Nachhaltiger Tourismus
Das Bio-Refugium Schmilka in der Sächsischen Schweiz
Das kleine Dorf Schmilka, mitten im Nationalpark Sächsische Schweiz an der Grenze zu Tschechien und direkt an der Elbe gelegen, hat sich in den letzten zwanzig Jahren nach und nach zum Bio-Refugium entwickelt. Nachhaltigkeit, Regionalität und die Herstellung eigener Bio-Produkte werden hier in einem ganzheitlichen Konzept umgesetzt.
Von Marina Bierbrauer
Bei einem Tagesausflug hatte ich Gelegenheit, mir die einzelnen Angebote genauer anzuschauen. Wie fast alle Orte in der Sächsischen Schweiz erreiche ich Schmilka unkompliziert mit der Bahn. Von der anderen Elbseite habe ich einen schönen Blick auf die 69 Häuschen, die sich an einer kleinen Straße vom Ufer den Berg hinauf schlängeln. Mit der kleinen, historischen Fähre „Lena“ aus dem Jahre 1927 fahre ich hinüber ins Dorf.
Backen wie vor 300 Jahren
Ich beginne den Tag mit einer Führung durch die historische Wassermühle mit angeschlossener Bäckerei. Das Bauwerk aus dem Jahre 1665 ist das älteste erhaltene Gebäude des Ortes und wurde 2007 liebevoll saniert. Heute kann man live zuschauen, wie das Mehl gemahlen und zu leckeren Backwaren verarbeitet wird. In der Bäckerei wird nach wie vor in einem historischen Holzofen gebacken. Bereits beim Betreten der Backstube duftet es herrlich nach frischem Brot gemischt mit der wohligen Wärme des Holzofens.Saisonale und regionale Bio-Produkte
In der Mühlenstube wärme ich mich anschließend auf und probiere das frische Brot zusammen mit einer veganen Linsensuppe. Wagenradgroße Kuchen in süßen und herzhaften Varianten, Mühlenbrote und Brötchen kann man entweder direkt vor Ort verzehren oder mitnehmen und zu Hause genießen. Alle Produkte sind bio-zertifiziert, die Zutaten werden vorwiegend aus der Region bezogen und zum Teil selbst angebaut, produziert wird saisonal. Gebacken und gekocht wird außerdem nach Bedarf, um am Ende des Tages möglichst wenig übrig zu haben und keine Lebensmittel zu verschwenden. Neben Bäckerei und Mühle gibt es im Dorf eine Handvoll kleiner Restaurants, eine Konditorei und Tortenmanufaktur sowie eine Bio-Braumanufaktur, die nach eben diesen Prinzipien arbeiten.Moderne Rekonstruktion eines historischen Dorfes
Bei einem Dorfrundgang erfahre ich Geschichtliches zu Schmilka und seiner heutigen Entwicklung. Möglich gemacht hat diese der Unternehmer und private Investor Sven-Erik Hitzer. Er betreibt mehrere historisch-touristische Ausflugsziele und Gastronomien und wurde für seine Aktivitäten in den Bereichen Denkmalschutz und Touristik mehrfach ausgezeichnet. Bereits seit seiner Kindheit eng mit der Sächsischen Schweiz verbunden, besaß er lange ein Feriendomizil in Schmilka. Er erlebte, wie die Einwohner- und Besucherzahl Schmilkas nicht zuletzt durch zwei große Hochwasser immer weiter schrumpfte und viele Häuser verfielen. Daher begann er vor gut 20 Jahren leerstehende Gebäude im Dorf aufzukaufen und seine Vision von einem nachhaltigen Bio-Refugium umzusetzen.Die kleinen Fachwerkhäuschen wurden nach und nach mit modernen, baubiologischen Methoden saniert und dabei in ihrem ursprünglichen Charme erhalten. Energie wird aus Solaranlagen und Ökostrom bezogen, Heizungen werden mit Abwärme betrieben. Das Ziel ist, irgendwann gänzlich energieautark zu sein. Übernachten kann man in Schmilka im Bio-Hotel oder in einer der wenigen familiengeführten Pensionen und Ferienwohnungen. Große Hotelanlagen sucht man vergebens.
Von den Bewohnern Schmilkas werden die Bemühungen vorwiegend positiv aufgenommen, schließlich kommt die Entwicklung allen zugute. Man merkt, dass hier alle an einem Strang ziehen.
Ganzjähriges Ausflugsziel
Schmilka liegt am Elberadweg, ist Ausgangspunkt zahlreicher Wanderungen und ein Teil des Malerwegs, einer der bekanntesten Wanderwege Deutschlands, führt direkt durch das kleine Dorf. Wie viele kleinere Orte im Nationalpark ist Schmilka daher besonders in der warmen Jahreszeit mit einer großen Besuchermasse konfrontiert. Was einerseits gut für die Region ist, führt gleichzeitig schnell zur Überforderung der Infrastruktur und des empfindlichen Ökosystems. Schmilka zeigt mit seinem außergewöhnlichen Ansatz, dass Profit und Nachhaltigkeit sich nicht ausschließen müssen, sondern ganz im Gegenteil ein auf Nachhaltigkeit basiertes Konzept die Grundlage für einen erfolgreichen Tourismus bilden kann.Um auch im Winter als Ausflugsziel attraktiv zu sein, gibt es seit einigen Jahren von Mitte November bis Mitte März das Winterdorf. Dadurch werden feste Arbeitsplätze auch außerhalb der Hauptsaison geschaffen. Hier kann man z. B. nach einem Saunagang mit anschließendem Eisbad in einem heißen Badezuber – wahlweise mit Bieraufguss – verweilen und entspannen. Oder wie ich den Tag mit einem leckeren, heißen Glühwein ausklingen lassen.