Nachhaltiger Tourismus
Wie sich der Tourismus in Neuseeland der Nachhaltigkeit verpflichtet

Hobbiton - There are already groups of 20+ people walking through Hobbiton ever 10-20 minutes and the company wants a license to allow twice as many visitors.
© Jordan Bryant

Neuseeland hat sich bis 2025 touristische Jahresausgaben in Höhe von 41 Milliarden NZD zum Ziel gesetzt, was einen Anstieg der Besucherzahlen mit sich bringen wird. Und angesichts der Tatsache, dass die Ausgaben im Zwölfmonatszeitraum bis einschließlich März 2018 bereits 39,1 Milliarden NZD erreichten, war schon früh klar, dass dieses Ziel schneller als erwartet erreicht werden würde. Aber wird die Verwirklichung dieses Ziels den Einheimischen zugutekommen, wenn dahinter die Einstellung einer Realisierung ‚um jeden Preis‘ steht?

Von Jordan Bryant

Schließlich führt die Devise ‚Wachstum um jeden Preis‘ tendenziell dazu, dass Orte letzten Endes für ausländische Touristen unattraktiv werden, wie zum Beispiel Sihanoukville in Kambodscha, oder zu ihrer Rettung sogar vollständig geschlossen werden müssen, wie es etwa die Philippinen mit Boracay, einer der bestbewerteten Inseln der Welt, getan haben. Da Boracay sehr klein ist und nur über beschränkte Infrastruktur verfügt, stieg der Tourismus zu schnell an, als dass die Anlagen hätten mithalten können.

Das will niemand, und so schritt an diesem Punkt der Tourismusverband Tourism Industry Aotearoa (Tourismusindustrie Aotearoa) ein. Ab Mai 2019 wurden die Wachstumsziele angepasst, sodass mit Blick auf 2025 der Schwerpunkt jetzt auf nachhaltigem Wachstum liegt.

Der Verband erarbeitete die „Neuseeländische Verpflichtung zu nachhaltigem Tourismus“ („The New Zealand Tourism Sustainability Commitment“, TSC), die anstrebt, dass sich alle neuseeländischen Tourismusunternehmen bis 2025 zu Nachhaltigkeit verpflichten. Wenn dies erreicht würde, hätte sich die Vision, dass Neuseeland zum weltweiten Spitzenreiter im nachhaltigen Tourismus wird, erfüllt.
 

  • Wellington – Auch wenn Menschenmassen an vielen Reisezielen des Landes ein Problem sind, gibt es nichtsdestotrotz abgeschiedene Ecken, die leicht zu erreichen sind, wie etwa dieser Blick von einer Stelle nahe der Windkraftanlage in Wellington. © Jordan Bryant

    Wellington – Auch wenn Menschenmassen an vielen Reisezielen des Landes ein Problem sind, gibt es nichtsdestotrotz abgeschiedene Ecken, die leicht zu erreichen sind, wie etwa dieser Blick von einer Stelle nahe der Windkraftanlage in Wellington.

  • Kapiti Island – Es gibt nur zwei Tourunternehmen, die täglich maximal 160 Passagiere nach Kapiti Island bringen dürfen. Dies verhindert, dass die Insel von Menschenmassen überlaufen wird, die die Tierwelt stören. © Jordan Bryant

    Kapiti Island – Es gibt nur zwei Tourunternehmen, die täglich maximal 160 Passagiere nach Kapiti Island bringen dürfen. Dies verhindert, dass die Insel von Menschenmassen überlaufen wird, die die Tierwelt stören.

  • Hobbiton – Schon jetzt spazieren alle 10–20 Minuten Gruppen von mehr als 20 Personen durch Hobbiton und das Unternehmen strebt eine Lizenz für doppelt so viele Besucher an. © Jordan Bryant

    Hobbiton – Schon jetzt spazieren alle 10–20 Minuten Gruppen von mehr als 20 Personen durch Hobbiton und das Unternehmen strebt eine Lizenz für doppelt so viele Besucher an.

Die TIA hat vier Bereiche identifiziert, die zu nachhaltigem Tourismus führen; in jedem Bereich sind Fortschritte erforderlich, sonst wird das Ziel nicht erreicht:
  • Wirtschaft
  • Besucher
  • Gastgemeinde
  • Umwelt
Diese vier Bereiche werden von acht Zielen und 14 Verpflichtungen getragen.

Bis November 2019 hatten sich bereits 1300 Unternehmen für das Programm angemeldet, sodass es sich hier nicht nur um leere Worte handelt, sondern auch tatsächlich etwas passiert.

Unternehmen können sich ganz unkompliziert anmelden, indem sie das Formular auf sustainabletourism.nz ausfüllen. Sie erhalten daraufhin ein Zertifikat, das bestätigt, dass sie die Verpflichtung zum nachhaltigen Tourismus unterzeichnet haben und auf ihrer Website das Logo für nachhaltigen Tourismus verwenden dürfen.

Aber können Unternehmen dieses Logo als falsches Signal benutzen? Wie werden sie in die Verantwortung genommen?

Wie TIA-Nachhaltigkeitssprecherin Megan Williams erklärt, liegt der Schwerpunkt eher auf der Selbstverpflichtung und man hofft, dass die Unternehmen das in sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen. Und solange ein Unternehmen die Erklärung unterzeichnet hat, ist es nicht so schlimm, wenn es die 14 Verpflichtungen nicht sofort bis ins kleinste Detail befolgt. Aber es ist klar, dass alle Unternehmen mitmachen müssen, um Neuseeland im nachhaltigen Tourismus bis 2025 an die Weltspitze zu bringen.

Jedes Jahr wird es eine TSC-Umfrage geben, die der TIA dabei hilft, zu verstehen, was für die Unternehmen, die die Erklärung unterzeichnet haben, auf ihrem Weg funktioniert und was nicht, und sie je nach Bedarf unterstützt. Der wichtigste Indikator für Fortschritte wird sich an den Veränderungen bei der Umsetzung jeder der Verpflichtungen orientieren.

In der Zwischenzeit gibt es Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von Beispielen für neuseeländische Firmen, die mit gutem Beispiel vorangehen. Viele von ihnen werden auf der Nachhaltiger-Tourismus-Website gefeiert und dokumentiert, sodass andere Unternehmen von ihnen lernen können.

Da ist die Fluglinie Air New Zealand, die jetzt pflanzliche statt aus Plastik hergestellte Kaffeebecher benutzt. Discover Waitomo, die Organisation, der die gesamte beliebte Touristenattraktion (Waitomo Caves) untersteht, hat sich zu einem Verbot von Einwegplastik bis 2021 verpflichtet, und Shotover Jet hat das Design seiner Jetboote überarbeitet, wobei Nachhaltigkeit im Vordergrund der Pläne steht.

Neuseeland ist seit langem ein Land, das von Innovationen lebt, schließlich kann es sich anders als größere Länder nicht auf seine Größe und Fertigungsmöglichkeiten verlassen. Einmal mehr wird Innovation vonseiten aller Interessensgruppen im neuseeländischen Tourismus entscheidend dafür sein, die von Tourism Industry Aotearoa vorgegebene Vision zu erreichen.

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