtlicher B-Vitamine ist der Pilz sehr beliebt bei Vegetariern und Veganern. Er enthält so gut wie kein Fett und Kohlenhydrate. Der Pilz verbreitet sich gern an Totholz und trägt dazu bei, dass sich dieses zersetzt. Man kann ihn aber auch selbst züchten. Und das habe ich mir vorgenommen und mir wie Laura ein Pilzzuchtset bestellt. Dann habe ich brav die Anleitung befolgt, und nun heißt es warten. In circa elf Wochen kann ich hoffentlich meine ersten Austernpilze ernten. Ich werde Euch berichten, ob es mir gelingt, einen der ältesten Pilze, der in Deutschland kultiviert wird, zu züchten.

Architektur von morgen – mit Mycowerkstoffen

Bei meiner stundenlangen Recherche stieß ich irgendwann auf die Webseite Bund Deutscher Baumeister. Dort schreibt Ulrike Steinbach in der Ausgabe 2/2021 der vierteljährlich erscheinenden Nachrichten des Landesverbandes Bayern unter der Überschrift Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen:

Die Nahrungsmittelindustrie ist freilich nur an den Fruchtkörpern [den Pilzen] interessiert, bisher war das Myzel nur Abfall. Dieser [Abfall] kann aber von der Baustoffindustrie künftig genutzt werden, um unter minimalem Material- und Energieaufwand Baustoffe herzustellen.

Pilzmyzel, sämtliche sichtbaren und unsichtbaren fadenförmigen Zellen, sind Baumaterial! „Pilzwurzeln“ also, um es noch verständlicher auszudrücken. Wie toll, dass sich Bauingenieure schon mit dem Thema beschäftigen. Schnell fand ich dann etwas über pilzbasierte Dämmstoffe heraus, und dass der amerikanische Architekt David Benjamin schon 2014 einen 13 Meter hohen Turm aus Pilz-Ziegelsteinen für das Museum of Modern Art in New York gebaut hat. Die 10.000 Ziegel für diesen „Hy-Fi-Tower“ wurden wohl in nur wenigen Tagen aus landwirtschaftlichen Abfallprodukten gezüchtet. Danach verwandelte sich das Kunstwerk in Kompost.

Es wird viel geforscht in dem Bereich. Man fragt: Wie können die vielen unterschiedlichen Pilzarten als Mycowerkstoffe eingesetzt werden? Pilzbasierte Baumaterialien, das klingt doch wirklich zukunftsträchtig! Hätte das jemand meiner pilzbegeisterten Großmutter erzählt, sie hätte es niemals geglaubt.

Verpackungsmaterial

Auf die Spur gesetzt wurde der Architekt Benjamin durch Verpackungsmaterial, das in New York schon länger aus Getreidehalmen und Myzelien hergestellt wurde. Die „Pilzwurzeln“ wachsen dabei innerhalb kurzer Zeit so, dass alle Zwischenräume des zu „verklebenden“ Materials gefüllt werden. Das getrocknete Produkt ist dann richtig stabil. Und alles ist biologisch abbaubar! Vielleicht hattet Ihr ohne es zu wissen auch schon einmal eine Bestellung in Händen, die ein solches Material geschützt hat?

Schalldämmung auf Pilzbasis

Ein paar Klicks weiter landete ich auf der Seite der Fraunhofer Gesellschaft, einer Organisation für anwendungsorientierte Forschung, die sich als Impulsgeber für innovative Entwicklungen und Gestalter unserer Zukunft sieht. Auf meine alten Tage steige ich noch mal ein in die Wissenschaft! Dort stieß ich auf Julia Krayer – sie erforscht, wie sich aus Pilzen ressourcenschonende Schallabsorber herstellen lassen.

Sie und ihre Kolleg*innen züchten dafür Myzel-Fäden im Labor. Das Pilzmyzel wird erst mit einem pflanzlichen Substrat aus Stroh, Holz und Abfällen aus der Lebensmittelproduktion vermischt und danach mit einem 3D-Drucker in eine beliebige Form gedruckt. Das feinkörnige Substrat wird von den Myzel-Fäden durchwachsen und füllt die Form aus. Sobald das Myzel das Substrat durchdrungen hat, kommt das Produkt zum Trocknen in den Ofen, der Pilz wird abgetötet. Die offenen Zellwände des entstandenen Materials können Schall aufnehmen – so gewinnt man einen ökologisch sauberen und nachhaltigen Schallschutz.

Eigentlich müsste alles, was wir produzieren, so nachhaltig und so wenig belastend wie möglich den Kreislauf der Natur durchlaufen. Mit Pilzen sehe ich eine Chance. Sie sind für mich neuerdings Wunder der Natur. Ich werde meine Augen offen halten, was sich in dem Bereich alles tut und Euch berichten, wie es meiner Austernpilzzucht ergeht.

Seid herzlich gegrüßt und bleibt neugierig!
Eure Trude
 

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