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FoodFeature#04

Das vierte FoodFeature führt uns in einen anderen Teil des Nahrungsmittelkreislaufs und untersucht die Schnittstelle zwischen Design und Landwirtschaft. Dazu luden wir Anne Reijnders von der niederländischen Plattform Agri Meets Design ein.

AGRI MEETS DESIGN


Agri meets Design ist eine Plattform, die Landwirte und Designer mit dem Ziel zusammenbringt, Erneuerungen im Lebensmittelsystem zu schaffen. "Die Kraft von Design liegt darin, kleine und große Herausforderungen anzugehen, und es ist wichtig, dass auch Nicht-Food Designer wissen, dass sie eine Rolle spielen können", sagt Anne Reijnders, die derzeitige Programmkoordinatorin von Agri meets Design. 2012 trafen sich auf der Dutch Design Week verschiedene Fachleute aus der Lebensmittelbranche und teilen die Vision, eine Plattform ins Leben zu rufen, die den Aufbau einer nachhaltigen Alternative zum derzeitigen Lebensmittelsystem unterstützen kann. Die Plattform hat zwei primäre Aufgaben: 1. die Suche nach der richtigen Kollaboration und 2. die Vermittlung einer langfristigen Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Designern. Durch ihre Arbeit ermöglicht die Plattform neue Einsichten und Durchbrüche im Agrarsektor.

Reijnders fordert, "Landwirte [als] Manager der Natur" zu sehen. Sie überlegt, was das für unser Verständnis von Verantwortung gegenüber der Landwirtschaft oder der Natur insgesamt bedeuten könnte. Ist es möglich, andere Akteure zu wichtigen Stakeholdern im Agrarsektor werden zu lassen? Die Plattform wurde in Partnerschaft mit zwei staatlichen Stellen entwickelt. Jedes Projekt, das in Angriff genommen wird, zielt darauf ab, drei wichtige Gruppen durch Designinnovation zu beeinflussen. Die erste Gruppe beschreibt die Gesellschaft, die durch strukturelle Veränderung im Agrarsektor dahingehend beeinflusst werden, nachhaltigere Ernährungsparadigmen anzunehmen. Die zweite Gruppe beschreibt staatliche Institutionen, die darin unterstütz werden, innovative und riskante landwirtschaftliche Projekte zu finanzieren. Die Landwirte als dritte Gruppe werden durch die Zusammenarbeit mit einer diversen Expertengemeinschaft zu neuen Geschäftsmodellen angeregt.

Im Jahr 2013 organisierte die Plattform Farmhack eine Zusammenkunft von technischen Experten, Landwirten und Designern rund um landwirtschaftliche Herausforderungen. Das Ziel war es, zu zeigen, wie Experten aus unterschiedlichen Disziplinen und mit diversen Perspektiven mögliche Lösungen für die Herausforderungen des Agrarsektors erarbeiten können. Food Lab wurde ins Leben gerufen, um in einer bestimmten Region oder rund um ein bestimmtes Thema organische Kollaborationsmöglichkeiten zwischen Landwirten und Designern zu schaffen. Die häufig langjährigen Kooperationen ermöglichen es den Designern, tief in ein Thema einzutauchen, mit dem die Landwirte konfrontiert sind.

Eine wirkungsvolle Zusammenarbeit, die aus dem Food Lab hervorging, ist zum Beispiel ein Projekt, das sich mit der mangelnden Nachfrage nach Hülsenfrüchten in den Niederlanden befasst. Das Ergebnis bestand darin, ein nationales Brotrezept zu entwickeln, das Hülsenfrüchte enthält. Das Projekt schützte die Artenvielfalt, umging weite Lebensmitteltransporte und bot ein schmackhaftes Produkt zum Verzehr von Hülsenfrüchten. Melksalon (Milchladen) ist ein weiteres Beispiel für ein erfolgreiches Projekt, bei dem Agri meets Design als Berater tätig war. Das Projekt wurde von der Designerin Sietske Klooster angeführt, die zum Vermittler zwischen Milchbauern und Käufern wurde, indem sie Techniken zur Verkostung von Milch anbot und neu erfand.

"Landwirte und Designer haben die Fähigkeit, Probleme durch reale Lebenserfahrungen zu lösen", erklärt Reijnders. Designer sind darauf trainiert, "Fragen hinter den Fragen" zu finden und Möglichkeiten zu schaffen, während Landwirte pragmatisch sind und sich nur dann hinter ein Konzept stellen, wenn es für sie wirklich funktioniert. Landwirte stehen unter Zeit- und Produktionsdruck, was sie oft risikoscheu macht, gerade wenn es darum geht Zeit in etwas zu investieren, das vielleicht nicht funktioniert. Um Vertrauen aufzubauen, war es für die Plattform wichtig, mit fortschrittlichen und risikobereiten Landwirten zusammenzuarbeiten, mit einem Bauernverband zu kooperieren und sicherzustellen, dass der Ort des Treffens die Landwirte nicht vor zusätzliche logistische Herausforderungen stellt.

Auf der Produktebene können die Designer einen Einfluss auf das Lebensmittelsystem ausüben. Eine vegane Wurst, die aus den Stielen von Pilzen hergestellt wurde, konnte den Unmut eines Pilzbauern angehen, dass Teile seiner Ernte im Abfall landeten. Auf der strukturellen Ebene drehen sich Projekte um langfristige Verhaltensänderungen. Beispielsweise arbeiteten Designer und Landwirte an einem Pilotprojekt, in welchem Stadtfamilien lernten Hühner aufziehen und zu schlachten. Das Projekt drehte sich um übermäßigen Fleischkonsum und was es bedeutet, ein Tier zum Verzehr zu töten. In einem zukunftsgerichteten Projekt entwarf ein Designer ein Buch mit Rezepten für im Labor gezüchtetes Fleisch und stellte die Frage, wie die Nahrungsmittellandschaft als Folge aussehen würde. Reijnders betont, dass es in allen Ebenen sehr wichtig ist, dass sich die Projekte an alltägliche Herausforderungen der Landwirte richten und die Kollaborationen aus ihrem Bedürfnis entstehen.

Mit Blick auf die Zukunft prognostiziert sie, dass die zukünftigen Herausforderungen des Agrarsektors weite Lebensmitteltransporte, die Personifizierung der Ernährung, die Überalterung der Landwirte und schließlich die Schwierigkeit des Einstiegs in die Landwirtschaft als Sektor sein werden. Agri meets Design leistet wichtige Arbeit, multidisziplinäre Kollaborationen zu ermöglichen, die radikale Veränderungen in der Branche anstoßen. "Es wird immer Herausforderungen geben, vor allem solche, die zeitlich begrenzt sind", sagt Reijnders. Designer haben in Zusammenarbeit mit Landwirten eine wichtige Rolle zu spielen, um wirkungsvolle Lösungen für den Agrarsektor zu schaffen.


Über die Redner*innen

Anne Reijnders

Aus der Verhaltenswissenschaft kommend, nimmt Anne Reijnders jede neue Aufgabe und jede Veranstaltung als eine Herausforderung an. Ein Abenteuer, um ein einprägsames Erlebnis für ihre Kunden zu schaffen. Menschen neugierig zu machen und für neue Ideen und Geschichten zu begeistern, ist ihre Mission. Als Freiberuflerin kreiert sie Events und Programme, die sich um Essen und Verhalten drehen. Seit 2020 ist sie die Programmkoordinatorin von Agri Meets Design.

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