Gespräch Erfahrung – Literatur – Gedächtnis

Gespräch mit Aleksander Kratochvil, Olena Styazhkina, Olesia Ostrovska-Liuta und Lia Dostlieva

Viele Ukrainer fragen sich, was mit uns geschehen ist, nicht nur während der zwei Jahre der umfassenden Invasion, sondern auch während der zehn Jahre des Krieges, der zehn Jahre, seit der Maidan und die ersten Opfer für Demokratie und Freiheit gefallen sind. Wie lebt man mit einer komplizierter Lebeserfahrung und wie verarbeitet man sie in der Literatur, in künstlerische Aktionen und in Geschichten. Ist es lohnenswert, einen emotionalen Weg zu finden, um mit der Unaussprechlichkeit des Traumas umzugehen? Aleksander Kratochvil, Olena Styazhkina, Olesia Ostrovska-Liuta und Lia Dostlieva werden darüber diskutieren, wie das Erzählen und die Kunst helfen können, die persönliche Erinnerung zu einem integralen Bestandteil des kollektiven und kulturellen Gedächtnisses zu machen.

Mitbeteiligte

  • Olesia Ostrovska-Liuta (Kultur- und Museumskomplexes Mystetskyi Arsenal) ist Kunstmanagerin und Kuratorin für zeitgenössische Kunst, Generaldirektorin des Nationalen Kunst- und Museumskomplexes Mystetskyi Arsenal (seit 2016). Sie ist außerdem Vorstandsmitglied der Initiativplattform Teple Misto (Iwano-Frankiwsk) und des Think-Tanks CEDOS (Kiew). Bis vor kurzem war sie Vorstandsmitglied des Ukrainian Institute und der East Europe Foundation sowie Vorsitzende des Programmkomitees des Social Capital Programme der International Renaissance Foundation. Erste stellvertretende Ministerin für Kultur der Ukraine (2014). Ostrovska-Liuta hat einen Master-Abschluss in
    Kulturwissenschaften der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie. Preisträgerin des Women In Arts Award (2019)
    Olena Stjazhkina (Autorin) g.1968 in Donezk. Die Historikerin und Schriftstellerin lebt in Kyjiw. Sie hatte Professuren an den Universitäten von Donezk und Mariupol inne. Seit 2016 arbeitet sie am Historischen Institut der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine in Kyjiw. In ihren wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Veranstaltungen widmet sie sich schwerpunktmäßig feministischen und Gender-Fragestellungen. Seit 1993 publiziert sie auch Prosawerke,
    Lia Dostlieva ist Künstlerin, Kulturanthropologin und Essayistin, geboren in Donezk, Ukraine. Ihre Kunst- und Forschungspraxis befasst sich mit dekolonialen Narrativen, die durch die Verflechtung mehrerer Arten, Sichtbarkeit gefährdeter Gruppen, kollektive Traumata und das Anthropozän entstehen. Sie arbeitet in verschiedenen Medien, darunter Fotografie, Installationen und Textilskulpturen. Ihre Werke wurden u. a. im Ludwig Museum (Budapest, Ungarn), in der Nationalen Kunstgalerie (Vilnius, Litauen), im Tifliser Fotografie- und Multimediamuseum (Tiflis, Sakartvelo), im Nationalen Museum der Schönen Künste (Bischkek, Kirgisistan) und im Lettischen Nationalmuseum für Kunst (Riga, Lettland) ausgestellt. Sie ist eine der Künstlerinnen, die die Ukraine auf der 60. Biennale von Venedig vertreten werden. Sie erhielt mehrere Stipendien, darunter die Jan van Eyck Academie A-i-R (2022/23, Maastricht, Niederlande).
    Alexander Kratochvil (Übersetzer) g. *1965 in München, Literaturwissenschaftler und Literaturübersetzer, Privatdozent, lebt in Berlin und München. Er studierte Slawistik, Ethnologie, Germanistik und Osteuropageschichte in München, Freiburg, Brno und Lwiw. In seinen Forschungen widmet er sich vor allem der tschechischen und ukrainischen Prosa des 19. und 20. Jahrhunderts. Alexander Kratochvil hat sich als Übersetzer von Oksana Sabuschko einen Namen gemacht, so hat er ihren Roman Das Museum der vergessenen Geheimnisse (2010) und ihre Essaybände Planet Wermut (2012), Abschied von der Angst (2018) und zuletzt ihren Essay Die längste Buchtour (2022) aus dem Ukrainischen übertragen. Gemeinsam mit Maria Weissenböck hat er Artem Tschechs Nullpunkt (2022) über die Kämpfe ab 2014 im Donbass übersetzt. Sie übertragen auch zusammen Sofia Andruchowytschs monumentalen Roman Amadoka (2020), der seit 2023 auf Deutsch in drei Bänden erscheint. Seine jüngste eigene Veröffentlichung widmet sich dem Thema „Posttraumatisches Erzählen“ (2019). Nach seiner Lehrtätigkeit an der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik in Prag ist Alexander Kratochvil seit Oktober 2022 wissenschaftlicher Mitarbeiter für ukrainische und tschechische Literatur am Lehrstuhl für Slawische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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