Baugenossenschaften
Gemeinschaft statt Eigentum
![Wohnbaugenossenschaft wagnisART | München Wohnbaugenossenschaft wagnisART | München](/resources/files/jpg569/wagnisart_kaltenbach6_695-formatkey-jpg-w320m.jpg)
Deutschland boomt. In Ballungszentren wie Berlin, Hamburg, Stuttgart und München steigen Mieten und Preise für Wohnungseigentum rasant. Immer weniger Menschen, die in diesen Städten arbeiten, können es sich leisten, dort auch zu wohnen. Es gibt jedoch eine Alternative, die niedrige Mieten und lebenslanges Wohnrecht garantiert: der Eintritt in eine Baugenossenschaft. Deutschlands radikalster Genossenschaftsbau, wagnisART in München, erhielt für seine Projekte den Deutschen Städtebaupreis 2016.
Schon von Weitem fallen die unregelmäßig über die Fassade verteilten Fenster auf. Begibt man sich dann von der Straße in den Freiraum zwischen den fünf Häusern, fühlt man sich wie in einer anderen Welt.
Im vierten Obergeschoss spannen breite Betonbrücken von Haus zu Haus – wie Arme, die sich Tänzer im Kreis über die Schulter legen. Sie bilden einen Platz für die Gemeinschaft, der Geborgenheit vermittelt und dennoch gerahmte Durchblicke zur Umgebung erlaubt.
Ab dem vierten Obergeschoss befindet man sich über den Dächern der Stadt und hat einen Rundblick, der Richtung Süden bis zu den fernen Alpen reicht. Beim Spaziergang von Brücke zu Brücke passiert man private Loggien, ein Künstleratelier oder die breite »Champagnerterrasse«, die sich für gemeinsame Feste zum Sonnenuntergang anbietet.
Es ist bereits das fünfte realisierte Projekt der Münchner Wohnbaugenossenschaft Wagnis, in das Erfahrungen aus inzwischen 16 Jahren seit ihrer Gründung eingeflossen sind. Und dennoch bleibt der Entstehungsprozess von wagnisART immer einzigartig.
Die Architekten sind dabei mehr Moderatoren als Gestalter. Mit Schuhkartons hatten die Genossenschaftsmitglieder in einem Workshop die fünf Volumen der Häuser im Kreis angeordnet und symbolisch als Zeichen der Gemeinschaft mit Holzlatten verbunden: die Geburtsstunde der Brücken, die trotz aller Widerstände und hoher Mehrkosten bis zuletzt Bestandteil der Planung blieben. Selbst die Anordnung der Fenster wurde von den Bewohnern gestaltet: Jeder durfte über diejenige Wand entscheiden, auf die er aus seiner Wohnung später schauen würde.
Die Summe und auch die Miete variieren von Bewohner zu Bewohner, da nur 30 Prozent der Wohnungen frei finanziert sind. Die Landeshauptstadt München fördert 30 Prozent der Wohnungen mit der einkommensorientierten Zusatzförderung (EOF) und 40 Prozent nach dem sogenannten München Modell.
Die Genossenschaftliche Immobilienagentur (GIMA) in München hat inzwischen 23 gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften als Mitglieder. Seit dem Genossenschaftsgesetz von 1889 erleben Genossenschaften deutschlandweit erneut eine Renaissance: Inzwischen sind über drei Millionen Menschen Mitglied in einer der über 2.000 Wohnungsgenossenschaften oder wohnen bereits in einer der 2,3 Millionen Genossenschaftswohnungen.