Durch Musik zum Leader von morgen
Das Projekt CasablancaSound ist eine Initiative des Goethe-Instituts Marokko, gefördert durch das Auswärtige Amt, die Musik nutzt, um die Führungsqualitäten von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Der zweite Workshop fand vom 28. September bis 2. Oktober 2019 im Kulturzentrum Les Étoiles de Sidi Moumen statt und schloss mit einem berauschenden Konzert ab.
Von Kaouthar Oudrhiri
„Wenn ich sehe, wie diese Kinder zusammen Musik machen, sage ich mir, dass Sidi Moumen eine Wüste ist und diese Initiative hier an einem Ort wie Les Étoiles eine Oase“. So eloquent beschreibt Aziza, Mutter eines jungen Posaunenschülers, das Abschlusskonzert des zweiten Moduls des Projekts CasablancaSound, das am 2. Oktober im Kulturzentrum Les Étoiles de Sidi Moumen stattfand. Am Abend des Konzertes kamen viele Eltern, Freunde und Nachbarn, um die Big Band zu hören. Bei den Interpretationen von „Exodus“ von Bob Marley, „T.N.T“ von AC/DC oder auch „Hotel California“ von den Eagles haben die Bassisten, Gitarristen, Saxophonisten, Schlagzeuger, Pianistinnen und Sängerinnen mit funkelnden Augen das Beste aus sich herausgeholt. Mit spürbarer Leidenschaft für die Musik haben mehr als hundert Kinder und Jugendliche eine tolle Vorstellung gegeben.
Die vom Goethe-Institut initiierte Workshop-Reihe wird in enger Zusammenarbeit mit dem marokkanischen Kulturzentrum Les Étoiles de Sidi Moumen und der deutschen Organisation Braintree Academy umgesetzt und fördert neben der Selbstwirksamkeit der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch das Gruppengefühl. „Es ist sehr eindrucksvoll zu sehen, wie die Jugendlichen des Viertels die Musikinstrumente beherrschen. Das kann das Leben verändern und ich bin stolz darauf, dass mein Sohn bei dieser Gruppe mit dabei ist“, flüstert Hanane, Mutter von Yahia, einem anderen Teilnehmer. Aziza fügt hinzu: „Bei diesem Projekt finde ich es wichtig, dass Menschen mit verschiedenen Ideologien, Kulturen und Religionen sich mit der Musik zueinander finden“.
Wie werde ich Leader? Die Antwort liegt in den Partituren.
Das Abenteuer der Big Band begann im letzten Frühjahr, als der Starterworkshop von CasablancaSound stattfand. 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des weitverzweigten Viertels Sidi Moumen in der Peripherie von Casablanca haben daran teilgenommen. 40 von ihnen wurden ausgewählt, um die Qualifizierungsausbildung zur Führungspersönlichkeit begleitet von den Trainerinnen und Trainern der Braintree Academy zu absolvieren. In diesem Zusammenhang erklärt uns die Gründerin der Braintree Academy Sandra Weckert in einer Pause zwischen den Proben: „Wir arbeiten in Neukölln, einem kosmopolitischen Viertel in Berlin mit einer hohen Konzentration an türkischen und arabischen Gemeinschaften. Im Mittelpunkt des musikalischen Lernens versuchen wir den Kindern humanistische Werte zu vermitteln und ihnen die Schlüssel zum Empowerment zu geben“. Die Gründerin fügt hinzu: „Nach einem Starterworkshop war es für uns wichtig, den zweiten Aufbauworkshop entlang folgender Leitfragen zu gestalten: Wie werde ich eine Führungspersönlichkeit? Wie kann man seine Einstellung ändern und sich selbst und andere respektieren? Wie feiern wir unsere Erfolge und wie beurteilen unsere Misserfolge? Dabei ist die Musik letztendlich nur das Instrument zur Übermittlung“.Was Bedeutet CasablancaSound für Soufiane, Salma oder auch Yousra?
In den Gängen des Les Étoiles laufen wir Soufiane über den Weg, Chef der Bassisten der Big Band. Er vertraut uns an, dass er durch seine Teilnahme an den Workshops unvoreingenommene Menschen getroffen hat, die zuhören können. Der 15-jährige Schüler beobachtet scharfsinnig: „Früher hatten wir keine Möglichkeit, Musik zu machen, mit verschiedenen Menschen in Kontakt zu kommen, uns mit ihnen auszutauschen und unsere Leidenschaft für Kultur zu teilen. Projekte wie CasablancaSound haben wir doch nur im Fernsehen gesehen! Ich bin der Meinung, dass man durch die Kunst die Welt ganz anders betrachten kann“. Seine Mitspielerin Salma nickt und fügt hinzu, dass das Projekt den Teamgeist der Teilnehmer und Teilnehmerinnen gefördert hat. Die 17 Jahre alte Bassistin fährt fort: „Der Bass ist ein wichtiges Instrument in der Gruppe und es ist anstrengend, ihn zu spielen. Es ist der Bass, der den Rhythmus hält. Deshalb ist das eine große Verantwortung für mich“. Für die 9 Jahre alte Yousra, Sängerin in der Big Band, ist es nicht einfach, die Texte der verschiedenen Stücke des Workshops zu lernen. Aber das hält sie nicht davon ab, mit dabei zu sein. Sie sagt, sie habe gelernt, mit verschiedenen Menschen zusammenzuarbeiten und sich an jeden einzelnen anzupassen.Wissensvermittlung mit Leidenschaft
Als wir Salma, Chefin der Sektion Klavier der Big Band, ansprechen übt sie gerade angestrengt ihre vereinfachten Partituren. Das Klavier ist ihre große Leidenschaft. Ein Dreikäsehoch, aber wild entschlossen, ihre Aufgabe gut zu machen erklärt sie uns: „Ich lerne immer wieder neue Dinge auf dem Klavier. Dann freue ich mich, meine Kenntnisse anderen zu vermitteln“. Die Wissensweitergabe ist ein weiterer Schwerpunkt von CasablancaSound. Von den 40 in der Qualifizierungsausbildung stehenden Teilnehmenden hat das Projektteam die besten ernannt, um etwa hundert neue Teilnehmende anzuleiten, die sich für einen Express-Musikkurs angemeldet haben: wohlgemerkt nur 48 Stunden vor dem öffentlichen Abschlusskonzert. Das Goethe-Institut Marokko möchte mit dem Projekt einen „Schneeballeffekt“ anstoßen: die am Qualifizierungsprogramm teilnehmenden Jugendlichen geben das Wissen nachhaltig an andere Jugendliche sowie ihre soziale Umgebung weiter.
CasablancaSound wird im Rahmen des Programms Transformation & Partnerschaft umgesetzt. Jenes Programm wird durch das Auswärtige Amt finanziert und hat zum Ziel, Kultur- und Bildungsprojekte zur gesellschaftlichen Teilhabe in Nordafrika und im Nahen Osten zu entwickeln, Raum für Austausch sowie Kreativität und Innovation zu schaffen und schließlich dadurch eine Zukunftsperspektiven zu geben. Bis zum Ende des Projektes im Juni 2020 können rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Projekt CasablancaSound teilnehmen.