Mit dem Helen & Kurt Wolff Übersetzerpreis wird jedes Jahr im Juni eine herausragende Literaturübersetzung vom Deutschen ins Englische ausgezeichnet, die im vorangegangenen Jahr in den USA veröffentlicht wurde. Der Preisträger erhält eine mit $10.000 dotierte Auszeichnung. Der Preis wurde erstmalig 1996 vom Goethe-Institut Chicago ausgelobt und dort bis 2014 verliehen. Der von der deutschen Regierung finanzierte Preis wird seit 2015 vom Goethe-Institut New York verliehen.
Preisträger 2022
Vincent Kling ist der Preisträger des diesjährigen Helen & Kurt Wolff Übersetzerpreises – so die Entscheidung der fünfköpfigen Jury, die ihn für ihre Übersetzung von Heimito von Doderers Roman The Strudlhof Steps (Die Strudlhofsteige), herausgegeben von New York Review Books im Jahr 2021, prämiert hat. Seine Auszeichnung im Rahmen einer Preisverleihung im Goethe-Institut New York hat am 16. Juni 2022 stattgefunden.
Jurybegründung
Die Jury des Helen und Kurt Wolff Übersetzerpreises freut sich sehr, Vincent Kling als Gewinner 2022 zu verkünden. Er wird für seine Übersetzung von Heimito von Doderers The Strudlhof Steps(Die Strudlhofstiege) ausgezeichnet, herausgegeben von NYRB. Der Roman zählt zu Österreichs renommiertesten literarischen Werken, wurde aber bisher nicht ins Englische übersetzt. Er bewegt sich zwischen zwei Zeiträumen – 1908 bis 1911 und 1923 bis 1925 – und vereint eine Reihe faszinierender Charaktere aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Während der vielen Jahre, die Vincent Kling diesem ausgesprochen schwierigen Text gewidmet hat, führte er ein Übersetzungstagebuch. Ein Teil davon wurde in Asymptote veröffentlicht. Es bietet Lesern einen Blick hinter die Kulissen von Klings riesigen Herausforderungen. Etwa, die unverwechselbaren Idiolekte des Romans wiederzugeben. In seinem Tagebuch schreibt er: “panoply of types worthy of Chaucer or Balzac or Dickens (or Joyce)—droll or menacing, devious or naïve, brilliant or plodding, real deal or wannabe”. Oder, die sprachliche Verspieltheit zu treffen. Beeindruckt und bewegt hat unsere Jury die Musikalität der Übersetzung (“contrive, connive, keep the tryst alive”), der Zauber der Alliterationen (“secret sharer of his solitude”), die Dominanz der Fachausdrücke und der metaphorische Erfindungsreichtum (“her neck lengthened out over the situation”), sowie die Aufrechterhaltung der langen und verschlungenen Sätze des deutschen Originals und die Einführung von Neologismen (“advicelets”). Wir gratulieren Vincent Kling zu diesem monumentalen linguistischen und literarischen Erfolg, deren meisterhafte Qualität auf jeder der mehr als 800 Seiten des Romans aufrechterhalten wird. Vielleicht ist es kein Zufall, dass das allerletzte Wort dieser glänzenden Übersetzung „Perfektion“ ist.
über vincent kling
Vincent Klingt lehrt Englisch, Deutsch und Französisch an der La Salle University in Philadelphia. Seine Dissertation schrieb er über die frühen Werke von Hugo von Hofmannsthal. Er hat Doderer, Veteranyi, Fritsch, Bahr, und Jonke übersetzt, ebenso wie Heimrad Bäcker, Hofmannsthal, Andreas Pittler, Engelbert Pfeiffer, und Werner Kofler. Für seine Übersetzung von Veteranyis Roman Warum das Kind in der Polenta kocht wurde ihm 2013 der Schlegel-Tieck Prize verliehen.
Die Jury
Shelley Frisch, Princeton, NJ, Vorsitzende der Jury
Bettina Abarbanell, Potsdam, Germany
Philip Boehm, Houston, TX
John Hargraves, New York, NY
Susan Harris, Chicago, IL