Kebab Connection
Komödie der Kultur
Mein erster Döner Kebab? Marburg, ein kleiner Imbissladen. Fleisch und Fladenbrot, und doch ganz und gar perfekt. Kebab Connection erinnerte mich an diesen ersten Bissen, an meine Zeit in Deutschland, all die Döner Kebabs. Und ganz plötzlich fühlte ich eine Verbindung.
Von Michael Tager
Zufällig war ich im Jahr 2005 in Deutschland, also ungefähr zu der Zeit, als Kebab Connection erschien. Im gleichen Jahr traten neue Gesetze zur Förderung von Zuwanderungskontrollen (Zuwanderungsgesetz) in Kraft. In diesem Film gibt es nur sehr wenige Sprechrollen für ethnische Deutsche; die meisten Figuren sind junge, eingebürgerte Türken und Griechen. Das ist sicher kein Zufall – eher ist es Schicksal.
(Wobei zu beachten ist, dass Kebabs in Wirklichkeit sehr wenig mit dem Kern des Films zu tun haben. Tatsächlich ist der Titel nur eine Referenz auf den 1971 erschienenen Film The French Connection. Dies scheint auf den ersten Blick irreführend, und doch war es eine kluge Entscheidung der Filmemacher, dass sich alles um diesen einen Kebabladen, diese eine Familie und diesen einen Kulturkonflikt dreht. Und eine noch klügere, eine ganz besondere „Seelennahrung“ – den Kebab – ins Zentrum zu stellen und damit eine Verbindung herzustellen. Dadurch wird der Einsatz, so niedrig er auch sein mag, ein persönlicher.)
Einen guten Film zu machen, ist schwer, und noch schwerer ist es, eine gute Komödie zu machen, besonders eine, die kulturelle und sprachliche Barrieren überwinden soll. Was lustig ist, lässt sich nicht immer übersetzen. Die Voraussetzungen für eine gute Komödie: lebendige Charaktere, eine ungewöhnliche Situation, clevere Dialoge, ein Konflikt, Empathie, Aktualität des Themas, sie sind hier alle vorhanden.
Kebab Connection erzählt die Geschichte von Ibo, einem ehrgeizigen, egoistischen und unvernünftigen jungen Deutschtürken. „Ich will den ersten deutschen Kung-Fu-Film drehen“, sagt er zu einem irritierten Produzenten, und das Sekunden, bevor er einen Fernseher kaputt tritt. Seine deutsche Freundin Titzi ist nur jung und ehrgeizig, unvernünftig ist sie einzig und allein, wenn es um Ibo geht. Beide haben Talent (der eine als Filmemacher, die andere als Schauspielerin), aber ihre Träume kollidieren miteinander. Ihre Familien ebenso: Ibos Vater steht der Beziehung kritisch gegenüber, „Du kannst mit einem deutschen Mädchen ausgehen...aber du darfst sie auf gar keinen Fall schwängern!“
Kebab Connection ist sich bewusst, dass der Plot alle Merkmale einer Tragödie aufweist, und nimmt sich clever selbst aufs Korn: In einem Handlungsstrang lernen Titzi und ihr Mitbewohner für die Schauspielschule, indem sie Romeo und Julia einstudieren. Junge Liebende, eine missbilligende Familie, die Parallelen sind offensichtlich, aber anders als Romeo und Julia sind die unvermeidlichen Missverständnisse und verpassten Gelegenheiten bei Kebab Connection für einen Lacher gut.
Alles beginnt mit einem überkandidelten Werbespot für den Kebabladen von Ibos Onkel (der möglicherweise auch den Höhepunkt des Films darstellt). Dieser Werbespot-im-Film (inklusive köstlicher “Wuxia” und übertriebenem Schauspiel) bringt eine Reihe von Zwischenfällen und Beinahe-Zwischenfällen in Gang. Ibos Karriere läuft stoßweise an, seine Romanze zündet fehl und geht in Flammen auf. Seine Freunde lieben und bewundern ihn. Sein Vater enterbt ihn, freundet sich mit Titzi an. Irgendwie umkreist auch noch ein Gangstertrio die Handlung, ohne jemals wirklich einzusteigen. Es ist viel los in diesem Film.
Falls der Plot bekannt und auch etwas überfüllt klingt (ein bisschen wie ein Döner!), dann liegt das daran, dass dem so ist. Kebab Connection muss nicht einzigartig sein (obwohl der Film schön stilisiert ist), oder immer Sinn machen, da sich die Figuren und Szenarios echt anfühlen, verankert in übertriebenen und doch glaubwürdigen Situationen eines Zusammenstoßes von Kulturen und Familien, der Gegenwart und der Zukunft, Träumen und der Realität.
Einwanderung ist ein kontrovers diskutiertes Thema, sowohl in den USA als auch in Deutschland — und im Rest der Welt. Ein Film wie Kebab Connection scheint zu leicht und luftig zu sein, zu sehr an das Gute im Menschen glaubend, um in einer solchen Zeit eine Rolle zu spielen. Aber aus genau diesem Grund ist der Film wichtig. Im Jahr 2005 war die Erfahrungswelt von Einwanderern so bedeutend, dass der Film gemacht wurde. Heute ist das Thema immer noch von Bedeutunng, es war bereits vor 50 Jahren von Bedeutung. Wahrscheinlich wird es noch in 50 Jahren von Bedeutung sein. Indem dieses gewichtige Thema in zwischenmenschlichen Zielen und Problemen — einer Schwangerschaft, Kunst — verankert wird, gelingt es dem Film, sogar noch darüber hinaus zu reichen.
autor
Michael B. Tager ist Autor und Lektor und lebt in Baltimore, Maryland, USA. Er studierte Kreatives Schreiben und Psychologie mit Film und Theater im Nebenfach. Er schreibt Musik-, Literatur-, Film-, und TV-Rezensionen. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Medien publiziert. Mehr unter michaelbtager.com.