Dieter Rams
„Design muss Dinge begreifbar machen“
Der langjährige Chefdesigner von Braun, Dieter Rams, verstand es, Industrieprodukte unaufdringlich und klar zu gestalten. Seine Kreationen wurden zu zeitlosen Klassikern und zur Inspiration für andere Technikhersteller – zum Beispiel für Apple.
Von Romy König
Design hat so schlicht zu sein wie möglich, Schnick-Schnack und Schnörkel haben bei einem Gebrauchsgegenstand nichts zu suchen: Es braucht nur einen Blick auf die von Dieter Rams gestalteten Produkte, um zu sehen, dass der renommierte Industriedesigner seinem eigenen Design-Credo stets folgte. Vier Jahrzehnte arbeitete der in Wiesbaden geborene Industriedesigner für den Elektrogeräte-Hersteller Braun, von 1955 bis 1995. Als Leiter der Abteilung Formgebung prägte er die Optik zahlreicher Apparate und Instrumente, darunter von Hifi-Geräten, Tischfeuerzeugen und später sogar einer Zahnbürstenlinie.
Radikal reduziertes Design
Seine Produkte zeichneten sich durch gerade Linien, kantige Formen und ein klares Erscheinungsbild aus. Berühmt wurde etwa eine Radio-Plattenspieler-Kreation namens SK4, die Rams gemeinsam mit seinem Kollegen Hans Gugelot entwarf. Anfangs von Kritikern als „Schneewitchensarg“ verspottet, avancierte das minimalistisch gestaltete Gerät – weißes Metallgehäuse samt abnehmbarer Acrylglashaube – bald zum Klassiker. Gleiches gilt für den Weltempfänger T1000 oder den Taschenrechner ET 66.Gebrauchstauglich – und Vorbild für Apple
Rams Anspruch ist praktischen Ursprungs: Design müsse Gegenstände „begreifbar“ und „gebrauchstauglich“ machen, wie er einmal gegenüber der FAZ erläuterte, es solle Dinge „erklären können, ohne dass ein Nutzer lange eine Gebrauchsanleitung dazu lesen“ müsse. An dieses Prinzip lehnen sich heute auch die Tech-Produkte aus dem Haus Apple an: Ob I-Pod oder I-Phone – der Hersteller aus Palo Alto macht keinen Hehl daraus, sich an Rams‘ minimalistischem, klaren Produktdesign zu orientieren. Steve Jobs erwähnt Rams und dessen Arbeit sogar lobend in seiner Autobiografie.Für den Hersteller Braun war Rams ein Glücksfall: Ursprünglich zum Unternehmen gestoßen, um dessen Innenräume neu zu gestalten, haben er und seine Kolleg*innen mit ihren Kreationen bald dazu beigetragen, dass der damals noch recht unbekannte Elektrohersteller zunächst überregional, später auch international seinen Durchbruch hatte. Rams beschäftigte sich zugleich jedoch auch weiter mit Innenausstattung, entwarf Sessel und Regalsysteme für den Möbelhersteller Vitsoe, der 1959 eigens zur Herstellung von Rams’ Designs gegründet wurde, oder auch Tür- und Fenstergriffe für FSB.
MODEN ÄNDERN SICH, RAMS DESIGN BLEIBT
Mehrere der von Rams entworfenen Gegenstände und Möbel gehören heute zum Bestand des Museums für Modern Art in New York, und auch das Frankfurter Museum für Angewandte Kunst widmet dem Gestalter eine ständige Präsentation. Die Marke Braun, seit 1990 vom deutschen Hifi-Markt verschwunden, ist unterdessen seit Kurzem wiederbelebt: Der britische Audio-Spezialist Pure hat sich die Lizenz für die Marke gesichert. Die neuen Lautsprecher, die Pure 2019 unter dem Braun-Logo vorstellte, lesen sich als Hommage an die Lautsprecherserie aus Dieter Rams’ gestalterischer Hand – und beweisen einmal mehr: Schnörkelloses Design kommt nie aus der Mode.