Die Deutschkennnisse der Neurowissenschaftlerin Carolyn Wu sind inzwischen im grünen Bereich — dank eines „Fahrrads“ bzw. eines ganz besonderen Frühstücks mit Sprachtandem...
Ich bin 2015 von Neuseeland nach Saarbrücken gezogen, um dort an der Universität des Saarlandes zu arbeiten. Man hatte mich bereits vorgewarnt, dass ich sehr hartnäckig sein müsste, wenn ich Deutsch lernen wollte, da die meisten Deutschen hervorragend Englisch sprechen. Nach meiner Ankunft habe ich allerdings schnell gemerkt, dass die Gegend nahe der französischen Grenze geradezu ideal ist, um Deutsch zu lernen.
Wenn ich in einem Geschäft war und die Leute merkten, dass ich kein Deutsch sprach, fragten sie immer: „Französisch”? … und schüttelten nur den Kopf, wenn ich dann „Englisch” erwiderte.
Ich wusste zwar, dass die Kommunikation in unserer Forschungsgruppe auf Englisch stattfinden würde, aber es war schon ein großer Vorteil, Deutsch sprechen zu können. So konnte ich mich viel besser ins Team integrieren. Es dauerte allerdings einige Zeit, bis ich mich getraut habe, auch auf der Arbeit Deutsch zu sprechen. Das habe ich nur durch die enorme Unterstützung im Freundes- und Kollegenkreis geschafft.
Als ich dann zwei Jahre später zu meiner jetzigen Stelle in Bielefeld wechselte, hatte ich genug Vertrauen in meine Fähigkeiten, dass ich mich von Anfang an an Gesprächen, z. B. in der Uni-Mensa, beteiligt habe, egal, wie viele Fehler ich auch gemacht habe.
So habe ich sofort signalisieren können, dass ich gerne Deutsch sprechen und lernen möchte. Meine Kollegen sind es also gewohnt, dass ich einfach drauflos rede, auch wenn es manchmal hier und da noch ein wenig holprig klingt.
Kaffee, Brötchen und Grammatik
Was ich beim Sprachenlernen in Deutschland wirklich toll finde, ist das Lerntandem. Das soll nicht heißen, dass ich auf einem Zwei-Personen-Fahrrad Vokabeln lerne, wie einer meiner Freunde fälschlicherweise geglaubt hat. Tandem heißt, dass man sich regelmäßig mit jemandem trifft, der eine andere Sprache spricht und man sich in beiden unterhält. Mit meinem Tandempartner habe ich ausgemacht, dass wir uns zum Frühstück verabreden, und falls es mit dem Sprachtandem nicht klappen sollte, würden wir einfach gemütlich Kaffee trinken und Brötchen essen!
Am Anfang war es, wie erwartet, ganz schön anstrengend! Manchmal hat es fünf Stunden (und fünf Kaffees und 500 Lachanfälle!) gedauert, bis ich mit meinen begrenzten Grammatik-Kenntnissen oder mitgebrachten Lesetexten etwas zum deutschen Teil der Übung beisteuern konnte. Mein Tandempartner konnte natürlich viel besser Englisch sprechen als ich Deutsch, und so standen in der Englisch-Redezeit auch Gleichnisse und Redewendungen auf dem Programm.
Sprachunterricht in den höchsten Tönen
Dank meiner Deutschkenntnisse konnte ich auch an vielen Freizeitaktivitäten teilnehmen, die wirklich Spaß gemacht haben. So bin ich jetzt Mitglied des Uni-Chors und fröne dem klassischen Gesang. Die ersten Proben waren aus sprachlicher Sicht allerdings ganz schön anstrengend. Wir singen Lieder mit deutschen Texten, deren Aussprache natürlich eine echte Herausforderung ist, und bei den deutschen Anweisungen bin ich manchmal kaum hinterher gekommen. Aber schon bei der dritten Probe bin ich viel besser klargekommen. Die Anforderungen sind nicht gesunken, aber ich bin einfach besser mitgekommen und konnte mich leichter auf den Gesang konzentrieren.
Ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich durch meine Deutschkenntnisse so viele Erfahrungen sammeln konnte und mich hier inzwischen wie zuhause fühle. Ich kann meinen Alltag hier ganz normal gestalten wie jeder andere auch. Alles ist, wie man in Deutschland so schön sagt, im grünen Bereich!